Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Ägypter«, machten die Mönche dem Aufruhr ein Ende. »Wenn du und deine Sippe tut, was wir von euch verlangen, dann wird ihr kein Haar gekrümmt. Wenn nicht, werdet ihr sehen.«
In der Nähe des Feuers entstand neuerliche Unruhe. Leena warf sich bittend vor den Mönchen in den Staub. Sie war sich nicht zu schade, um Gnade zu flehen.
»Habt ein Einsehen, Ihr Herren«, flehte sie. »Verschont unsere Tochter. Wir ziehen noch heute weiter. Wir wollen dem Herrn Bischof kein Ungemach bereiten. Keine Tänze mehr, ich schwöre es.«
Es war Sizma, die die Bemühungen ihrer Mutter zum Scheitern brachte, ehe Wolf etwas sagen konnte. Sie nutzte die Ablenkung, um einem der Mönche mit aller Kraft die Zähne in den Unterarm zu schlagen.
Sich aus dem Biss reißend, schlug der Ordensbruder ihr so rüde die Faust ins Gesicht, dass sie auf den Hinterkopf fiel und besinnungslos liegen blieb. Immer noch rasend vor Zorn, sah er sich nach dem nächsten Opfer um und fand es in der Bittstellerin. Mit dem sandalenbewehrten Fuß trat er ihr wütend in die Rippen. Leena hatte seiner Gewalt nichts entgegenzusetzen. Sie stürzte an den Rand des Feuers. Ihre Röcke gerieten in die Flammen. Chaos brach über das Lager herein.
In wildem Durcheinander versuchten die Frauen, die Verletzte zu retten. Gleichzeitig stürzten sich die Männer, mit Messern, Prügeln und Peitschen bewaffnet, in die Schlacht mit Rittern, Mönchen und Kriegsknechten. Auch Rupert musste sich mit dem Schwert verteidigen.
»Sieh zu, dass niemand umkommt«, hörte er Wolf zu seiner Linken rufen. »Der Bischof will kein Blutvergießen.«
Dennoch floss Blut. Waffengeklirr und jähzornige Flüche mischten sich mit dem Weinen der Frauen, dem Brüllen verwundeter Männer. Bis die Ordnung endlich wieder hergestellt war, glich das Ägypterlager einem Schlachtfeld. Keuchend wischte sich Rupert den Schweiß von der Stirn und stieß das Schwert in die Scheide zurück.
Unter den Fahrenden gab es Tote, ein Schwerthieb hatte Tibo gefällt. Auf Seiten der Burgbesatzung floss lediglich Blut aus einigen Stichwunden. Das Wehgeschrei der schrill klagenden Weiber schmerzte Rupert in den Ohren, aber er machte keinen Versuch, es zu unterbinden. Sie hatten alles Recht zu klagen. Wie hatte diese Aktion so jämmerlich außer Kontrolle geraten können?
Sein Blick fiel auf Aliza, die sich sofort um Leena gekümmert hatte. Mit schweren Verbrennungen lag sie stöhnend in ihren Armen. Aliza schien seine Aufmerksamkeit zu spüren, und noch ehe sie den Kopf hob, wusste er, dass sie nicht schweigen würde.
»Was seid ihr für Menschen? Ist das eure Art der christlichen Nächstenliebe? Mord und Totschlag, wo immer ihr euch im Recht glaubt. Was hat euch diese Frau getan?«
Sie sprach zu Rupert, doch er hatte keine Worte, ihr zu antworten. Tränen standen ihr in den Augen.
»Gehen wir«, hörte er Wolf befehlen. »Das Frauenzimmer kommt mit.« Er kochte vor Zorn, obwohl er keine Miene verzog.
Sizma war inzwischen wieder zu sich gekommen. Beim Anblick des toten Vaters jedoch geriet sie erneut außer sich. Hemmungslos in ihrem Schmerz wie in ihrer Wut, warf sie die wilde Mähne aus dem Gesicht, stemmte die bloßen Hacken in die Erde und ließ die Mönche keinen Schritt tun. Ihr Blick glitt suchend über die Gruppe am Feuer und blieb schließlich an Aliza hängen. Rupert sah einen Ruck durch ihren Körper gehen.
»Wenn ihr Tibos Tochter als Geisel nehmen wollt, müsst ihr auch sie gefangen setzen. Sie ist meine Schwester«, schrie sie mit hasserfüllter Stimme.
Aliza ebenfalls eine Tochter des dunkelhäutigen Anführers und seiner schwarzen Gefährtin?
Haut, Haar, Augen – alles sprach dagegen. Die Behauptung war absurd. Was wollte die Schwarzhaarige damit erreichen? Aliza jetzt von der Seite der Verletzten zu reißen, nur weil diese Verrückte ihr schaden wollte, wäre der Gipfel der Herzlosigkeit, davon musste er Wolf überzeugen.
Wolf hingegen zuckte lediglich mit den Schultern. »Wir klären das in der Burg. Nehmt auch sie mit. Rupert, binde den Frauenzimmern die Hände auf den Rücken. Es herrscht wohl wenig Liebe zwischen den beiden Schwestern. Sie werden aufeinander aufpassen, das erspart uns die Arbeit.«
»Bist du sicher, dass sie überhaupt Schwestern sind?«
»Warum sollte sie lügen? Mach zu.«
Es kam selten vor, dass Wolf so schroff den Ranghöheren herauskehrte. Rupert konnte sich ihm nicht widersetzen. Da sich beide Ägypterinnen stumm und verbissen gegen die Fesseln wehrten,
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