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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Eifersüchteleien und Sticheleien der Schwester erschienen ihr jetzt unter einem ganz anderen Licht.
    Nichts tun zu können bildete die schlimmste Folter ihrer Gefangenschaft. Warten und denken war alles, was ihr blieb. Sobald sie auch nur einen Schritt in die Nähe aus Zeltausganges tat, vertraten ihr Wachen den Weg. Ritter Rupert war an diesem Abend nicht unter ihnen. Er drang immer wieder in ihre Gedanken, egal wie oft sie ihn daraus vertrieb. Sie zwang sich zum Aufstehen. Beine und Arme waren in Stunden verkrampfter Haltung nahezu gefühllos geworden. Sie taumelte.
    Männerlachen und Stimmen kamen näher.
    Wer hier vorbeikam, war allenfalls auf der Suche nach seinem Schlafplatz oder nach Gefährten, mit denen er die Nacht zum Tag machen konnte.
    »Was soll das heißen? Kein Schlummertrunk? Seit wann knauserst du mit dem Wein, Berthold?«
    Die Stimme klang ungewohnt nahe. Der Sprecher musste direkt unter dem Vordach stehen. Kein Wort des Wächters warnte Aliza vor Besuchern, dennoch fragte sie sich, was das zu bedeuten hatte.
    »Kann es sein, dass du von einer ungeduldigen Buhle erwartet wirst?«, tönte es draußen. »Dass du uns die Gastfreundschaft verweigerst, kommt nicht in Frage.«
    Der Zelteingang wurde zurückgeschlagen. Aliza blinzelte geblendet in das Licht einer Fackel.
    Sie schützte die Augen mit dem Handrücken. Der Fackelschein weckte Kupferlichter in ihrem Haar und tanzte über ihren Körper. Für den Fall, dass der Ruf erging, sie solle vor dem Kaiser tanzen, hatte Hildburg ihr ein Kleid nähen lassen, wie es die Fahrenden auf den Jahrmärkten trugen. Von Schleierstoffen und glitzerndem Flitter umweht, wurde die Aufmerksamkeit auf das Mieder gelenkt, das ihre Brüste nur knapp bedeckte.
    »Beneidenswerter Berthold. Willst du uns die Schöne nicht vorstellen?«
    Es war die Stimme, die den Schlummertrunk gefordert hatte. Blinzelnd suchte Aliza den Sprecher unter dem halben Dutzend Männer zu entdecken, die sich ins Zelt drängten. Nur Berthold erkannte sie, alle anderen waren ihr fremd. An dem Ritter mit der Fackel blieb ihr Blick hängen. Er war reicher gekleidet als Berthold.
    Die Kerzen wurden entzündet und die Ampel mit dem Öllicht in der Mitte des Zeltes plaziert. Aliza griff nach ihrem Schultertuch, das über einer Stuhllehne hing. Züchtig bedeckt, wappnete sie sich für die Auseinandersetzung, die sie auf sich zukommen sah.
    »Du wolltest das Goldstück also vor uns verstecken. Das ist kein freundlicher Zug von dir, lieber Schwager. Ich muss mich wundern.«
    Wenn er Berthold Schwager nannte, musste dies Heinrich der Löwe sein, war Aliza sofort klar.
    Er ließ sie keinen Lidschlag lang aus den Augen.
    Eine Kämpfernatur, ein Mann, der sich nimmt, was er haben will,
begriff sie ebenso schnell.
    In seinem Rücken erklärte Berthold eifrig: »Beim nächsten Festmahl sollen Gaukler auftreten. Artisten, Tierbändiger, Feuerschlucker und Tänzerinnen. Sie ist eine davon. Ich wollte sie …«
    Das Lachen Heinrichs klang humorlos, brutal.
    Sogar seine Frau fürchtete ihn, wenn Aliza Hildburgs Erzählungen Glauben schenken durfte. Bevor sie sich Gedanken darüber machen konnte, ging das Gespräch weiter.
    »Gib auf, du hast keine Chance, mein Lieber«, erklärte der Löwe. »Deine Schöne kommt mit mir. Da ist etwas in ihrem Blick, das mich neugierig macht. Stille Wasser gründen tief. Sie ist nicht so ruhig und gehorsam, wie sie sich gibt. Sie wird kämpfen, wenn man ihr zu nahe kommt. Das liebe ich. Dir würde sie nur auf der Nase herumtanzen.«
    Grobe Scherze flogen hin und her. Berthold erhob entrüstet Einspruch. Deutlich nur wegen der Unterstellung, er sei Aliza nicht gewachsen.
    Der Löwe blieb erwartungsgemäß Sieger. Aliza wurde gepackt und in die Nacht hinausgeschleppt. Die meisten Feuer waren zur Glut heruntergebrannt. Ferner Gesang und ausgelassenes Frauenkreischen verrieten, dass irgendwo trotzdem noch gefeiert wurde. Auf Hilfe war von niemandem zu hoffen.
    Aliza konnte kaum Schritt halten. Heinrich zerrte ihr fast den Arm aus dem Gelenk. Ohne Fackel fand er seinen Weg mit der Sicherheit eines Nachtvogels. Sie hingegen sah im Dunkel überhaupt nicht, wohin sie trat. Die Flüche der beiden Männer, die sie begleiteten, verrieten, dass auch sie ihre Probleme mit den Schlammlöchern und Unebenheiten der Lagerwege hatten.
    Plötzlich rannte Aliza mit voller Wucht gegen die Befestigung eines Vordaches, prallte mit der Stirn gegen einen Pfosten und fiel. Einen Moment musste sie keuchend auf

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