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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ist
cida
angehängt, das kommt von dem Verb
caedere
und heißt so viel wie ›fällen‹.«
    »Weshalb sollte das jemand mehrere Male hintereinander schreiben? Wollte er sich einprägen, wie man es schreibt? Vielleicht war es Bruder Donnchad selbst und hat das Pergament danach aus dem Fenster geworfen.«
    »Ein gelehrter Mann wie Bruder Donnchad konnte so ein einfaches lateinisches Wort bestimmt mühelos schreiben.«
    »Wenn es tatsächlich er war, der das geschrieben hat, dann hat er es als eine Feststellung verstanden wissen wollen. Es ist der Begriff, den die frühen Kirchenväter für die Juden geprägt haben, weil sie die Kreuzigung Christi forderten. Doch woher mag die vorangegangene Zeile stammen? Dem Sinn nach ›Nimm diesen Kelch von mir‹?«
    »Kelch oder Becher, das kommt auf die Übersetzung an«, meinte Fidelma. »Könnte aus dem Evangelium des Lukas stammen.«
    Sie nahm Eadulf das Pergament aus der Hand, überflog es noch einmal und steckte es in ihr
ciorbholg
, das sie am Gürtel trug. Das
ciorbholg
, ein Kammtäschchen, hatten alle Frauenstets bei sich; für gewöhnlich fanden sich darin ein
scathán
, ein Spiegel,
deimess
, eine Schere,
sleic
, Seife, ein
phal
mit dem Lieblingsduftstoff, wobei Fidelma Geißblatt bevorzugte, ein kleines Leinentüchlein und andere persönliche Dinge.
    Eadulf drängte ungeduldig. »Lass uns den Schmied aufsuchen und sehen, was er uns über das Schloss und vielleicht auch über einen zweiten Schlüssel sagen kann.«
    Normalerweise erkannte man am Schlag von Hammer und Amboss, wo sich die Schmiede befand, doch der Baulärm machte es ihnen nicht leicht. Zunächst kamen sie an einem großen, im Bau befindlichen Gebäude vorbei. Eadulf stieß Fidelma an.
    »Dort hast du ein Hilfsmittel und obendrein jemand, klein genug, um durch das Fenster zu passen und sich Zutritt zu Bruder Donnchads Zelle zu verschaffen.«
    An dem Gebäude lehnte eine lange Leiter, auf der die Maurer zu den oberen Stockwerken klettern konnten. An ihrem Fuße saß ein kleiner Junge, der mit einem Schleifstein seinen Meißel bearbeitete.
    Fidelma betrachtete den Knaben mit kritischem Blick. »Klein genug wäre er, das gebe ich zu, aber er würde zwei Mittäter brauchen, um die Leiter an Ort und Stelle zu hieven.« Sprach es und näherte sich dem Burschen.
    »Hallo«, begrüßte sie ihn. »Du bist mir bisher nicht begegnet.«
    Der Junge war höchstens zehn Jahre alt, hatte blondes Haar, ein frisches Gesicht, vom Wetter getönte Haut und kräftige Gliedmaßen. Mit einem scheuen Lächeln blickte er zu ihr auf.
    »Du mir auch nicht, Schwester«, erwiderte er keck.
    »Ich heiße Fidelma, und er hier« – sie wies auf Eadulf – »Eadulf. Wie heißt du?«
    »Gúasach. Warum hat er einen so komischen Namen?«
    Fidelma lachte. »Weil er aus einem Land weit über dem Meer kommt, aus dem Königreich der Ostangeln. Arbeitest du hier mit am Bau?«
    »Ja«, erklärte er stolz. »Ich bin Gehilfe beim Baumeister.«
    »Wie lange bist du schon …?«
    Ihre Frage wurde von dem lauten Ruf einer rauen Männerstimme unterbrochen.
    »Gúasach! Den Meißel, und zwar sofort!«
    Der Junge sprang auf, nickte ihnen entschuldigend zu und schlüpfte mit dem Meißel in der Hand durch eine Mauerlücke.
    Fidelma sah Eadulf schelmisch an. »Ich glaube nicht, dass wir in dem Burschen den Mörder gefunden haben«, spöttelte sie.
    »Vielleicht eine Verschwörerbande?«, gab er zu überlegen. »Ein paar Leute schleppen die Leiter zur Hauswand, der Junge klettert hoch, tötet Bruder Donnchad, nimmt Papiere und Bücher und was die so wollten …« Eadulf hielt inne und musste selbst lachen. »Du hast schon recht. Sehr glaubhaft klingt die Geschichte nicht.«
    Die
cérdcha
, die Schmiede von Bruder Giolla-na-Naomh, lag unmittelbar hinter den Ställen neben dem Haupttor der Abtei. Sie irrten ein wenig umher, ehe sie den richtigen Weg fanden, der von den Ställen abging. Ein junger Mann mit freiem Oberkörper hielt in der linken Hand eine Zange, in der ein glühendes Metallstück steckte. Mit einem schweren Hammer, einem
ord
, schlug er auf das Metallstück ein, dass die Funken nur so sprühten. Neben ihm stand ein großer, muskulöser, älterer Mann, gleichfalls mit bloßem Oberkörper, er trug eine Lederschürze. Er beobachtete den jungen Mann bei der Arbeit. Als er Fidelma und Eadulf kommensah, sagte er etwas zu seinem Lehrling. Der tauchte daraufhin das Stück Metall, das er bearbeitete, in ein Wasserbecken neben dem Amboss.
    »Sei

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