Der Blutkönig: Roman (German Edition)
zusammenbrach. Ein paar Monate nach meinem Tod heiratete Yent meine Witwe. Er hat mir mein Leben gestohlen. Mein Lord, ich bitte Euch. Lasst mir Gerechtigkeit zuteil werden!«
Tris dehnte seine magischen Sinne aus, aber die konnten keine Unaufrichtigkeit in den Worten des Geistes feststellen. Er winkte, und einer von Stadens Wachen kam heran. »Erzählt Eure Geschichte dieser Wache«, wies Tris ihn an. Hanre wiederholte seine Worte und der Wachmann hörte in feierlichem Ernst zu.
»Bring seine Nachricht zu König Staden«, bat Tris den Soldaten. »Er muss entscheiden, wie man mit dem Mörder verfährt. Du kannst bezeugen, dass du die Geschichte selbst gehört hast.«
»Jawohl, Euer Hoheit.« Der Wachmann verbeugte sich. Hanre sah dem Wachmann ernsthaft hinterher.
»Keine Strafe kann mir mein Leben wiedergeben«, sagte er niedergeschlagen. »Es stimmt mich traurig, dass von der Arbeit, die ich all die Jahre verrichtet habe, nun ein Mörder profitiert.«
Tris blinzelte und versuchte, sich zu konzentrieren. Sein Kopf schmerzte so schlimm, dass es für ihn schwierig wurde, etwas zu sehen. »Möchtest du, dass ich dir helfe, hinüberzugehen?«, fragte er Hanres Geist.
Der Silberschmied schüttelte den Kopf. »Noch nicht, mein Herr Seelenrufer. Ich würde gern noch bleiben und sehen, wie Gerechtigkeit geschieht. Dann kann ich vielleicht wirklich ruhen. Danke, mein Herr. Ich bin in Eurer Schuld.« Der Geist verbeugte sich noch einmal tief und ging fort. Tris bedeutete dem Büttel, die Türen zu schließen. Er hoffte, dass er es bis in sein Zimmer schaffte, bevor die Kopfschmerzen noch schlimmer wurden.
E IN H EI ß ES B AD und ein gutes Abendessen linderten Tris Kopfschmerzen und auch die steifen Muskeln, die die Schwertübungen hinterlassen hatten. Er hatte sich beim Klettern den Nacken verzogen und hatte sich immer noch nicht vollständig von seinen Verletzungen erholt, die er sich in der Zitadelle zugezogen hatte. Das warme Feuer machte ihn schläfrig. Er döste in einem Stuhl in seinen Räumen vor sich hin, bis ihn ein lautes Klopfen an der Tür aufschrecken ließ. Ein Page stand im Gang.
»Ich bitte um Vergebung, mein Herr Zauberer«, sagte der Junge nervös. »Aber der König wünscht Euch in seinem Salon zu sprechen.«
»Ich bin für eine Audienz nicht angemessen gekleidet«, sagte Tris müde. »Bitte gib mir ein paar Minuten, um mich fertig zu machen.« So schnell er konnte, zog er sich seine Kopfschmerzen ignorierend für eine Begegnung mit König Staden an. Der Page wartete, bis Tris herauskam. Sie gingen die kurze Strecke bis zu des Königs Türen und die Wachen traten beiseite, um Tris einzulassen.
Staden ging sofort auf Tris’ Zustand ein. »Wie lange, glaubt Ihr, könnt Ihr so weitermachen, bevor Ihr keine Kraft mehr habt?«
»Gerade lange genug, denke ich«, erwiderte Tris. Bei Staden war noch ein anderer Mann. Stirnrunzelnd versuchte Tris, das unerwartet bekannte Gesicht einzuordnen. Der Mann hatte weißes Haar und war schlicht, aber gut angezogen. Sein Benehmen zeugte von Adel. Endlich tauchte eine Erinnerung auf und Tris erkannte Abelard, Bricens Botschafter in Fahnlehen.
Tris trat einen Schritt vor, um Abelards Hand zu schütteln, aber der alte Mann verbeugte sich tief. »Ich grüße Euch, mein Prinz«, sagte der Botschafter und nahm Tris’ Hand, als dieser ihm aufhalf. »Wir danken der Göttin für Eure sichere Reise nach Fahnlehen.«
Staden bot ihnen mit einer Geste einen Platz am Feuer an. Ein Diener brachte jedem von ihnen einen Becher warmen Gewürzwein.
»Abelard war seit dem Staatsstreich hier in Fahnlehen-Stadt, unter meinem Schutz«, meinte Staden. »Ich hatte aufgrund Eures Kommens und Gehens zur Schwesternschaft bisher keine Zeit, Euch bekannt zu machen. Ich könnte mir vorstellen, Ihr habt viel zu bereden«, meinte er noch und stand auf. Er eilte aus dem Raum, bevor einer der beiden Männer antworten konnte.
»Ist das ein offizieller Besuch?« Tris beobachtete den älteren Mann aufmerksam. Abelard lachte traurig. »Es gibt keine ›offiziellen‹ Geschäfte, seit ich Jareds Aufforderung, nach Shekerishet zurückzukehren, abgelehnt habe. Die Nachricht über den Staatsstreich erreichte mich kurz vor Jareds Befehl. Ich war mit Eurem Vater viele Jahre befreundet. Ich konnte seinem Mörder nicht dienen. Und so bin ich jetzt im Exil, dank König Stadens Freundlichkeit, für die ich sehr dankbar bin.«
»Was ist mit den anderen Botschaftern?«, fragte Tris. Er nippte an dem Wein,
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