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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Fidelma verwundert.
    Abt Iarnla lachte und schüttelte den Kopf.
    »Gott behüte, meine Tochter. Ich war ein junger Mann und konnte unmöglich ein so hohes Amt bekleiden. Abt wurde Cuanan, Mo-Chuadas Onkel mütterlicherseits. Er starb vor zwanzig Jahren. Seitdem bin ich Abt hier.«
    »Dann gibt es also kaum etwas in der Gemeinde, das dir nicht vertraut ist?«, erkundigte sich Fidelma ernst.
    »Ich maße mir an, das mit Stolz zu bejahen.«
    »Vielleicht kannst du mir eine Frage beantworten, die mich die ganze Zeit beschäftigt. Ist es in eurer Gemeinschaft üblich, dass man als Mitglied einen Schlüssel zu seinem
cubiculum
hat und es abschließen kann?«
    Der Abt schüttelte den Kopf. »Üblich ist es nicht, aber es gibt Ausnahmen.«
    »Bruder Donnchad war demnach eine Ausnahme. Welchen Grund gab es dafür?«
    Abt Iarnla antwortete nur zögernd.
    »Nach seiner Rückkehr von der Pilgerfahrt ins HeiligeLand bat er um einen Schlüssel, weil er wohl einige Reliquien mitgebracht hatte, die er in Sicherheit wissen wollte.«
    Nachdenklich zog Fidelma eine Augenbraue hoch.
    »Heißt das, er war in Sorge, unter den Brüdern könnte es Diebe geben?«
    »Das ist eine Beleidigung unserer Gemeinschaft …«, rief Bruder Lugna empört mit geröteten Wangen.
    »Nichts liegt mir ferner als das. Aber welche Erklärung gibt es sonst dafür, dass Bruder Donnchad einen Schlüssel wollte, um seine Zelle abschließen zu können?«
    Bruder Lugna presste die Lippen zusammen. Auch Abt Iarnla schwieg und schien nach einer Antwort zu suchen.
    Fidelma blickte von einem zum anderen und fragte leise, aber eindringlich: »Wie soll ich ermitteln, wenn man mir Tatsachen vorenthält?«
    Abt Iarnla senkte den Kopf. »Vielleicht sollte besser mein Verwalter die Dinge darlegen«, sagte er resigniert. »Er hat sich mit ihnen befasst.«
    Fidelma schaute Bruder Lugna erwartungsvoll an. Mit einem Seufzer gab er klein bei. »Es stimmt. Bruder Donnchad kehrte mit irgendwelchen Sachen zurück, von denen er behauptete, sie auf der Pilgerreise gesammelt zu haben. Er wollte sie in sicherer Verwahrung wissen, solange er sich mit ihnen beschäftigte.«
    »Mit ihnen beschäftigte?«, fragte Eadulf.
    »Es handelte sich angeblich weniger um Gegenstände als vielmehr um Manuskripte«, lautete die Auskunft. »Wie auch sein Bruder Cathal beherrschte Bruder Donnchad viele Sprachen, Griechisch und Hebräisch genauso gut wie Latein und Aramäisch. Zu Gesicht bekommen habe ich die Dokumente allerdings nie, denn er hielt sie sorgsam verborgen.«
    »Die Abtei hat doch ein hochberühmtes
scriptorium
, eine große Bibliothek, in der sich viele Manuskripte dieser Art befinden«, merkte Fidelma an. »Warum hat er die Papyri nicht in der Bibliothek hinterlegt? Das wäre doch ein sicherer Ort gewesen. Was machte die Manuskripte so besonders wertvoll, dass er sie woanders unter Verschluss haben wollte?«
    Bruder Lugna hob die Schultern und ließ sie resigniert sinken.
    »Ich sage doch, ich habe diese wertvollen Manuskripte nie gesehen, und man hat sie auch nach seinem Tod nirgends in seiner Zelle finden können.«
    Nur kurz kniff Fidelma die Augen etwas zusammen, dann schaute sie den Abt an. »Und hast du sie gesehen, Abt Iarnla?«
    Der alte Mann verneinte.
    »Wie auch immer«, fuhr der Verwalter fort, »Bruder Donnchad machte einen so verstörten Eindruck, dass wir ihm ein Schloss an seine Tür bauen ließen, damit er seinen Willen hatte.«
    »Nicht einfach einen Riegel, den man von innen vorschieben konnte?«
    »Er bestand auf einem Schloss mit Schlüssel.«
    »Wer hat Schloss und Schlüssel angefertigt?«
    »Unser hauseigener Schmied, Bruder Giolla-na-Naomh. Er hat den Rang eines
flaith-goba
«, fügte er nicht ohne Stolz hinzu.
    Fidelma wusste, dass es bei den Schmieden hinsichtlich ihres fachlichen Könnens drei Abstufungen gab, von denen der
flaith-goba
der höchste Rang war und einem bescheinigte, sich in der gesamten Metallverarbeitung auszukennen. Die unteren Grade waren auf die Metallart beschränkt, dieder Schmied bearbeitete, und auf die Artefakte, auf die er sich spezialisiert hatte.
    »Wie viele Schlüssel wurden für das Schloss gemacht?«
    »Der Schmied wurde angewiesen, nur einen herzustellen, und ich nehme an, dass er auch nur einen gemacht hat«, erwiderte der Verwalter.
    »Etwas annehmen heißt noch lange nicht, dass dem so ist«, stellte Fidelma fest.
    »Als wir keinen Zugang zu Bruder Donnchads Zelle fanden, ließ ich Bruder Giolla-na-Naomh kommen«, erläuterte

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