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Der Blutrichter

Der Blutrichter

Titel: Der Blutrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Stelling
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größer als Kramer, und der ist gewiss nicht klein. Und Holz hatte die vor der Tür – oje!« Sie hielt sich beide Hände vor die Brust, um zu zeigen, dass die Dame auch in dieser Hinsicht über Proportionen verfügte, die weit über das gewöhnliche Maß hinausgingen.
    »Ist Euch sonst noch etwas aufgefallen? Vielleicht ein Muttermal am Hals? Seitlich. Ungefähr hier?« Greetje deutete mit dem Finger an, welche Stelle sie meinte.
    »Ihr kennt sie!«
    »Möglich, Mutter Potsaksch. Schnell. Ich muss wissen, ob sie es wirklich ist oder ob ich mich irre. Wie war das mit dem Muttermal?«
    »Sie hat an dieser Stelle nicht nur eines, sondern drei. Sie stehen übereinander und sind unterschiedlich groß, das kleinste ist etwa so groß wie eine Erbse, das größte wie eine Pferdebohne.«
    »Sie ist es. Gräfin Magdalena. Die Tochter des Grafen Pflupfennig. Himmel, sie muss etwas mit dem Verschwinden Hinriks zu tun haben. Sie hasst Hinrik, und sie hat ihm Rache geschworen. Vielleicht hat sie ihn erkannt und mit von Cronen über ihn gesprochen. Soweit ich weiß, war sie damals auf dem Gut des Grafen, als Hinrik seinen Hof und die Ländereien dem Kloster von Itzehoe geschenkt hat.«
    »Geschenkt?« Die alte Frau blickte sie überrascht an.
    »Ja, natürlich. Geschenkt«, betonte Greetje. »Das hat mir mein Vater erzählt. Und Wilham von Cronen.«
    |241| »Hinrik hat sich etwas anders dazu geäußert. Man hat ihm etwas verabreicht. Er wurde bewusstlos. Als er nach einer Weile wieder zu sich kam, hat man ihm einen Vertrag vorgelegt, in dem er seinen gesamten Besitz dem Kloster übereignet hatte. Sie haben ihm gesagt, dass er sein Hab und Gut im Spiel verloren hat. Aber er bestreitet das. Er ist sicher, dass man ihn betrogen und ihm alles gestohlen hat.«
    Greetje war fassungslos. Sie eilte zur Tür und öffnete sie. Empört wollte sie Mutter Potsaksch aus dem Haus weisen, doch die alte Frau blieb gelassen sitzen.
    »Ihr könntet etwas kritischer sein«, ermahnte sie die Arzttochter. »Ich bin sicher, dass von Cronen und der Graf Euren Vater gezwungen haben, mitzumachen. Welchen Grund sollte Hinrik wohl gehabt haben, ausgerechnet zum Gut des Grafen zu gehen, um dort unter den Augen von Wilham von Cronen, Bruder Albrecht und Eurem Vater alles, was er hat, dem Kloster zu schenken? Dazu hätte er nicht das Gut aufsuchen müssen. Es wäre einfacher gewesen, die ganze Geschichte im Kloster zu erledigen.«
    Greetje schloss die Tür. Sie war nachdenklich geworden. »Das ist allerdings richtig.«
    »Hinrik war vor allem dem Grafen und von Cronen ein Dorn im Auge. Er betrieb seine Ländereien anders als sie. Er nahm seinen Bauern eine deutlich niedrigere Pacht ab. Er wollte eine Pferdezucht mit leichten, schnellen und wendigen Pferden aufbauen, und er scheute sich nicht, auf dem Feld zu arbeiten wie ein Bauer, obwohl er ein Adliger ist. Nun gut, als Ritter musste er ebenfalls niedere Arbeiten verrichten, um überleben zu können, doch geschah das nicht vor den Augen des Grafen, der sich von seinen Bauern die Frage gefallen lassen musste, warum sie so viel mehr zahlen mussten als Hinriks Pächter. Es sind die |242| neuen, freien Ideen, die vom Diek hat und die er verwirklichen will, die er aber unter gar keinen Umständen in die Tat umsetzen kann, wenn er alles verschenkt, was er hat. Ihr könnt es drehen und wenden, wie Ihr wollt, Greetje, sie haben ihn belogen und betrogen.«
    »Ich werde später darüber nachdenken«, versprach die junge Frau. Sie streckte temperamentvoll die Hand nach Mutter Potsaksch aus. »Aber ich denke, Ihr könntet recht haben. Lasst uns zum Hafen gehen. Wir fragen so lange herum, bis wir jemanden finden, der uns etwas über Hinrik sagen kann.«

|243| Ein Schiff voll mit Bohnen
    »Du da – komm mit!«, befahl die Wache.
    Hinrik vom Diek erhob sich mit einem Gefühl der Erleichterung. Nach schier endlosem Warten geschah endlich etwas. Er hoffte, dass er nun erfahren würde, was ihm überhaupt vorgeworfen wurde, weshalb er verhaftet worden war. Er folgte der Wache auf den Gang hinaus und die Treppe hinauf, um dann durch eine schwere Eisentür auf einen Hof hinauszutreten. Geblendet schloss er die Augen. Nach so langer Zeit im dunklen Kerker ertrug er das helle Tageslicht nicht.
    Jemand stieß ihn voran.
    »Wasch dich. Du stinkst wie ein Schwein.«
    Durch schmale Augenschlitze sah er einen mit Wasser gefüllten Bottich. Die Wachen befahlen ihm, sich auszuziehen und hineinzusteigen. Er tat es mit Freude. Allerdings

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