Der Blutkelch
viele vorbeigekommen?« Fidelma überging seine eigentliche Frage.
»Viele nicht. Wieso willst du das wissen?«
Gormán mischte sich ein, zeigte auf das Pferd, das er geführt hatte und von dessen Sattel Bogen und Köcher herabhingen, und erkundigte sich:«Sind hier zwei Männer vorbeigekommen, einer von ihnen ein Bogenschütze auf dem Pony hier und mit den Waffen da?«
Bruder Corbach war etwas verdutzt, betrachtete aber das Pferd und die Waffen genauer. Dann machte er große Augen und nickte bedächtig. »Die beiden Männer sind heute früh hier vorbeigekommen und wollten etwas Wasser. Was ist mit dem Bogenschützen, der das Pony ritt, geschehen?«
»Ich habe ihn getötet«, erwiderte Gormán ungerührt.
Der Mönch war schockiert. »Mit so etwas scherzt man nicht, mein Freund.«
»Ein Scherz war es gewiss nicht«, griff Fidelma ernst ein. »Der Mann und sein Kumpan wollten uns erschießen. Sie versuchten es, ohne Warnung, aus dem Hinterhalt. Mein Gefährte hier hat den einen von ihnen getötet und den anderen in die Flucht geschlagen. Kennst du einen von den beiden? Oder hast du sie schon früher mal gesehen?«
Der Mönch schüttelte den Kopf. »Beide waren mir völlig fremd. Sie kamen aus Richtung Süden von den Bergen.«
»Und ihre Sprache? Könntest du aufgrund ihrer Ausspracheund Sprachmelodie sagen, aus welcher Gegend sie stammen?«
Bruder Corbach überlegte einen Augenblick. »Ich würde meinen, dass der, der auf dem Pferd da ritt, möglicherweise von den Uí Liatháin war. Der andere aber, der merkwürdig weißes Haar hatte, war eher ein Fremdländischer.«
Gormán zog die Stirn in Falten. »Von den Uí Liatháin? Mit denen gibt es immer Ärger«, murmelte er leise.
Die Clans der Uí Liatháin lebten weiter im Süden, jenseits des Flusses An Tuairigh. Sie nahmen für sich in Anspruch, Eóghanacht zu sein, wenn auch nicht aus der Linie von Corc, der die königliche Dynastie in Cashel begründet hatte. Sie behaupteten, ein Vorfahr namens Bressal wäre König von Muman gewesen. Genealogen der Eóghanacht verwarfen einen solchen Gedanken. Sie rühmten sich weiterhin, die Tochter ihres Stammesfürsten, Tasach, wäre die Ehefrau Laoghaires gewesen, und der wiederum war Hochkönig, als Pádraig ins Land kam. Angeblich hatte sie sich zum Neuen Glauben bekannt und dafür Sorge getragen, dass Lugaidh, ihr Sohn, zum ersten christlichen Hochkönig heranwuchs.
»Wie kommst du darauf, der andere könnte ein Fremdländischer gewesen sein?«, fragte Fidelma.
»Er sprach kein Wort, und sein Äußeres war seltsam.«
»Haben sie überhaupt nichts gesagt, als sie Wasser verlangten?«, drängte Fidelma.
»Sie wollten nur wissen, ob Reisende vorbeigezogen wären, aber das fragt jeder, wie ihr ja auch.«
Fidelma bemerkte, dass der Mönch zögerte. »Ich sehe dir an, du denkst noch an etwas anderes.«
»Ja, sie fragten etwas genauer als andere sonst. Sie wollten wissen, ob es Reisende aus Cashel gab, die Richtung Süden zogen.«
»Richtung Süden nach Lios Mór?«, hakte Gormán ein und warf Fidelma einen vielsagenden Blick zu.
»Wenn man von hier die Richtung nach Süden einschlägt, kommt man unweigerlich nach Lios Mór«, entgegnete Bruder Corbach.
»Da hast du vollkommen recht, Bruder«, bestätigte ihm Fidelma. »Aber jetzt wollen wir deine Gastfreundschaft genießen, auch wenn wir nicht lange verweilen können und rasch weiter müssen. Können unsere Pferde bei dir etwas zu fressen bekommen?«
»Natürlich, Lady. Vielleicht kann mir dabei jemand zur Hand gehen …« Er sah Gormán und Eadulf an.
»Ich komm dir helfen«, bot Gormán an.
Nicht lange, und sie saßen alle um den Tisch in Corbachs kleiner Herberge, von Reisenden
bruden
genannt, labten sich an kaltem Fleisch, Käse und Brot und spülten es mit Bier aus der Umgebung hinunter.
»Was berichten hier Vorüberziehende eigentlich über Bruder Donnchads Tod?«, fragte Fidelma nach einer Weile. »Du sagtest vorhin, du hättest von dem Mord durch sie erfahren.«
Bruder Corbachs Gesicht nahm einen sorgenvollen Ausdruck an. »Die meisten waren über die Nachricht entsetzt. Bruder Donnchad war ein hochgeachteter Gelehrter, der erst vor kurzem das Heilige Land im Osten bereist hatte.«
»Äußerte irgendjemand eine Meinung über seinen Tod?«, bohrte Eadulf.
»Es heißt, Bruder Donnchad habe man erstochen in seiner Zelle aufgefunden, aber die Tür sei von innen abgeschlossen gewesen. Man redet von einem übernatürlichen Racheakt.«
Fidelma konnte sich
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