Der Blutengel
pikiert. »Gut, ich kann Sie nicht halten, aber ich verspreche Ihnen, dass es für Sie nicht das Beste ist, Mr. Mitchell. Außerdem werden Sie noch unterschreiben müssen, dass Sie die Klinik auf eigenem Wunsch verlassen wollen.«
»Den Lappen unterschreibe ich Ihnen gern.«
An dieses Gespräch musste Mitchell denken, als er vor dem Krankenhaus stand und auf sein Taxi wartete. Er wollte sich zuerst zu seiner Wohnung fahren lassen und sich anschließend um seinen Wagen kümmern, der sicherlich abgeschleppt worden war. Da würde die Polizei Bescheid wissen, wo er ihn abholen konnte. Vielleicht war er noch fahrtüchtig.
Das Taxi erschien recht schnell, und Mitchell war froh, endlich einsteigen zu können. Etwas ermattet ließ er sich in den Fond fallen, nachdem er die Adresse angegeben hatte.
Als er die Augen schloss, spürte er schon das leichte Unwohlsein, das ihn überkommen hatte. Er saß zwar noch auf dem Sitz, aber er fühlte sich anders. Ihm war so leicht, so schwebend zumute, und er musste die Probleme mit dem Kreislauf zugeben.
Trotzdem kam es ihm nicht in den Sinn, den Fahrer wenden zu lassen, um zum Krankenhaus zurückzufahren. Er wollte das durchziehen, und er sah sich als so stark an, die Dinge allein bewältigen zu können. Zudem musste er an seine Zukunft denken, die er mit seinem Job verband, der verdammt unsicher war.
Das Schließen der Augen war auch nichts. Er öffnete sie lieber, aber besser ging es ihm nicht. Manchmal kam er sich vor, als würde er neben sich selbst sitzen.
Natürlich dachte er darüber nach, was mit ihm passiert war. Es gab keine Lösung für ihn. Er musste davon ausgehen, dass man ihn angegriffen hatte, nur wusste er nicht, welche Macht dafür die Verantwortung trug. Er konnte sich nichts vorstellen. Dazu reichte einfach seine Fantasie nicht aus.
Endlich stoppte der Wagen. Dave Mitchell kramte in der Tasche nach Geld, zahlte und stieg aus.
Er wohnte in einem schmalen Haus. Seine Wohnung lag zur Straße hin, und sie besaß auch einen kleinen Balkon, der in Parterre lag und nicht größer als eine Nische war.
Das lange Fenster gehörte zum Wohnraum. Er war froh darüber, dass es bis zum Boden reichte. So hatte er zumindest das Gefühl, in einer größeren Wohnung zu sein und nicht in dieser Zusammenstellung aus mehreren Kammern.
Um die Haustür zu erreichen, musste er einen schmalen Vorgarten durchqueren. Eine Mieterin aus der ersten Etage sorgte dafür, dass das kleine Stück Land stets in Ordnung gehalten wurde und nicht verwilderte.
Es war für ihn sonst kein Problem, auf die Tür zuzugehen. In diesem Fall sah es anders aus. Als er ging, kam es ihm vor, als würde der Boden unter ihm schwanken. Er wellte sich auf, und auch Dave Mitchell musste dem Rechnung zollen, denn er ging fast wie ein kleines Kind, das erst noch richtig laufen lernen muss.
Er hoffte nur, dass ihn keine Nachbarn sahen und ihn noch auf sein Gehen ansprachen.
Es ging alles glatt. Den Schlüssel hielt er bereits in der Hand, als er die Tür erreichte. Nur fand er das Schloss nicht sofort, was ihn ebenfalls ärgerte.
Nach dem Verlassen des Krankenhauses hatte er sich so viel vorgenommen. Das musste er jetzt zunächst zur Seite stellen. Er war froh, wenn er sich setzen oder legen konnte.
Schweißgebadet erreichte der Mann mit den braunen Haaren den kühlen Hausflur. Die Luft zischte scharf aus dem Lippenspalt. Um in seine Wohnung zu gelangen, musste er sich nach rechts wenden. Auch hier zitterte seine rechte Hand, sodass er das Schloss ebenfalls nicht sofort fand. Dann klappte es doch, und er konnte die Wohnung betreten.
Es war ein leicht schwankendes Gehen. Er spürte auch einen starken Druck im Kopf und nahm im schmalen Flur die Gegenstände nicht mehr so klar wahr wie sonst.
Er dachte zurück an den Rat des Arztes, doch er wehrte sich dagegen. Nein, er wollte nicht wieder zurück in das Krankenhaus. Die Kreislaufschwäche würde Vorbeigehen.
Im Flur hing ein Spiegel an der Wand. Davor blieb er stehen, betrachtete sich und erschrak über sich selbst, als er sein Spiegelbild sah.
So blass hatte er sich selbst noch nie gesehen, und das Erschrecken darüber war groß. Allmählich begriff er, dass es doch nicht so gut mit ihm aussah.
Etwas taumelig betrat er sein Wohnzimmer und ließ sich in seinen Lieblingssessel sinken. Das Möbel war ein Erbstück und für den Raum eigentlich zu groß.
Trotzdem liebte er den Sessel. Er war so herrlich bequem. Ein Platz zum Wohlfühlen, und jetzt setzte er
Weitere Kostenlose Bücher