Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Burgmannenhauses wurde so hart aufgestoßen, dass die Schläfer in der Halle von ihren Strohlagern aufgescheucht wurden. Das Gesinde sprang beflissen zur Seite. Knappen und Ritter des Herzogs erstarrten beim Anblick des Kaisers, mitten im Griff nach ihren Waffen. Ein knapper Befehl ließ einen Teil der Begleitung in der Halle zurück, während der Rest mit ihnen auf eine Tür zuhielt, vor der bereits zwei Wächter mit gekreuzten Lanzen standen. Ihre Waffenhemden zeigten das Wappen des Kaisers.
Die streitenden Stimmen im Gemach verstummten wie abgerissen, als die Tür unerwartet aufschwang. Da er ein gutes Stück größer als der Kaiser und Beatrix war, bot sich Rupert der beste Überblick.
Heinrich der Löwe und Berthold von Zähringen stritten auf das heftigste miteinander. Clementia stand im Hintergrund. Zu ihren Füßen kauerte, als Aliza nicht erkennbar, eine Gestalt im Mönchsgewand, die Kapuze tief in die Stirn gezogen. Neben ihr Hildburg.
»Ich würde Euch einen guten Morgen wünschen, aber Wir vermuten, dies ist kein guter Morgen. Für keinen von uns«, grüßte Barbarossa. Er bedeutete seinen Bewaffneten, die Tür zu schließen und dahinter Aufstellung zu nehmen, damit niemand sie störe.
»Was soll dieser Überfall bedeuten, Vetter Friedrich?« Heinrich der Löwe gab sich empört. »Gedenkst du dich jetzt regelmäßig in unsere Familienstreitigkeiten zu mischen?«
»Ich komme nicht als Vetter, sondern als Kaiser, Heinrich«, stellte Barbarossa richtig. »Deine Familienstreitigkeiten bedrohen die Sicherheit des Reiches, wie du weißt. Und das kann ich nicht dulden.«
»Misst du der Sache nicht eine Wichtigkeit bei, die übertrieben ist, Friedrich?« Hartnäckig blieb der Löwe beim verwandtschaftlichen Tonfall. »Wir beide wissen, dass es um eine Frauenintrige geht. Die Loyalität der Frauen folgt anderen Gesetzen als die der Männer. Das Geschlecht ist schwach und leichtsinnig. Sie finden das Heil nur durch die Kinder, das sagte schon Johannes Chrysostomos vor vielen hundert Jahren.«
»Den Versuch, seine Entscheidungen durch heimtückische List zu beeinflussen, kann der Kaiser nicht ungesühnt lassen«, entgegnete Barbarossa, ohne die plumpen Äußerungen des Löwen zu kommentieren.
Er fasste Berthold von Zähringen ins Auge.
»Wo ist die Beklagte, die Ihr aus dem Kerker entführen ließet, in der Meinung, meine Männer seien einfältig genug, ein solches Manöver nicht zu durchschauen?«
»Das müsst Ihr meine Schwester fragen, Majestät«, entgegnete Berthold. »Sie war es, die eigenmächtig und ohne Rat einzuholen gehandelt hat.«
»In bester Absicht und um Ärger aus der Welt zu schaffen«, riss der Löwe das Wort an sich. »Je eher das Frauenzimmer hinter Klostermauern verschwindet, umso besser. Wem nützt es, das Knäuel aus falschen Verdächtigungen und wilden Vorwürfen zu entwirren? Die Herzogin hat bereits dafür gesorgt, dass sie in Erfurt bei den Benediktinerinnen einen Platz findet. Sie wird sie aus ihrer eigenen Schatulle ausstatten.«
Er wollte Aliza mundtot machen und gleichzeitig die Einkünfte der Herzogin schmälern! Rupert fiel es schwer, hinter dem Berg zu halten.
»Und deshalb habt Ihr das Mädchen vorausschauend in eine Kutte stecken lassen?«, erhob Barbarossa indessen die Stimme und streifte Aliza die Kapuze vom Kopf.
Alizas Anblick verursachte lähmende Stille. Sogar der Kaiser wich erschrocken zurück.
Die Augen geweitet. Zerbissene Lippen. Das Schermesser hatte gerötete Striemen am Kopf hinterlassen, Schorf von Scherwunden verunstaltete den Schädel, bläuliche Würgespuren den Hals.
»So sieht also ein Opfer Eurer besten Absichten aus«, stellte Barbarossa sarkastisch fest.
»Zum Henker, wie würdest du reagieren, Friedrich, wenn du im Schlafgemach deiner Königin einen vorfindest, der sich an ihren Gewändern zu schaffen macht? Ein Mönch macht einen Welfen nicht zum Hahnrei! Sie kann froh sein, dass ich sie nicht erwürgt habe.«
Rupert suchte Clementias Blick. Man sah ihr an, dass auch sie Heinrichs Zorn zu spüren bekommen hatte. Bislang hatte Rupert Heinrich Respekt gezollt, aber nun revidierte er sein Urteil.
»Steht auf, Mädchen.«
Der Kaiser reichte Aliza die Hand. Sie zögerte, tauschte einen Blick mit ihm, nahm seine Hilfe an, gab seine Hand jedoch so schnell wieder frei, dass sie um ihr Gleichgewicht kämpfen musste. Dass sie danach vor dem Kaiser wieder in die Knie fiel, schien jedoch keine Schwäche zu sein, sondern Absicht. Den Kopf demütig
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