Der Blutkönig: Roman (German Edition)
er wartet immer noch darauf, befreit zu werden.«
»Dann ist es Kaits Geist, der in diesem Orb gefangen ist, damit der Obsidiankönig sich von ihr ernähren kann, wenn er freikommt?«, fragte Tris. Noch während er die Worte aussprach, wurde ihm das Schreckliche dessen, was Royster erklärt hatte, bewusst. »Die Geister, die er dort bei sich gefangen hat – er wird sich von ihnen ernähren, damit er die Kraft bekommt, die er braucht …«
»… um den Übergang zu schaffen«, beendete Royster den Satz. »Ja. Das ist der Grund, warum du schon vor dem Hagedornmond nach Margolan gehen musst. Der Obsidiankönig wurde in der Nacht des Hagedornmonds gebannt, und nur in dieser Nacht kann er freigelassen werden.
Möge die Lady mit dir sein.«
KAPITEL ACHT
G EH NUR UND hab deinen Spaß – wir werden die Grenze schon halten.«
Harrtuck grinste und schlug Soterius auf die Schulter. Als wieder einmal die Zeit für Soterius und Mikhail gekommen war, den Hof Stadens zu verlassen, machte sich auch Harrtuck mit den Söldnerheeren zu den Grenzen von Fahnlehen auf und begleitete die beiden ein Stück des Weges bis zu den Lagern. Die Flüchtlingskämpfer und die professionellen Soldaten beäugten einander vorsichtig. Aber Soterius’ Geschichten über ihren Kampf mit den Ashtenerath hatte die Söldner aufhorchen lassen: Sie hatten ihre Nachtwachen verdoppelt.
»Warte bloß mit dem Öffnen von neuen Bierfässern, bis wir zurück sind!«, gab Soterius in einem Versuch zurück, seine Anspannung zu überspielen.
»Wenn die Ashtenerath erst einmal aufgetaucht sind, wird Stadens Hofrat sicher nicht zögern, noch mehr Söldner an die Grenzen zu schicken«, meinte Harrtuck mit einem Nicken in Richtung der Soldaten, die jetzt zwischen dem Flüchtlingslager und der Grenze Fahnlehens kampierten.
»Ich hoffe ja immer noch, wir brauchen deine Truppen nicht auf margolanischen Boden zu schicken.«
Harrtuck wurde schnell nüchtern. »Da bin ich deiner Meinung, Junge. Wenn diese Kämpfer von dir wirklich jedem so gut in den Hintern treten, wie du behauptest, dann habe ich einen gemütlichen Job damit, die Kommandanten der Söldner zu koordinieren. Jared wird einen Angriff erwarten, aber stattdessen werden wir seine Truppen davon abhalten, selbst nach Fahnlehen einzuwandern.«
Beide kannten die andere Seite dieses ›Wenns‹. Wenn Soterius nicht genügend Heckenschützen und Guerillakämpfer unter den margolanischen Unzufriedenen und Deserteuren rekrutieren konnte, dann würde es den Söldnern überlassen bleiben, Jareds Armee zu binden. Der Versuch, Tris Drayke auf den margolanischen Thron zu heben, würde von einer geheimen Aktion in einen offenen Krieg umschlagen. Sollten die fahnlehenischen Söldner gebraucht werden, standen auch Truppen aus Isencroft bereit. Sie standen bereits an der Grenze. Dhasson, das schon seit Monaten von Arontalas magischen Bestien in Atem gehalten wurde, hatte seine eigenen Gründe, sich gegen Jared den Thronräuber zu stellen, wenn die Bestien erst einmal vertrieben waren. Die Ostmark würde wahrscheinlich ebenfalls nicht neutral bleiben, immerhin war Kiara die Nichte des Königs der Ostmark und die Tochter seiner Lieblingsschwester. Nargi und Trevath würden wahrscheinlich auf Seiten von Margolan in den Krieg eintreten. Wenn der Plan, Arontala zu zerstören und Jared getarnt zu Fall zu bringen, nicht funktionierte, dann war die Alternative der Krieg – und die schreckliche Aussicht auf die uneingeschränkte Herrschaft der Blutmagie, die ein wiedergeborener Obsidiankönig ausüben würde.
In den zwei Wochen seit dem letzten Angriff hatte Soterius seine Kämpfer gut trainiert. Tadrie und Sahila hatten von der Attacke der Ashtenerath erzählt. Nachdem alle die Morde und die Grausamkeiten von Jareds Truppen selbst erlebt hatten, glaubten die Flüchtlinge die Berichte Sahilas von den Ashtenerath ohne nachzufragen und mit weniger Panik, als Soterius befürchtet hatte. Esme unterstützte die Geschichte Sahilas, und als die Heilerin erklärte, wie Arontala seine Ashtenerath geschaffen hatte, war die Veränderung in der Haltung der Flüchtlinge geradezu greifbar. Durch ihre Tränen und die Trauer beim Gedanken an die vermissten Angehörigen, die gefoltert und in Bestien verwandelt worden waren, spürte Soterius eine gewachsene Entschlossenheit. Beinahe über Nacht war aus einem Flüchtlingslager ein Kriegslager geworden. Jeder, der gesund genug war, eine Waffe zu halten – ebenso wie die stärksten und
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