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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht eines zynischen Schniefers enthalten.
    »Wieso übernatürlicher Racheakt?«, fragte Eadulf.
    Bruder Corbach zuckte mit den Schultern. »Ich kann nur wiederholen, was die Durchreisenden gesagt haben. Man fragt sich, wie der heilige Mann auf so eine Art und Weise umgebracht werden konnte. Der Täter muss doch durch die Steinwände gedrungen sein, als wären sie gar nicht vorhanden.«
    »Wenn jemand in einem Raum ermordet wird, selbst wenn der angeblich verschlossen ist, dringt der Täter für gewöhnlich durch die Tür oder das Fenster ein«, erwiderte Fidelma unerschütterlich. »Ich habe noch nie erlebt, dass ein Mord von einem Gespenst oder irgendeinem anderen Geist verübt wurde.«
    Der Herbergsvater machte ein niedergeschlagenes Gesicht.
    »Das stimmt schon, Lady. Ich gebe ja auch nur das wieder, was Reisende gesagt haben.«
    Man wechselte zu einem anderen Thema, sprach über den Zustand der Straße, die durch die Berge führte. Jeder Wegabschnitt war laut Gesetz vom jeweiligen Gebietsherrscher oder einem Adligen in Ordnung zu halten. Bald darauf überzeugten sich die drei selbst von dem Straßenzustand. Über den Pass des Cnoc Mhaol Domhnaigh war die Straße im Grunde genommen nicht mehr als ein guterhaltener Pfad. Er führte durch eine kleine Schlucht, westlich von ihnen lag der eigentliche Bergrücken und östlich von ihnen ein anderer Gipfel namens Cnoc na gCnámh, was Eadulf im Stillen als Knochengipfel übersetzte. An den südlichen Hängen führte der Pfad wieder abwärts, schlängelte sich durch ein bewaldetes Tal, das Caoimh hieß, was so viel wie »sanft« oder »ruhig« bedeutete, ein Name, der auf den Clan, der dort lebte, zurückging. Es war ein steiler Abstieg, zu ihrerRechten ein reißender Fluss, den sie überqueren mussten, ehe er sich mit einem größeren Fluss verband, der von links herabströmte. Fidelma konnte dem wissbegierigen Eadulf erklären, dass es sich um den Fluss der rauen Täler handelte. Jetzt hatten sie nach Süden den Blick frei auf das breite Band des An Abhainn Mór, des Großen Flusses, und dahinter erstreckte sich ein Gebäudekomplex, der von Holzmauern umgeben war.
    »Lios Mór«, stellte Fidelma befriedigt fest. »Wir erreichen die Abtei mühelos vor Einbruch der Dunkelheit.«
    »Es ist einige Zeit her, dass ich das letzte Mal in Lios Mór war. Es scheint sich da eine Menge verändert zu haben«, äußerte Gormán mit nachdenklichem Gesicht.
    »Verändert?« Fidelma schaute ein zweites Mal auf die Anlage. »Stimmt. Da sind viele neue Gebäude im Entstehen.«
    »Und Bauarbeiter sind im Gange«, bestätigte auch Eadulf bei genauerem Hinsehen. »Neue Gebäude sind immer ein Anzeichen für den Wohlstand einer Abtei.«
    »Der Wohlstand da besteht aber in mehr als nur neuen Gebäuden«, unterstrich Gormán. »Es sieht so aus, als würden sie die alten Holzgebäude gegen welche aus Stein ersetzen. Jemand muss der Abtei eine beachtliche Schenkung gemacht haben.«

KAPITEL 4
    Fidelma und Eadulf saßen entspannt im Gemach von Abt Iarnla vor dem lodernden Feuer. Einer der Mönche, die den Abt meist bedienten, hatte die Gäste mit Met, dem traditionellen Willkommensgruß, bewirtet. Nach den Strapazen der Reise tat ihnen die Erfrischung gut. Der Mönch zog sich zurück, und sie blieben mit dem Abt und dem sauertöpfisch dreinblickenden Verwalter allein. Der Abt neigte sich in seinem Armsessel etwas mehr zur Feuerstelle hin, während sein
rechtaire
, Bruder Lugna, ihm kerzengerade gegenübersaß. Einen gelösten Eindruck machte er nicht. Dabei war er es gewesen, der Fidelma und Eadulf an den Toren zur Abtei begrüßt hatte, etwas steif und förmlich zwar, aber immerhin, und sie zum Gemach des Abts geleitet hatte. Gormán war draußen beim
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geblieben, dem Mönch, der für die Stallungen zuständig war; er wollte bei der Versorgung der Pferde dabei sein und sichergehen, dass sie genügend Futter bekamen.
    »Es ist etliche Zeit vergangen, seit ich in Lios Mór war«, eröffnete Fidelma das Gespräch, »und wie ich sehe, ist es um das Wohlergehen der Abtei nicht schlecht bestellt.«
    »Woran willst du das messen?«, fragte der Abt.
    »An dem regen Baugeschehen, zum Beispiel.«
    »Wir müssen auf der Höhe der Zeit bleiben«, bekräftigteBruder Lugna ihre Feststellung. »Die alten Holzbauten mögen für die Begründer der Abtei vor mehr als drei Jahrzehnten gut gewesen sein, aber unsere Gemeinschaft ist größer geworden, und wir müssen Gebäude errichten, die die Jahre

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