Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
wenig über ihn. Ein italienischer Vater, der ihn und seine Mutter verlassen hatte, als er noch ein Kind gewesen war. Irgendwo in Kalifornien hatte ihn die Mutter alleine großgezogen. Er sprach nie über seine Eltern und auch nicht über irgendwelche Geschwister. Falls er welche hatte.
Wir parkten in einer gebührenfreien Zone auf der South Liberty in der Nähe des alten Magnolienbaums am Friedhof. Jeroboam’s Fine Wines lag an der Ecke zur East Washington. Die Washington Street – East und West – hatte ihren Namen durch George erhalten, der hier zu Besuch war, als er die Region für Lord Fairfax begutachtete. Und hier grübelte ich jetzt mehr als zweihundert Jahre später über eine Flasche Wein, die Washington vielleicht geleert hätte, wenn sie ihm nach Mount Vernon geliefert worden wäre.
Jack Greenfield hatte Jeroboam’s vor einem Jahr auf Anhieb und unbesehen gekauft, um seine hübsche Frau, die aufsehenerregende Sunny, zu beschwichtigen. Sie hasste nämlich die langen Anfahrtswege von ihrem Haus in Georgetown, wenn sie bei der Goose-Creek-Fuchsjagd mitritt oder die vielen Kunden ihres Innenarchitektur-Büros aus dem Loudoun County besuchte. Er stellte jemanden ein, der Salmanazar’s weiterführte, jenen Weinladen in Washington, den seine Familie seit sechzig Jahren besaß, und nannte den neuen, kleineren Laden in Middleburg Jeroboam’s Fine Wines. Es war ein Insider-Scherz unter Weinkennern, da die biblischen Namen als Bezeichnung für übergroße Champagnerflaschen dienten – ein Salmanazar entsprach dem Inhalt von fünf normalen Champagnerflaschen, und ein Jeroboam fasste vier Champagnerflaschen oder sechs Flaschen Bordeaux.
In Middleburg sagten wir von Leuten, die hierher zogen, immer noch, sie kämen von ›auswärts‹, was sie von den Einheimischen unterschied, die in den Counties Loudoun und Fauquier geboren und aufgewachsen waren. Formal betrachtet kamen Jack und Sunny also von auswärts, doch in der kurzen Zeit, die sie jetzt hier lebten, hatten sie enorm viel Mühe und Talent investiert, um als Teil der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Sunny hatte Jeroboam’s mit ihrem gewohnten Spürsinn für guten Stil eingerichtet, sodass es an eine vornehme englische Jagdhütte erinnerte, deren Wände zufällig mit Weinflaschen gefüllt waren. Die wenigen freien Stellen, einschließlich der kleinen Treppe, die nach unten in einen Probierraum führte, waren zu einer zwanglosen Kunstgalerie umfunktioniert worden, und sämtliche Bilder waren käuflich zu erwerben. Als wir eintraten, putzte Jack gerade Gläser und Flaschen im dunkel getäfelten Probierraum. Wenn er Wein verkaufte, war er gekleidet, als arbeite er für ein Unternehmen, das auf der Fortune-500-Liste stand – maßgeschneiderter Blazer, gestärktes Hemd, Seidenkrawatte, elegante Wollhose und frisch gewienerte Slipper mit Quasten. Nachdem er uns bemerkt hatte, kam er uns um die Bar herum entgegen.
Normalerweise bekam ich einen freundlichen Kuss auf die Wange, doch Jack warf nur einen Blick auf unsere mit Wein besudelte Kleidung und hielt sich zurück. »Sie sehen beide aus, als könnten Sie einen Schluck vertragen«, sagte er.
»Wir haben nichts dagegen«, antwortete Quinn. »Was gibt es Neues, Jack?«
»Jede Menge.« Er ging zurück zur Bar.
Jack war ein sehr sachlicher Mensch, mit starkem Gesichtsausdruck und Silberhaar, das über seiner hohen Stirn stilvoll nach hinten gekämmt war. Pechschwarze Augenbrauen, die sich schräg zur Nasenwurzel hin neigten, verliehen ihm ein mephistophelisches Aussehen.
»Mein hochverehrter Geschäftspartner ist zum Flughafen gefahren, um seine jüngste Freundin abzuholen.« Er hatte den resignierten Blick eines Vaters, der über das Benehmen seines Filius lamentiert. »Sunny und ich haben beschlossen, dass Shane eine Frau braucht. Hat lange genug den Playboy gespielt. Lässt mich hier sitzen, und ich kann mich nun mit einer temperamentvollen Gastronomin herumschlagen, die für den nächsten Frühling einen Hochzeitsempfang in Upperville vorbereitet. Muss eine Weinprobe organisieren, denn sie konnte sich für nichts entscheiden.«
»Das wäre eine Frau für Sie«, sagte Quinn. Ich stieß ihm den Ellbogen in die Rippen.
Jack reichte uns zwei Gläser. »Probieren Sie mal diesen Cabernet aus der Nähe von Charlottesville. Lassen Sie ihm ein wenig Zeit, um sich zu entfalten.«
Ich trank meinen Wein. »Herrlich. Volles Bukett, schöner langer Abgang. Ich mag den Pfeffer.«
»Für mich ein bisschen zu
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