Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
meinem kaputten Handy versucht, und die Mailbox war voll. Vielleicht wollte er aber auch nur eine Nachricht hinterlassen und vermied es nach jener Nacht, mit mir zu reden.
Quinn hatte meine Gedanken gelesen. »Was ist mit Ihnen beiden? Kleben Sie wieder zusammen?«
»Diese Sache auf Mount Vernon war ein Abendessen mit geschäftlichem Hintergrund. Das war alles.« Ich hatte keine Lust, darüber zu reden. »Jetzt sollte ich aber besser reingehen. Morgen geht es früh los.«
»Ja, ich wollte auch gerade gehen.«
Er stand auf und reichte mir die Hand. Ich griff danach, und er zog mich hoch. Seine Haut fühlte sich rau und schwielig an. Anders als bei Mick, von dem ich gehört hatte, dass ihn regelmäßig eine Maniküre besuchte.
»Lucie!«
»Was ist?«
»Ich habe gefragt, wann Sie morgen früh da sein werden.«
»Wann kommen Sie denn?«
Er rollte die Augen. »Ich habe es Ihnen gerade gesagt. Um halb sieben.«
»In Ordnung. Ich bin ebenfalls um halb sieben da.«
Er hielt immer noch meine Hand, während wir durch den Rosengarten gingen. »Passen Sie auf, wohin Sie in der Nähe dieser Dornen treten.« Nachdem wir an den Rosen vorbei waren, ließ er meine Hand los und angelte in seiner Tasche nach den Autoschlüsseln. »Bis morgen früh dann.«
»Gute Nacht!« Ich schaute mich nicht um, doch ich war sicher, dass er stehen geblieben war und beobachtete, wie ich den Rasen zur Veranda überquerte. Einen Moment später hörte ich den Motor anspringen und das Geräusch von Reifen auf dem Schotterweg.
Ich lag im Bett und fragte mich, was, wenn überhaupt etwas, zwischen uns abgelaufen war. Nur einen Tag zuvor hatte er gesagt, was für ein Fehler es gewesen sei, sich mit Bonita einzulassen. Und dass es schlecht sei, Arbeit und persönliche Beziehungen miteinander zu verquicken.
Nachdem ich schließlich eingeschlafen war, träumte ich, ich hätte Valeries Auto wieder auf dem Dach liegend im Goose Creek gefunden und ich müsste sie retten. Doch als es mir endlich gelang, die Wagentür zu öffnen, hing dort eine andere Frau festgezurrt mitten in der Luft.
Nicht Valerie. Ich.
Weinlese ist Morgenarbeit. Wir ernten die Trauben, wenn es kühl ist, und hören gewöhnlich um die Mittagszeit oder kurz danach auf, abhängig von der Hitze. An diesem Oktobertag, dem Kolumbus-Tag, war Sonnenaufgang um viertel vor sieben. Ich wachte noch im Dunkeln auf, direkt bevor mein Wecker um sechs Uhr zu klingeln begann, und machte das Licht auf meinem Nachttisch neben dem Bett an. Der lokale Leesburger Radiosender versprach einen weiteren Tag Altweibersommer. Temperaturen um die achtundzwanzig Grad. Perfektes Wetter. Ich zog mich an und fuhr zur Weinkellerei.
Jacques Gilbert, unser erster Winzer und im Gegensatz zu Quinn ein Liebhaber klassischer Musik, pflegte den Prozess vom Wachstum der Trauben und der Herstellung des Weins mit einer Symphonie zu vergleichen. Allegro im Frühling und Sommer, wenn die Weinreben blühten und die Veraison oder Reifung begann. Andante im Winter, wenn die Weingärten mit Schnee bedeckt waren und die Reben schliefen. Die Lese war Presto, und Vivace bedeutete die Ausgabe eines neuen Weins. Ich mochte seine Analogie, mit Ausnahme der Weinlese, die für mich nach einer eigenen Musik rief. Etwas Latinohaftes, das pulsierte und klopfte – Lieder wie jene, die die Männer auf ihren Ghettoblastern hörten, während sie auf den Feldern arbeiteten und sangen. Erdig, sinnlich … mit raschelnden, flammenden Röcken und Stilettoabsätzen. Etwas Aufreizendes.
Quinn arbeitete an der Pumpe, die er bereits zur Weinpresse geschafft hatte, als ich ankam. Er trug Jeans und ein T-Shirt der University of California, Davis, das neu aussah. Wahrscheinlich ein Geschenk von Bonita, die in Davis Weinbau und Önologie studiert hatte. Ich fragte mich, warum er es heute trug – oder war es einfach das erstbeste saubere Stück, das er in seinem Kleiderschrank gefunden hatte?
Manolo erschien um sieben und fuhr Hectors alten Superman-blauen Kleinlaster mit unseren ständigen Helfern und einem Dutzend Tagelöhnern aus Winchester auf der offenen Ladefläche. Es zerriss mir immer noch das Herz, dass Hector nicht mehr wie letztes Jahr am Steuer saß. Ich winkte Manolo zu, der an der Weinpresse hielt und ein paar Männer absteigen ließ. Er winkte zurück und fuhr weiter, um die restlichen Männer zu den Feldern zu bringen. Jetzt war es hell, doch der Himmel war noch farblos. Ich beobachtete, wie die kleinen, dunklen Gestalten geschmeidig
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