Der Blutfluch: Roman (German Edition)
unter ihnen eine heißblütige Tänzerin. Wolf hat im Scherz eine schwarze Hexe erwähnt, von der er sich vorstellen könnte, dass sie sogar einen Heiligen in Versuchung führen würde.«
»Im Nachhinein finde ich diesen Einfall abgeschmackt, obwohl es mein eigener war«, sträubte sich Rupert. Bedächtig suchte er nach Argumenten, die Berthold umstimmen konnten. »Ich war nicht nüchtern, als ich den Vorschlag gemacht habe. Es ist riskant, sich auf die Mitwirkung von Frauen zu verlassen. Die meisten von ihnen machen nur Ärger und bringen alles durcheinander.«
»Meine Güte, diesen Umschwung habe ich Clementia zu verdanken, oder? Du hast schon immer zu viel auf sie gegeben.«
»Ach was. Überleg doch: Keiner von uns kennt Beatrix gut genug, um ihre Reaktion auf ein solches Intrigenspiel einschätzen zu können. Vielleicht machen wir sie für immer zu unserer Feindin.«
Berthold wollte nichts davon hören.
»Na und? Ist Barbarossa erst entmachtet, ist auch sie unwichtig. Du machst dir zu viele Gedanken, Rupert. Sowohl über Clementia wie über Beatrix. Frauen ihrer Herkunft haben keine Ahnung von Politik. Sie wurden dazu erzogen, konvenable Ehen einzugehen, um den Einfluss ihrer Familien zu vergrößern. Ansonsten sind sie die hilflose Beute ihrer wirren Gefühle.«
»Und wie stellst du dir das Ganze vor? Du kannst doch nicht einfach ein Frauenzimmer aufgreifen und für deine Zwecke einspannen. Wir befinden uns nicht im Krieg, Berthold. Donaustauf ist Eigentum des Bischofs von Regensburg. Er beschäftigt einen tüchtigen Burgvogt. Wenn der von einem solchen Überfall erfährt …«
»Schon gut, schon gut. Ich werde die Umstände nutzen, die uns vorgegeben sind, Rupert. Keine Sorge.«
Was Berthold damit gemeint hatte, erfuhr Rupert am nächsten Morgen. Der Befehl kam von seiner Eminenz persönlich, und die beiden Mönche, die ihn überbrachten, verströmten Engstirnigkeit und Unerschütterlichkeit. Sie drängten auf rasche Ausführung der Anordnung.
Begleitet von einem Dutzend Bewaffneter, mussten sich Wolf und Rupert mit ihnen in das Ägypterlager begeben. Offiziell, um dem unzüchtigen Treiben der Weiber dort ein Ende zu machen. Inoffiziell, um eine der Tänzerinnen als Geisel in Haft zu nehmen und damit den Gehorsam des übrigen Stammes zu erzwingen.
Bis an die Zähne gerüstet, die Mienen grimmig, der Schritt zielgerichtet, erregte der Trupp Aufmerksamkeit, sobald er die Vorburg hinter sich ließ. Neugierige folgten ihm, aber ihr Abstand wurde vom Respekt bestimmt.
Rupert hätte am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht. Alles in ihm sträubte sich dagegen, einen Befehl zu befolgen, der auf reiner Willkür beruhte. Musste der Gehorsam, den er seinem Lehnsherrn geschworen hatte, wirklich so weit gehen? War Aliza schlau genug, sich in einem der Wagen zu verbergen? Wenn nicht, trug sie hoffentlich dieses hässliche Tuch, um ihre Haare zu verbergen.
Wen immer sie mit auf die Burg nahmen, ginge es nach ihm, würde sie es nicht sein. Allerdings war es Wolf, der sie anführte und die Befehlsgewalt besaß. Seinen Weisungen musste auch er folgen. Berthold kannte ihn zu gut, um ihm freie Hand zu lassen. Seit Clementias Ankunft wuchs das Misstrauen zwischen ihnen.
Im Tageslicht war das Lager der Fahrenden in seiner Ärmlichkeit bedrückend. Das Feuer unter dem Suppenkessel rauchte und glomm mehr, als es flammte. Kinder, Tiere und Menschen sahen schmutzig, mager und hungrig aus. Ob die Wagen und Karren den nächsten Winter überstehen würden, wagte Rupert nicht vorherzusagen. Die Planen waren fadenscheinig, die Räder schief, die Farben verblasst. Trotzdem klangen Geschrei und Gelächter, Ziegengemecker und das Hämmern eines Kupferschmieds nach Lebensfreude und Sorglosigkeit.
Erst der gleichmäßige Tritt der Burg-Abordnung brachte die Geräusche nach und nach zum Verstummen. Die Fahrenden erspürten die Gefahr. Wortlos richteten sie sich auf, sammelten sich vor dem Kochfeuer zu einer geschlossenen Gruppe. Die Frauen hinter den Männern, die Männer hinter ihrem Anführer, der mit unbewegter Miene dem Kommenden entgegensah.
»Es ist Beschwerde vor seiner Eminenz dem Herrn Bischof ergangen«, schnarrte Wolf den Befehl herunter, als er sich der allgemeinen Aufmerksamkeit sicher sein konnte. »Eure Weiber führen aufrechte Männer mit ihren Tänzen in die Sünde. Sie stellen sich unzüchtig zur Schau und verleiten sie. Solchem Tun wird auf der Stelle Einhalt geboten.«
Die Brauen zusammengezogen, die Lider
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