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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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waren zu hören. Greetje ertrug es nicht, untätig zu warten. Sie stieg ins Obergeschoss hinauf und blickte durch die Fenster hinaus, konnte jedoch nichts erkennen.
    Sie schreckte auf, als sie vernahm, dass jemand irgendwo in der Nachbarschaft gegen die Haustüren hämmerte und die Bewohner aufforderte zu öffnen. Beklommen stieg sie die Treppe hinunter. Der Hals wurde ihr eng, und ihr Herz raste. Als sie die unterste Stufe erreicht hatte, schlug es krachend gegen die Haustür.
    »Aufmachen!«, brüllte jemand. »Wenn ihr nicht wollt, dass wir euch das Haus anzünden, öffnet die Tür. Sofort!«
    Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben. Die Vitalienbrüder hatten den Kampf verloren. Auf der Suche nach den letzten Widerstandsnestern zogen die Männer der Hanse durch die Siedlung.
    »Ja, ja«, antwortete Kort. »Bin ja schon dabei.«
    Er entfernte den Balken, entriegelte die Tür und zog sie auf. Im gleichen Moment schrie Greetje auf, denn der Mann, den sie sah, war Thore Hansen, der Henker von Hamburg. Sein breites Grinsen verriet, dass auch er sie entdeckt hatte.
    »Sieh da, sieh da«, sagte er, während er stark hinkend ins Haus kam, gefolgt von zwei Landsknechten, die mit Lanzen und Messern bewaffnet waren. »Die liebe Greetje. Dann stimmte also, was mir ein gewisser Vogel gesungen hat.« Er griff in seine Tasche, holte eine bunt bestickte Ledermütze aus der Tasche hervor und stülpte sie sich über den Kopf. Sie war voller Blutflecken. »Schade, nun singt er nicht mehr.«
    Er streckte seine Hand aus.
    »Kommt, meine liebe Greetje, wir fahren nach Hamburg |504| . Dort wartet der Priester bereits darauf, uns beide zu trauen.«
    Sie stand wie erstarrt da, unfähig, einen Schritt zu tun.
    »Was ist denn, mein Täubchen?«, fragte er. »Ihr seht nicht gerade aus wie eine glückliche Braut! Freut Ihr Euch denn nicht?«
     
    Wilham von Cronen lehnte in seiner Kabine an einem Tisch. Er hielt einen Krug Bier in der Hand, aus dem er hin und wieder einen kleinen Schluck nahm. Sanft wiegte sich die Kogge im Wind. Er hörte die Takelage knarren und das Wasser am Rumpf des Schiffes rauschen. Die Kogge war mittlerweile weit draußen auf der Nordsee und hatte Kurs auf Hamburg genommen. Er war zufrieden.
    Es klopfte an der Tür, und die vier Männer in der kostbaren Kleidung der Ratsherren traten ein. Jeder von ihnen hielt einen Krug Bier in der Hand. In respektvollem Abstand blieben sie stehen. Wilham von Cronen prostete ihnen zu, und sie tranken.
    »Das war’s, meine Herren«, sagte er danach, wobei er sich den Bierschaum mit einem bestickten Tuch aus dem Bart wischte. »Ihr könnt jetzt die Kleidung und vor allem die Ketten ablegen. Der Vertrag ist unterzeichnet, die Gefangenen befinden sich an Bord. Es ist also nicht mehr nötig, irgendjemandem vorzutäuschen, dass Ihr Ratsherren seid.«
    Die vier lachten. Sie stellten die Bierkrüge ab und übergaben die Kleidung an von Cronen, der sie sorgfältig in einer Truhe verstaute.
    »Habt Ihr keine Bedenken?«, fragte einer der Männer. Er hatte ein schmales Gesicht mit einer weit vorstehenden Nase und eingefallenen Wangen. »Immerhin habt Ihr einen |505| Vertrag mit Störtebeker gemacht und ihm Euer Ehrenwort gegeben.«
    »Mein Ehrenwort!« Wilham von Cronen verzog verächtlich die Lippen. »Diese Leute sind Mörder, Räuber, Piraten, Strauchdiebe, Wegelagerer der Meere, Abschaum der Menschheit. Sie haben zahllose ehrbare Handelsherren um Geld und Gut gebracht, wenn nicht gar um ihr Leben. Diese Leute haben keine Ehre. Also kann man ihnen gar nicht das Ehrenwort geben. Und der Vertrag? Der ist null und nichtig. Ihr habt ihn als Zeugen unterzeichnet. Richtig.« Er zog eine Schublade auf und nahm den Vertrag heraus, legte ihn auf den Tisch und deutete mit dem Finger auf einen der Namen am unteren Ende des Schriftstücks. »Hier steht: Johann von Thaclas-Horn, Handels- und Ratsherr der Hansestadt Hamburg. Das seid Ihr, Thede Smidt. Einen Johann von Thaclas-Horn gibt es nicht. Ebenso ist es mit Euch anderen. Jeder von Euch hat mit einem falschen Namen unterzeichnet. Also ist der Vertrag nicht gültig. Er ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er abgefasst wurde.«
    Er trank einen weiteren Schluck Bier. Dann lachte er selbstzufrieden.
    »Mir ging es einzig und allein darum, Blutvergießen zu vermeiden. Es hat zu viele Tote gegeben. Jetzt werden nur Störtebeker und seine Likedeeler sterben. Gödeke Michels, Hinrik vom Diek, Heiner Wolfen und wie sie alle heißen. Wenn sie erst

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