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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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oder nicht, beließ es beim Schweigen und wandte sich zur Tür.
    Bruder Lugna war anzusehen, wie unbehaglich er sich fühlte. Er versuchte, eine Entschuldigung hervorzubringen.
    »Uns ist bereits aufgefallen, dass unser neuer Arzt ein wenig …«, er suchte hilflos nach den richtigen Worten.
    »… ein wenig ungelenk im Benehmen gegenüber anderen ist«, half Fidelma schmunzelnd aus. »Sein Umgangston ist in der Tat befremdlich. Im Augenblick tut das aber nichts zur Sache. Wir können dem später nachgehen.«
    »Hast du hier in der Zelle gesehen, was du sehen wolltest?«, fragte der Verwalter.
    Fidelma wechselte kurz einen Blick mit Eadulf und nickte. »Ja. Nur noch eins, Bruder Lugna, wir befinden uns im letzten Zimmer des Stockwerks, wer bewohnt die Zelle nebenan?«
    »Niemand. Drei Kammern auf dieser Ebene sind noch keinem zugewiesen.«
    »Und unmittelbar darunter?«
    »Die Zelle gehört dem Ehrwürdigen Bróen. Er war einer der ersten Mitglieder der Abtei, als der heilige Carthach sie begründete. Er ist schon alt und auch etwas wirr im Kopf und neigt zu Wahnvorstellungen.«
    »Ist das der mit den Engeln?«, fragte Eadulf. »Wir werden ihn nicht behelligen. Falltüren gibt es doch keine hier im Fußboden, oder?«
    Bruder Lugna hatte kein Verständnis für seinen Humor. »Der einzige Zugang zu dem
cubiculum
ist die Tür«, entgegnete er trocken.
    »Ich würde trotzdem gern einen Blick in die Zelle nebenan werfen«, verlangte Fidelma.
    Sie traten auf den Gang hinaus, und der Verwalter öffnete die entsprechende Tür. Abgesehen davon, dass man in Bruder Donnchads Tür ein Schloss eingebaut hatte, glich eine Zelle der anderen. Auch diese hier hatte ein ebenso hochgelegenes Fenster. Was fehlte, war das Mobiliar. Hier war kein Bett, kein Stuhl, kein Tisch. Fidelma inspizierte die Trennwand zu Bruder Donnchads Zelle. Sie konnte keinen geheimen Mechanismus entdecken, mit dem man sich einen Zugang in die Zelle nebenan hätte verschaffen können. Sie gab sich zufrieden und erklärte freundlich lächelnd dem Verwalter, dass sie genug gesehen hätte.
    »Du willst jetzt sicher mit Bruder Giolla-na-Naomh, unserem Schmied, sprechen«, sagte er. »Leider habe ich keineZeit, dir den Weg zu zeigen, denn ich habe eine Verabredung mit dem Baumeister. Aber wenn du erst mal bei den Ställen bist, kannst du die Schmiede nicht verfehlen.«
    Sie trennten sich unten am Eingang des Gebäudes, und Bruder Lugna eilte über den Hof davon.
    »Bevor wir den Schmied aufsuchen, möchte ich mir noch etwas anderes ansehen«, sagte Fidelma und zog Eadulf am Arm mit sich. Sie hielten sich dicht am Haus, wobei sie in die Richtung strebte, wo die alte Palisadenumzäunung, die das Abteigelände umgab, nicht direkt an das Gebäude stieß. Durch diese Lücke gingen sie und befanden sich an der Rückseite des Hauses. Als Fidelma glaubte, genau unter dem Fenster von Bruder Donnchads Zelle angekommen zu sein, blieb sie stehen.
    »Vorsicht«, sagte sie und tastete mit den Augen gewissenhaft den Untergrund ab. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich erkenne nichts Verdächtiges, was darauf hindeutet, dass jemand eine Leiter hier angelehnt oder sonst etwas hingestellt hat, womit man das Fenster oben hätte erreichen können.«
    »Du warst dir doch ohnehin sicher, dass niemand durch das Fenster hätte hineingelangen können.«
    »Man kann die Dinge nicht oft genug überprüfen, allzu leicht übersieht man etwas.« Plötzlich erspähte sie etwas Weißes, das fast völlig vom Modder verdeckt war. »Was mag das sein?«
    Eadulf war näher dran, bückte sich und zog es hervor. Vorsichtig befreite er es von der anhaftenden Erde. Zum Vorschein kam ein Stückchen abgerissenes Pergament, völlig zerknüllt, als hätte es jemand weggeworfen.
    »Es ist nichts weiter«, sagte er. »Es ist feucht, muss schon eine Weile hier draußen gelegen haben.«
    »Geh behutsam damit um. Da ist etwas drauf geschrieben.« Er strich das Pergament vorsichtig glatt, sodass die wenigen Wörter zu entziffern waren, wenngleich die Tinte schon verlaufen war.
    »Gibt es etwas her?«, wollte Fidelma wissen.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es handelt sich um eine Zeile aus einem der Evangelien –
pater, si vis, transfer calicem istum a me
… Dann kommen drei Wörter, immer das gleiche Wort, dreimal wiederholt –
Deicida! Deicida! Deicida!
Das ist alles.«
    Fidelma schaute ihm über die Schulter.
    »Das letzte Wort heißt ›Gottesmörder‹. An das Wort
Dei
für ›Gott‹

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