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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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zwei neuen Herzogtümern zusammenzufügen. Österreich sollte aus dem bayrischen Hoheitsverband herausgelöst und zu einem selbständigen, reichsunmittelbaren Territorial-Herzogtum gemacht werden. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass die Stellung Jasomirgotts und seiner Frau, Theodora, nicht nur erhalten blieb, sondern zusätzlich gefestigt wurde.
    Beatrix fand sich schnell in den Text ein und übersetzte ihn flüssig: »Um durch dieses Geschehen Ehre und Ruhm unseres hochverehrten Oheims in keiner Weise gemindert erscheinen zu lassen, haben wir auf Ratschlag und Beschluss der Fürsten die Markgrafschaft Österreich in ein Herzogtum verwandelt und dieses Herzogtum mit allem Recht unserem genannten Oheim Heinrich Jasomirgott und seiner hochedlen Frau Theodora zu Lehen gegeben.«
    Sie sah auf und fand Friedrich aufmerksam. Um seine Konzentration nicht zu unterbrechen, las sie nach einem Räuspern weiter. »Ferner haben wir durch immerwährendes Gesetz angeordnet, dass sie selbst und ihre Kinder nach ihnen, Söhne und Töchter ohne Unterschied, das eben genannte Herzogtum Österreich nach Erbrecht des Reiches innehaben und besitzen sollen. Wenn aber der genannte Herzog von Österreich, unser Onkel, sowie seine Frau kinderlos sterben sollten, dann sollen sie die Freiheit haben, ebendieses Herzogtum, wem auch immer sie wollen, zu übertragen.«
    Die Konzessionen, die Friedrich mit dieser Urkunde machte, erstaunten Beatrix so sehr, dass sie erneut innehielt. Dieses Mal trafen sich ihre Blicke, und der Mund des Kaisers verzog sich unter dem rötlichen Bart.
    »Ich sage nicht, dass es mir gefällt, aber es war die einzige Möglichkeit, diese leidige Geschichte zu einem guten Ende zu bringen. Jasomirgott besitzt auch das Gerichtsrecht in diesem neuen Herzogtum. Seine Pflicht, bei Hofe zu erscheinen oder an Heerfahrten teilzunehmen, ist ebenfalls in seinem Sinne beschränkt worden.«
    Der Rest der Urkunde bestätigte diese Aussage in umständlichen Formulierungen. In der eintretenden Stille verschränkte Friedrich die Finger und streckte die Arme von sich. Trotz des Windes, der um das Zelt brauste, vernahm sie das leise Knacken der Fingerglieder.
    »Mit dem Austausch von Fahnen wird morgen vor aller Augen symbolisiert, dass Jasomirgott Bayern offiziell an mich zurückgibt. Nur unter dieser Vorbedingung kann ich den Löwen tatsächlich damit belehnen. Es ist ein kompliziertes Hin und Her. Ich erhalte von meinem Oheim die sieben Lehnsfahnen Bayerns und gebe sie an meinen Vetter den Löwen weiter. Der Löwe reicht mir dann die Fahnen, die für Österreich und drei benachbarte Grafschaften stehen, wieder zurück. Der Kreis schließt sich, wenn ich diese Fahnen Jasomirgott am Ende aushändige. Sie sind das Zeichen dafür, dass ich ihm und Theodora das neue Herzogtum zum Lehen übertrage.«
    »Das Schauspiel muss sein, damit der Interessenausgleich aller Welt kundgetan und der Rechtsordnung Genüge getan wird«, nickte Beatrix.
    »So ist es. Als man mir die Krone übertrug, habe ich geschworen, mein Bestes zu tun, um allen christlichen Gläubigen Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und deren frommen Willen und gutes Verhalten durch meine königliche Autorität zu festigen.«
    Beatrix kannte den Schwur, den Friedrich mit diesen Worten 1152 bei seiner Krönung in Aachen geleistet hatte. Sie bewunderte das Pflichtbewusstsein, mit dem er den Eid umsetzte. »Es muss dich viel Kraft, Geduld und Zeit gekostet haben, die fürstlichen Dickköpfe zu einer Einigung zu bringen.«
    »Ich kenne sie beide recht gut und weiß sie zu nehmen. Wer mir immer wieder unerwartete Überraschungen bereitet, das bist du. Kein Kanzlist oder Klosterbruder hätte mir diesen Text flüssiger und eleganter übersetzen können. Ich kann meine Bewunderung für so viel Gelehrsamkeit nicht verhehlen.«
    »Sie steht dir jederzeit zur Verfügung.«
    »Es wäre sehr ungehörig, würde ich meine Frau als Schreiberin anstellen und sie meine Urkunden übersetzen lassen.«
    »Ich würde dir gerne zur Seite zu stehen.«
    Der gewünschte Ministeriale des Kaisers war eingetroffen. Friedrich wandte sich auf der Stelle zum Gehen.
    »Ruh dich aus, Beatrix. Uns steht ein anstrengender Tag voller Festlichkeiten bevor. Wir sehen uns morgen.«
    »Aber …« Beatrix suchte nach Worten. »Wo willst du die Nacht verbringen?«
    Sie spürte einen Kuss auf der Stirn, so väterlich und keusch, dass sie der Wunsch ankam, Friedrich zu packen und zornig zu schütteln.
    »Es

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