Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Deinen Ratschlag wird er nicht einfach abtun.«
Rupert sah einen Schatten über Clementias Züge huschen. Bertholds Art riss Wunden bei ihr auf. Ihre Antwort klang entsprechend schroff.
»Der Kaiser würde nichts auf solche Ratschläge geben, Berthold. Er würde mich höflich anhören, weil er allen Menschen grundsätzlich unvoreingenommen gegenübertritt. Sein Handeln ist jedoch allein von seinen politischen Erwägungen gesteuert. Machtstreben und Ehrgeiz bestimmen es. Emotionen, gleich welcher Art, haben da keinen Platz. Seine Pläne kannst du nicht durchkreuzen, indem du seine Schlafkammer ausspionierst oder die Geheimnisse seiner Frau an die große Glocke hängst.«
Rupert beeindruckte Clementias sachliche Einschätzung.
Berthold nahm nur den Widerspruch wahr und brauste unverzüglich auf. »Was soll das heißen? Weigerst du dich, meiner Sache dienlich zu sein?«
»Beweist dir meine Anwesenheit nicht das Gegenteil? Solange der Reichstag dauert und wir in Regensburg Hof halten, will ich auch weiterhin für Zähringen tun, was mir möglich ist. Aber lass dir gesagt sein, dass es verschwendete Zeit ist, Beatrix zu bespitzeln. Die Königin führt auch als Ehefrau das Leben einer Nonne. Sie verbringt die meiste Zeit des Tages damit, zu beten, zu sticken oder Psalter zu lesen. Der Kaiser hat sie ohne Zögern in Donaustauf zurückgelassen und sich nach Regensburg begeben. Der Reichstag und die Angelegenheiten des Herzogtums Bayern sind ihm wichtiger.«
»Dann ist dies geradezu der ideale Zeitpunkt, Barbarossa eine Kurtisane ins Bett zu legen, die in unseren Diensten steht. Kein Mann ist auf Dauer gerne allein.« Berthold sah beifallheischend um sich. Er suchte Bestätigung bei Rupert, weil Clementias Stirn und Wangen sich vor Empörung röteten.
»Hast du den Verstand verloren, Berthold? Warum willst du dem persönlichen Unglück der Königin noch die öffentliche Demütigung durch eine Geliebte hinzufügen? Warum willst du sie mit Schmutz bewerfen?«
»Benütze deinen Kopf zum Denken, Clementia. Wie auch immer Beatrix darauf reagieren wird, wenn Barbarossa herumhurt, es dient unseren Zielen. Eine beleidigte Königin verbündet sich leichter mit den Feinden ihres Mannes. Eine gekränkte versperrt ihm ihre Tür und tut dasselbe. Gut ist natürlich, wenn ihr in diesen Zeiten eine mütterliche Gefährtin zur Seite steht, die sie tröstet. Jemand wie die Herzogin von Sachsen.«
Die Miene erstarrt, das Gesicht bleich, die Fäuste geballt, stand Clementia vor ihrem Bruder.
Die Erkenntnis, dass es wohl auch der Herzog von Sachsen mit der ehelichen Treue nicht sehr genau nahm, drängte sich Rupert förmlich auf. Immer deutlicher erkannte er, dass Clementia Meisterin darin geworden war, ihre Gefühle hinter einer stolzen Fassade zu verbergen. Zweifellos fühlte sie sich der Kaiserin verbunden. Dank seiner beiden Schwestern war ihm die Logik weiblicher Solidarität nicht fremd. Gegen Männer hielten sie zusammen, auch wenn sie einander sonst vielleicht spinnefeind sein mochten.
»Erspar mir Einzelheiten«, sagte Clementia. »Ich stehe zu meiner Verpflichtung für Zähringen. Aber deine primitiven Ränkespiele sind abstoßend. Ich gehe jetzt. Bedient euch ruhig dieser Kammer, um Pläne zu schmieden. Wie es aussieht, werde ich so schnell nicht wiederkommen.«
Würdevoll schritt sie zur Tür, warf jedoch die Pforte so nachdrücklich hinter sich ins Schloss, dass Berthold die Stirn runzelte.
»So scharfzüngig hatte ich sie nicht in Erinnerung.«
»Sie ist die Herzogin von Sachsen und Bayern, nicht länger das Kind, das du nach Herzenslust ärgern kannst.«
»Ich mache ihr nicht die Titel streitig«, knurrte Berthold und wiegelte ein wenig ab. »Auch ich wünschte, ich müsste mich nicht mit Barbarossa anlegen, um mir meinen Titel zurückzuholen. Er ist ein beherzter Mann. Wenn ich nur daran denke, wie er in jungen Jahren die uneinnehmbare Burg von Zürich erobert und meinen Vater dazu genötigt hat, König Konrad um Frieden zu bitten. Ihm ist gelungen, was mir nie vergönnt war: Konrad den eigenen Willen aufzuzwingen.«
Rupert wusste, dass Berthold Barbarossa, zu seiner Zeit als junger Herzog von Schwaben, bewundert hatte. Ausgerechnet von ihm ausmanövriert und hintergangen worden zu sein, beendete so auch schnell den kurzen Anflug von Sentimentalität bei Berthold.
»Sind unter dem Gesindel, das vom Lager des Kaisers angezogen wird, nicht auch Fahrende, Rupert? Nimm sie in Augenschein. Möglicherweise gibt es
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