Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
von Annie Lennox. Nach außen soll es harmonisch und eingespielt aussehen. Auch wenn intern sehr oft improvisiert werden muss.
Ich bin etwas nervös. Die Vorbereitungszeit auf dieses Event war kurz. Jetzt geht es los. Michael Schumacher mit Frau, Franziska Knuppe, Matthias Schweighöfer, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle – auch »Mann des Jahres« – und viele andere Stars aus Mode, Sport und Fernsehen fahren vor. Bushido, ebenfalls »Mann des Jahres«, bringt gleich ein ganzes Gefolge mit.
Die Veranstaltung war ein großer Erfolg. Vom Auftraggeber bis zum Gast waren alle zufrieden. Auch Annie Lennox fühlte sich über den Abend sehr gut betreut. Mein Sicherheitsmann war an ihr dran bis zum nächsten Morgen, als sie Berlin per Flieger wieder verließ.
Zwei Tage später kam noch ein Auftrag rein: Miley Cyrus wollte genau den Mann haben, der auch Annie Lennox beschützte. Also rief ich den Mann, der als Subunternehmer in meinem Auftrag arbeitete, direkt an und klärte alles mit ihm ab. Auch diesen Job in Hannover bei »Wetten, dass?« erledigte er souverän. Da gab es wirklich nichts auszusetzen.
Dann bekam er auf einmal einen Höhenflug. Er war der Meinung, dass er die Stars auch ohne mich als Auftraggeber betreuen kann und teilte das so dem Management der beiden Künstlerinnen mit. Damit war die Zusammenarbeit für mich beendet. Für das Management war das ein totales No-go. Die standen voll und ganz hinter mir. Den Verräter habe ich seitdem hinter keiner Schutzperson mehr gesehen. Komisch.
Die organisierte Kriminalität in Berlin
I ch bin Bodyguard, stehe auf roten Teppichen und schütze Prominente. Ich betreue Geschäftsleute, ich bewache Objekte und sichere Veranstaltungen jeglicher Größe. Ich stehe mit meinem Team an Türen und entscheide mit, wer reindarf, wer dazugehört, zur Society. Und wer draußen bleiben muss. Dafür muss ich die Gesichter der stadtbekannten, gewaltbereiten Kriminellen kennen. Das gehört zum Geschäft.
Ich kenne in Berlin die meisten Kriminellen der Unterwelt. Und ich weiß, wie sie ticken. Deshalb studiere ich ihre Mimik und Gestik. Und ich bemühe mich darum, diese Leute kennenzulernen, damit ich sie besser einschätzen kann. Wenn es erforderlich ist, treffe ich mich mit ihnen. Mit den Großen der Familie auf einen Kaffee oder Tee beim Small Talk. Wenn es mit einem Familienmitglied Stress gab, erkläre ich die Situation, warum der Sohn oder der Bruder mal wieder nicht in den Club darf.
Wir treffen uns, aber sie wissen auch, dass ich ein knallharter Gegner im Kampf gegen das Verbrechen bin. Ich lasse es mir nicht bieten, dass sie die Macht übernehmen.
Wie gesagt: Das ist auch mein Wedding. Und ob im Wedding, in Berlin oder in Deutschland: Ich arbeite mit der Polizei, also für Recht und Ordnung auf der Basis des Grundgesetzes und der Menschenrechte.
Der Kampf gegen die Unterwelt, die ich meine, ist in Berlin so gut wie verloren. Das sagt auch die Polizei. Nur nicht laut. Weil der Innensenator und der Polizeipräsident behaupten: »Alles unter Kontrolle!« Die Stadt ist arm, spart an der Polizei und redet nicht gerne darüber.
Die Unterwelt lebt auf Basis von organisierter Kriminalität. Ein Straftatbestand, der vom deutschen Justizministerium und den Innenministern der Länder so definiert wird:
»Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
c) unter Einflussnahme auf Politik, Massenmedien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft
zusammenwirken.«
Bei »der Unterwelt« habe ich es mit eigentlich nur einer bestimmten Branche der organisierten Kriminalität zu tun. Es handelt sich um die Gastro-Szene, in einem speziellen Sinn: Nachtclubs, Prostitution, Drogen. Und im Hintergrund Immobiliengeschäfte. Bei denen wird vermutlich das schmutzige Geld gewaschen, das durch Kokainschmuggel, Zuhälterei, Menschenhandel und Schutzgelderpressungen »verdient« wird.
Daneben gibt es natürlich noch andere Branchen der organisierten Kriminalität, beispielsweise Wirtschaftskriminalität, Zigarettenschmuggel, Autoschieberei, Subventionsbetrug, Kreditkartenbetrug usw. An diesen Fronten kämpfen
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