Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
man acht, zehn Stunden unbeweglich sein muss, dann nimmt man die bequemste Position ein. Und man blickt deshalb ernst, weil man konzentriert ist. Es ist eben lockerer mit einem Champagnerglas und einem schicken Partner am Arm. Aber das ist nicht unsere Rolle.
Manche Sicherheitsmänner stehen auch so steif und ernst rum, weil sie mental schon abgeschaltet haben. Es gibt viele Doormen, die an den Türen teurer Läden stehen, zum Beispiel vor Juwelieren. Ich hatte auch mal einen platziert, vor dem Laden von Meissener Porzellan. Der Auftrag läuft mittlerweile nicht mehr, worüber ich eigentlich ganz froh bin. Denn das ist ein Job, den ich selbst nicht packen würde. Das mute ich dann auch meinen Leuten nicht gern zu. Du stehst da acht, zehn Stunden und nix passiert. Nix, null! Wenn man das tage-, wochenlang macht, wird man irgendwann wahnsinnig. Da fängt man an, mit den Tassen zu quasseln.
Auch das Ausarbeiten von Sicherheitskonzepten ist nicht schnell mal erledigt. Gerade bei Veranstaltungen werden vorher wochenlang Meetings abgehalten, wo alle Fragen geklärt werden: Wie viel Sicherheitspersonal ist nötig, und wo wird es positioniert? Wo darf die Presse lang? Welche Absperrungen werden gebraucht? Wann wird eine Veranstaltung gestoppt? Worst-Case-Szenarien werden durchgespielt. Und ganz wichtig: Wie funktioniert das Einlasssystem? Welche Ausweise gibt es? Wie sehen die Tickets aus? Wer hat Ausnahmegenehmigungen?
Bei der Bambi-Verleihung 2002 erwischte es uns eiskalt: Alle Sicherheitsmitarbeiter waren auf Posten. 120 Leute. Sechs Einsatzleiter. Alles war vorbereitet. Jede Sekunde konnte der Einlass losgehen. Plötzlich die Meldung über Funk: »Alle Einsatzleiter nehmen sich sofort Zettel und Stift! Mitschreiben!«
Hektik breitete sich aus. Jeder kramte im Anzug nach Schreibzeug. Dann ertönte wieder die Stimme über Funk: »Das Einlasskonzept wurde soeben noch einmal geändert und erweitert. Die Ausweise mit den Farben …«
Es folgte eine Aufzählung, die schier unendlich erschien. All diese Infos mussten innerhalb kürzester Zeit an allen relevanten Stellen umgesetzt werden. Mann, die Einsatzleiter hatten den Kopf voll! Hat aber funktioniert.
Was ich damit sagen will: Flexibilität, sekundenschnelle Aufnahme- und Umsetzungsfähigkeit, Improvisationstalent und Stressresistenz sind nur einige Eigenschaften, die ein guter Sicherheitsmitarbeiter im Veranstaltungsschutz vorweisen muss.
Was ein Personenschützer noch so alles macht
S olange man bekannte Menschen bei ihren Terminen oder Reisen begleitet, ist eigentlich alles easy. Klar, man muss permanent anwesend sein, das kann schon auch stressig sein.
Aber es gibt auch Kunden, deren Leben ernsthaft bedroht wird. Erst dann hat man es als Bodyguard mit einer wirklichen Gefahr zu tun. Es gibt zum Beispiel viele Stalking-Opfer, die permanent verfolgt werden, von »Fans« oder Ex-Liebhabern. Viele der Stalker sind gewalttätig und natürlich eine Gefahr für das Leben der Verfolgten. Außerdem zerstört die ständige Verfolgung die Psyche der Opfer.
Meist sind es Frauen, die gestalkt werden. Unsere Kundinnen werden dann von uns in dreierlei Hinsicht betreut. Erstens: Sie werden von uns bis zur vollständigen Aufklärung zu sämtlichen Terminen begleitet. Außerdem wird die Wohnung oder das Haus der Kundin rund um die Uhr von uns bewacht. Zweitens: Die Kundinnen nehmen mehrere Wochen an einem Aufbauprogramm teil, bei dem sie bestimmte Verhaltensregeln und Selbstverteidigungsmaßnahmen erlernen. Drittens: Der Stalker wird von uns einfach auch gestalkt. Das klingt paradox, ist aber bisher immer effektiv gewesen. Es gab einige Fälle, in denen wir den jeweiligen Stalker so lange verfolgten, bis er aufhörte, unsere Kundin zu belästigen.
Wie man sich vorstellen kann, sind diese Maßnahmen sehr kostenintensiv und daher nicht für jedes Stalking-Opfer zugänglich. Auch die Rechtslage in Deutschland ist bei diesem Thema sehr schwierig. Einstweilige Verfügungen richten kaum etwas aus. Da darf sich der Stalker dem Opfer gemäß Gerichtsbeschluss nicht mehr nähern. Aber das bringt meistens nichts, weil der Stalker unter Umständen psychisch überhaupt nicht in der Lage ist, den Gerichtsbeschluss zu verstehen beziehungsweise umzusetzen. Und die Polizei kann im Grunde erst dann tätig werden, wenn es bereits nachweisbare Übergriffe auf das Opfer gab.
Neben Stalking-Opfern sind oft auch Geschäftsleute einer lebensgefährlichen Situation ausgesetzt. Personen- und
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