Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
Als er zu uns kam, war er noch sehr jung. Er ist aufgrund einer Knieverletzung, die er sich im Einsatz zugezogen hatte, bei der Bundeswehr ausgeschieden. Trotz seines jungen Alters stellte ich ihn sofort ein. Er hat mit der Bundeswehr einfach schon so viel erlebt und gesehen, dass er ganz genau weiß, wie er sich in bestimmten Situationen verhalten muss. Und ich muss sagen, ich hatte bei ihm den richtigen Riecher, denn er hat eine sehr gute Menschenkenntnis, obwohl er noch so jung ist.
Manche der SEK-Leute kenne ich schon sehr lange. Einige habe ich früher für den Test vom SEK vorbereitet, denn der ist sehr hart. Einmal hatte ich als Trainer bei der Berliner Meisterschaft im Kickboxen in jeder der sieben Gewichtsklassen jeweils einen meiner Schüler zum Berliner Meister gemacht. Fünf von ihnen wurden später ins SEK-Team aufgenommen.
Der Test ist also sehr hart. Er beinhaltet neben psychologischen Eignungstests und Gesprächen natürlich auch Sporttests. Die unterscheiden sich in den verschiedenen Bundesländern. Hier in Berlin musste man zwei Kilometer in acht Minuten laufen, Klimmzüge machen, so viel man schafft, Bankdrücken mit 80-Kilo-Gewicht – auch wenn man selber weniger wiegt, an einem Seil hochklettern, über eine Stange robben, unter Stacheldraht einen Tunnel langkriechen, in ein Haus stürmen und über ein Dach rennen – und da oben dann noch eine 30 kg schwere Puppe aus dem Gebäude schleppen.
Ich weiß das so genau, weil mir das Freunde vom SEK zum 40. Geburtstag geschenkt haben. Als Dank dafür, dass ich sie jahrelang gequält habe. Mannomann, da war ich völlig k.o., ich war ja auch mit 40 für so was nicht mehr der Jüngste! Aber ich habe es bis zum Schluss durchgezogen und bin dabei über meine Grenzen hinausgegangen. Die haben sich totgelacht, mich auch mal »quälen« zu dürfen. Und wenn sie mich nicht unterstützt hätten, als ich zum Schluss die Puppe tragen musste, wäre ich wohl nie im Ziel angekommen. Das nenne ich Teamwork!
Was ich bei dem Test nicht machen durfte, war die Schießprüfung, ich bin ja als Zivilist angetreten. Trotzdem muss ich es können, denn ich bin dazu berechtigt, eine Waffe zu tragen. Also trainiere ich das Schießen regelmäßig. Auch hier gibt es bestimmte Regeln, an die man sich halten muss. Man kann als Waffenträger nicht einfach drauflosballern. In der Schießanlage in Wannsee üben wir regelmäßig verschiedene Dinge: Treffgenauigkeit, Schnelligkeit, Einsatzübungen im Team usw.
Was ich gar nicht brauchen kann, sind Leute, die sich in Stresssituationen nicht unter Kontrolle haben. Ich hatte mal einen Bewerber, der hatte eine super Referenz von einem großen Personenschutzunternehmen. Dass er da aufgehört hat, muss seinen Grund gehabt haben. Das wurde mir aber erst im Nachhinein klar.
Ich hatte ihn probeweise bei einem großen Personenschutzeinsatz dabei. Als wir mit der Schutzperson vom Hof fuhren, fiel uns draußen auf der Straße gleich ein Wagen auf. Da saßen Personen der »gegnerischen Partei« drin. Für mich war sofort klar: Das dient nur der Provokation und Einschüchterung.
Und was macht der Bewerber? – Verliert die Nerven und tritt volles Rohr aufs Gas. Mit quietschenden Reifen raste er davon, um die anderen abzuhängen. Dabei war das reine Psychologie, die wollten zeigen: Wir sind auch da, wir beobachten euch.
Den ersten Test hatte der Bewerber also schon mal versemmelt. Jetzt musste er noch an die Tür. Generell müssen bei mir alle Personenschützer an der Tür gearbeitet haben. Denn nur hier werden sie regelmäßig mit Gefahrensituationen konfrontiert, und nur da sehe ich, wie sie sich verhalten, wenn es ernst wird. Ich möchte ihre Stärken und Schwächen kennen, bevor ich sie in den Einsatz direkt am Kunden schicke. Oberstes Gebot ist dabei immer: Deeskalation mit der nötigen Selbstbeherrschung. Das heißt Nerven behalten!
Im Personenschutz in Deutschland passiert es eher selten, dass mal wirklich eine Schutzperson angegriffen wird. Man hat seine Voraufklärer, die die Umgebung und die Location sondieren. Ist sie nicht safe, kann die Schutzperson dort nicht verweilen. Natürlich gibt es niemals hundertprozentigen Schutz, aber man sollte möglichst gut vorbereitet sein. Am schwierigsten ist der Schutz von Personen, die den Kontakt zum Publikum, also zur Öffentlichkeit suchen. Im Grunde ist das der Alptraum für jeden Personenschützer, wenn die Schutzperson zum Beispiel Autogramme gibt. Da kann es immer passieren, dass ein
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