Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
Vom Netzwerk:
hier geschehen ist.« Er deutete auf die Toten und Verletzten, um zu unterstreichen, was er meinte. »Es hätte gar nicht erst zu dem Kampf kommen dürfen. Sehen wir die Dinge so, wie sie wirklich sind. Der Hanse geht es nicht darum, Euch zu bestrafen. Sie will einzig und allein, dass ihre Handelsschiffe ungehindert und ungefährdet durch Nord und Ostsee fahren können. Wir wollen Handel treiben und Geld verdienen. Nichts anderes. Für uns ist alles eine Frage des Geldes. Und nur des Geldes.«
    »Ihr wollt Geld von uns?« Störtebeker schien keineswegs überrascht zu sein.
    »In erster Linie wollen wir ungestört unseren Geschäften nachgehen. Aber uns ist Schaden entstanden, und der muss wenigstens zu einem Teil ausgeglichen werden. In der Tat. Wir können die Angelegenheit mit Geld regeln«, bestätigte der Handelsherr. »Ergebt Euch. Wir bringen Euch und Eure Männer nach Hamburg. Dort kommt Ihr für einige Tage in den Kerker, damit die Dinge ihre Ordnung |495| haben. Ich werde Euer Richter sein, und wir werden miteinander verhandeln.«
    »Wie Ihr wisst, haben wir nicht mehr viel Geld«, stellte Gödeke Michels klar. Er blickte Wilham von Cronen grimmig an. Er empfand das Angebot des Richters als dreist, denn für ihn lag ebenso wie für die anderen nahe, dass er mit dem Überfall auf den Sperberhof und auf das Haus in London zu tun hatte.
    Wilham von Cronen lächelte zweifelnd.
    »Nun, etwas Geld oder Gold werdet Ihr sicher haben. Ich will Euch nicht alles abnehmen. Schließlich müsst Ihr leben können. Es wäre sinnlos, so viel zu verlangen, dass Ihr anschließend mittellos seid. Unter solchen Umständen würde Euch nur die Freibeuterei aus Eurer Not herausführen. Das aber läge nicht in unserem und nicht in Eurem Interesse. Wir werden das aushandeln. Und ich schwöre Euch beim Leben meines Sohnes und in Anwesenheit dieser hohen Herren als Zeugen, dass wir eine für beide Seiten tragbare Lösung finden werden. Wenn es nicht anders geht, werden wir uns mit der Zahlung einer symbolischen Summe zufriedengeben.« Er sah sich unter den Männern der Hanse um. »Ihr seid meine Zeugen. Allen voran Ihr edlen Ratsherrn der Stadt Hamburg. Störtebeker und seine Männer, die hier vor uns stehen, werden auf keinen Fall zum Tode verurteilt, sondern nach kurzer Zeit aus dem Kerker in die Freiheit entlassen.«
    Hinrik legte Störtebeker die Hand auf den Arm.
    »Lasst uns darüber beraten«, flüsterte er ihm zu. »Nichts überstürzen. Wir haben es nicht eilig. Es dauert noch Stunden, bevor die Flut kommt. Wir könnten es bereuen, wenn wir zu schnell zustimmen. Bei einem Mann wie von Cronen müssen wir uns absichern.«
    Es war, als habe Wilham von Cronen ihn gehört, obwohl |496| er mindestens zwanzig Schritte von ihm entfernt war.
    »Ich sehe ein, dass ihr Euch nicht sofort entscheiden könnt«, rief er. »Denkt über unseren Vorschlag nach. Sobald Ihr zu einem Entschluss gekommen seid, setzen wir unser Gespräch fort.«
    Mit diesen Worten kam er Störtebeker und seinen Likedeelern entgegen. Sie zogen sich bis auf eine kleine Sandbank zurück, um miteinander zu reden.
    »Wir dürfen Wilham von Cronen nicht trauen«, warnte Hinrik vom Diek. »Und wenn er tausend Eide schwört – ich glaube ihm nicht. Ihr habt lange mit ihm zusammengearbeitet, und doch hat er Euch verraten.«
    »Der Mann ist geldgierig«, stellte Störtebeker ruhig fest. Er war von oben bis unten mit Blut beschmiert. An seiner Schulter sickerte Blut aus einer Wunde. Er schien es nicht zu bemerken. »Ich habe von Cronen immer nur als einen Mann kennengelernt, dem alles egal ist, solange die Münzen in seiner Kasse klingeln. Wenn es um Geschäfte geht, gibt es für ihn weder Freund noch Feind. Insofern glaube ich ihm, dass er uns nicht in erster Linie aufs Schafott schicken will, sondern dass er das Ziel hat, alles aus dem Weg zu räumen, was seine Geschäfte stört.«
    »Am wenigsten bedrohen wir seine Geschäfte, wenn er uns dem Henker übergibt«, entgegnete Hinrik.
    »Er hat vor Zeugen geschworen, dass er das nicht tun wird«, betonte Gödeke Michels. Unbehaglich strich er sich mit der Hand über den Mund. Seine Kleidung war mit dem Blut seiner Gegner getränkt. »Wenn er allein wäre, hätte ich starke Bedenken. Aber er ist nicht allein. Bei ihm sind weitere vier Ratsherrn der Hansestadt Hamburg. Ihr seid lange genug in Hamburg gewesen. Ihr wisst, dass die Ratsherren ein hohes Ansehen genießen. Bei allem Respekt |497| , Hinrik, es sind ehrenwerte Leute,

Weitere Kostenlose Bücher