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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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eigen nennen würde. Seitlich am Gürtel hing ein Köcher mit Pfeilen, und der Bogen lag dort, wo er ihm aus der Hand geglitten war, als ihn der tödliche Hieb von Gormán traf. Fidelma hob ihn auf und begutachtete ihn sorgfältig. Er waraus Eibenholz, eindeutig eine Kriegswaffe, kein Bogen, wie man ihn für die Jagd benutzte. Mit hochgezogenen Augenbrauen und einer stummen Frage im Gesicht reichte sie ihn Gormán.
    »Ein meisterliches Stück für das Kriegshandwerk«, murmelte er, nachdem er den Bogen gründlich betrachtet hatte. »Vorzüglich gespannt.« Er überprüfte den Zug. »Das braucht schon einen guten Bogenschützen, um damit umzugehen. Spannung und Griff sind ausgezeichnet.«
    Fidelma kniete neben dem Leichnam nieder. »Er hat keinerlei Kennzeichen an der Kleidung, das ist ungewöhnlich. Keine Verzierung. Aber hier, was hältst du davon, Eadulf?«
    Die Haut am Nacken wies eine andere Färbung auf, sie hätte von einer Druckstelle oder früheren Abschürfung herrühren können. Eadulf dachte unwillkürlich an Gepflogenheiten, wie er sie von seinen Leuten her kannte.
    »Könnte es der Abdruck eines Sklavenkragens sein? Bei uns wurde den Sklaven oft ein Kragen aus Eisen umgelegt, um sie als solche zu kennzeichnen.«
    Fidelma war allein die Vorstellung davon abscheulich, und sie verbarg das nicht. Sie wandte sich an Gormán. »Was meinst du?«
    Nachdenklich schürzte der junge Krieger die Lippen.
    »So unrecht hat Bruder Eadulf nicht. Ich habe in den Seehäfen oft angelsächsische Sklaven gesehen, die solche Eisenkragen trugen. Nur glaube ich nicht, dass der Mann hier ein Angelsachse ist. Bei den Waffen, mit denen er ausgerüstet ist, und selbst wenn seine Kleidung nichts weiter hergibt … Ich könnte mir vorstellen, dass es eher von einem Halsreif stammt.« Instinktiv ging seine Hand an den goldenen Reif, den er um den Hals trug und der ihn als einen der Elitekrieger der Nasc Niadh auswies.
    »Du meinst, er war ein Krieger von Rang?«, fragte Eadulf erstaunt.
    »Der Gedanke, dass es sich bei ihm um einen Krieger von Berufs wegen handelt, lässt mich nicht los«, erklärte Fidelma düster.
    »Aber er ist keiner von den Nasc Niadh, Lady«, betonte Gormán. »Wir sind nicht die Einzigen, die unsere Elitekrieger mit dem Goldenen Halsreif ehren. Es ist eine alte Sitte, schon bei den Stämmen in Gallien und auch bei den Bretonen war das so.«
    »Wollt ihr damit sagen, der Mensch hier sei ein getarnter Elitekrieger gewesen?«, wiederholte Eadulf seine Frage. »Das leuchtet mir nicht ein.«
    Fidelma schüttelte den Kopf.
    »Wir stellen lediglich fest, dass dieser Mann etliche Fragen aufwirft. Weshalb haben er und sein Kumpan hier am Weg gelauert? Waren es Räuber, die auf Durchreisende warteten? Warum wollten sie uns umbringen? Wenn sie uns nur ausrauben wollten und sonst nichts weiter, hätte es doch genügt, uns zu bedrohen.«
    »Wiederum hat der zweite Mann sehr schnell das Weite gesucht. Vielleicht fehlte ihnen der Mut, uns zu bedrohen, und sie dachten, es wäre einfacher, uns erst umzubringen und dann auszurauben«, zog Gormán in Erwägung.
    »Oder hatten sie es speziell auf uns abgesehen?«, überlegte Eadulf laut.
    »Du glaubst, sie hätten ausdrücklich uns aufgelauert? Das ist absurd«, wehrte Fidelma entschieden ab.
    Gormán hingegen krauste nachdenklich die Stirn.
    »Vielleicht auch nicht, Lady. Du und Eadulf, ihr habt euch in den letzten Jahren etliche Feinde gemacht. Das lässt sich nicht leugnen. Wenn man über andere richtet, sticht man oftin ein Wespennest, und im Nu tun sich Andersgesinnte zusammen. Der Mann hier wartete, hinter Bäumen verborgen, mit einem guten Bogen. Zum Glück habe ich gesehen, wie er sich vorwagte und den Bogen spannte, und konnte Bruder Eadulf vom Pferd stoßen, andernfalls hätte ihn sein Pfeil durchbohrt. Er war ungemein schnell, sein zweiter Pfeil war schon auf dich gerichtet, Lady, als ich dir zurief, abzusitzen. Der Schütze war kein Neuling im Umgang mit Pfeil und Bogen.«
    »Mit anderen Worten, du glaubst, die Männer waren vorsätzliche Mörder, die Eadulf und mich töten wollten?«, fragte Fidelma ruhig.
    »Oder uns alle drei«, entgegnete Gormán. »Auch ich habe mir genug Feinde gemacht. Aber euch beide hatten sie sich als Erste vorgenommen.«
    »Vielleicht wollten sie verhindern, dass wir nach Lios Mór gehen«, erwog Eadulf.
    Fidelma sah Eadulf überrascht an. Die Frage aber, die sie stellte, galt Gormán.
    »Als mein Bruder Colgú dich hieß, uns zu begleiten,

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