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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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sie neben ihm in die Bohlen schlug. Hinrik sprang auf, und während der Bärtige noch damit beschäftigt war, die Axt aus dem Boden zu lösen, griff er ihn an, rammte ihm die Schulter in die Seite, so dass er ihn aus dem Gleichgewicht brachte und zwang, das gefährliche Werkzeug, das ihm als Waffe diente, loszulassen.
    Jetzt herrschte Waffengleichheit. Beide mussten sich auf ihre Fäuste verlassen, eine Situation, die er hundertfach trainiert hatte. Der Bärtige war ungestüm und wild. Nie zuvor hatte es Hinrik mit einem so großen und starken Gegner zu tun gehabt.
    Der Bärtige senkte den Kopf wie ein Stier vor dem Angriff. Ein dumpfer Laut kam über seine Lippen, dann stürzte er sich auf Hinrik und versuchte, ihn allein durch die Wucht zu überwältigen. Hinrik aber nutzte seine Geschmeidigkeit, wich aus, fintierte, setzte seine Faustschläge zielgenau und konzentrierte sich auf jene Punkte, die seinen Gegner besonders schmerzten und ihn schwächten. Traf er beispielsweise die Nieren, nahm er dem Bärtigen buchstäblich die Luft, traf er die Leber, krümmte sich sein Gegner und bot ihm damit das ungedeckte Kinn. Nachdem er einige Hiebe hatte einstecken müssen, wurde dem Bärtigen bewusst, dass er den Kampf verlieren würde |316| , wenn er noch lange dauerte. Seine Kräfte schwanden. Er blieb jedoch bei seiner Taktik. Wild mit den Armen rudernd und keuchend vor Anstrengung wollte er dem Kampf möglichst rasch ein Ende bereiten. Das aber ließ Hinrik nicht zu. Befriedigt registrierte er, dass die Kräfte seines Gegners nachließen. Der Bärtige hatte Mühe, die Arme zu heben und kontrolliert zu schlagen. Hinrik wusste, dass er den Kampf nicht mehr verlieren konnte. Dennoch bewies er Geduld. Erst als er sich der Wirkung sicher war, versetzte er ihm einen krachenden Kinnhaken. Bewusstlos stürzte der Bärtige zu Boden, wo er mit glasigem Blick liegen blieb.
    Mit einigen Lederbändern fesselte Hinrik ihm die Hände auf den Rücken und schnürte die Füße an einen Stützbalken. Dann ging er nach draußen. Nach einiger Zeit fand er am Ufer den Kahn, mit dem der Bärtige gekommen war. Er enthielt derart reichlich Vorräte, dass sie auf keinen Fall nur für ihn gedacht sein konnten. Bestimmt war in den kommenden Tagen mit weiteren Männern zu rechnen. Er trug die Vorräte aus dem Kahn in den Hof. Als er alles dort gehortet hatte, schloss er das Haupttor mit einem Eisenriegel und einem Querbalken und brachte die Vorräte in die Küche.
    Der Bärtige lag wie ein gefällter Bär auf dem Boden, hielt die Augen geschlossen und tat, als wäre er bewusstlos. Hinrik nahm einen Eimer Wasser.
    »Ich könnte Euch das Wasser über den Kopf schütten«, sagte er. »Angenehm ist es bestimmt nicht für Euch, in einer Wasserlache zu liegen. Aber das müsst Ihr wissen. Ich hätte ein Messer zur Hand genommen, wenn ich Euch wirklich übel gewollt hätte. Und das könnte ich auch noch jetzt tun.«
    Als diese Worte nichts halfen, schüttete Hinrik das Wasser aus. Prustend und hustend versuchte sich der Bärtige |317| aufzurichten, fiel jedoch wegen der Fesseln zurück und mit dem Gesicht in die Lache. Fluchend wälzte er sich so weit zur Seite, wie seine Fesseln es zuließen.
    »Das wirst du Hundesohn bereuen.« Er keuchte vor Anstrengung.
    Hinrik ging in die Hocke. »Was werde ich bereuen? Dass ich Euch am Leben gelassen habe? Redet keinen Unsinn. Mit Euch werde ich jederzeit fertig. Ihr nutzt Eure Möglichkeiten nicht und setzt nur auf Kraft. Ein großer Fehler, wie Ihr seht.«
    »Halt’s Maul!« Blanker Hass schlug ihm entgegen. Dieser Mann würde ihm nicht verzeihen, dass er ihn besiegt hatte.
    »Wie Ihr wollt.« Hinrik holte sich einen Hocker heran und ließ sich darauf nieder. Dann nahm er sich Brot und Wurst, die der Bärtige mitgebracht hatte, und ließ es sich schmecken. »Was ist das für eine Festung? Wem gehört sie? Ich habe sie verlassen vorgefunden und nichts Unrechtes darin gesehen, ein paar Tage hier zu bleiben. Ich konnte nicht ahnen, dass man mich gleich mit Axtschlägen strafen würde.«
    »Gib mir was zu trinken.«
    Hinrik half dem Gefesselten, sich aufzusetzen, so dass er sich mit dem Rücken gegen eine Wand lehnen konnte. Dann hielt er ihm einen Becher mit Wasser an die Lippen, damit er seinen Durst stillen konnte.
    »Wollt Ihr reden?«
    »Ich bin die Vorhut. Meine Freunde werden bald eintreffen, und dann hast du es mit mehr als einer Axt zu tun, du Hundesohn. An deiner Stelle würde ich die Beine in die Hand nehmen

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