Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
mehr als zweihundert Jahren geschrieben, einen Schlüssel zu dem liefern würde, worauf Valerie bezüglich der Provenienz des Washington-Weins angespielt hatte, doch ich nahm es trotzdem aus dem Regal. Ein schmaler Band, nur etwas mehr als hundert Seiten. Ich wischte den Staub vom Deckel. Thomas Jefferson’s European Travel Diaries. Jefferson’s Own Account of His Journeys Through the Countryside and Wine Regions of the Continent, 1787–1788.
Ich nahm es mit noch oben und begann, im Bett zu lesen.
Worte für Weise
vom Verfasser von Amerikaner auf Auslandsreise
Wenn Sie Zweifel hegen, ob eine Sache die Mühen wert ist, nur um sie gesehen zu haben, dann rufen Sie sich ins Bewusstsein zurück, dass Sie ihr nie wieder so nahe sein werden und dass Sie die Tatsache, sie nicht gesehen zu haben, möglicherweise bereuen werden.
Was hatte Valerie in Bordeaux gesehen? Was auch immer es sein mochte, jetzt war ich diejenige, die ›sie nicht gesehen zu haben‹ bereute. Und was war mit Jack Greenfield? Ein Fall von ›es nicht gesagt haben‹. Die Behauptung, nicht zu wissen, wie so eine sagenhafte Flasche in den Besitz seiner Familie gekommen war, erschien unglaubwürdig. Ich klappte das Buch zu und löschte das Licht. In ein paar Stunden würde es wieder hell werden. Zweiter Tag der Cabernet-Lese.
Am Morgen würde ich Quinn sehen.
Er erschien, noch bevor die Arbeiter kamen, mit unsicheren Schritten und in derselben Kleidung, die er am Tag zuvor getragen hatte. Mit blutunterlaufenen Augen, zerzaustem Haar und unrasiert sah er erbärmlich aus. Als er etwas dichter herankam, glaubte ich, den leichten Geruch von Parfüm an seinem Hemd wahrzunehmen. Schwer zu sagen, da er sich mit Quinns Körpergeruch und dem Dunst von Schnaps und abgestandenem Tabakrauch mischte. Mein Gott, was hatte der Mann letzte Nacht gemacht? Wo war er gewesen, und mit wem hatte er sich herumgetrieben?
Fast hätte ich ihn gefragt, ob er eine Sauftour gemacht und jemanden – alles, was ihm in die Quere kam – abgeschleppt habe, um sich zu trösten, nachdem er Nicole mit Shane getroffen hatte. Doch es ging mich nichts an. Allerdings ging mich etwas an, dass in zwanzig Minuten die Arbeiter aufkreuzen und ihren Chef in einem Zustand antreffen würden, als habe er im Alleingang das gesamte County Loudoun innerhalb einer Nacht trockengelegt.
Wir arbeiteten mit gefährlichen Gerätschaften. In dieser Verfassung konnte ich ihn hier nicht bleiben lassen.
»Gehen Sie nach Hause!« Meine Stimme war heiser vor Ärger und Enttäuschung. »Sie sind betrunken, Sie stinken, und Sie sehen einfach furchtbar aus. Ich will nicht, dass irgendjemand Sie so sieht. Es ist eine gottverdammte Frechheit, hier in diesem Zustand aufzukreuzen. Vor allem heute, wo so viel für uns auf dem Spiel steht.«
»Guten Morgen auch, Susie Sunshine. Sind mal wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden, was, Schätzchen?« Er lallte immer noch. Ich hätte ihn erwürgen können.
»Machen Sie, dass Sie rauskommen! Gehen Sie nach Hause, und schlafen Sie Ihren Rausch aus. Ich will Sie erst wieder sehen, wenn Sie nüchtern sind.«
Er streckte sich. »Ich fühle mich ausgezeichnet.« Er schielte, als er seinen Blick auf mich zu konzentrieren versuchte, und schwankte leicht.
»Sie sind immer noch betrunken. Und Sie werden nicht hier sein, wenn die Arbeiter kommen!« Meine Stimme zitterte, genau wie meine Hände. »Das ist in einer Viertelstunde. Gehen Sie. Bitte!«
»Wem sagen Sie, dass er verschwinden soll?« Er taumelte auf mich zu.
Einen Moment lang dachte ich, er würde mir vor die Füße fallen. Ich wollte weg von ihm und dieser pathetischen Szene, doch ich biss die Zähne aufeinander und sagte: »Meinem Angestellten.«
Er sah mich an, als habe ich ihn gerade geohrfeigt. Ich drehte mich um, und halb ging, halb rannte ich in den Weinkeller, wobei ich mich wie eine alte Frau auf meine Krücke stützte. Meine Beine fühlten sich wie Pudding an, als ich die Tür zuknallte, ohne noch einmal zu sehen, ob er mir gefolgt war. Ich brauchte so lange für das Einschalten der Ventilatoren, die das über Nacht gebildete Kohlendioxyd im Raum verteilen sollten, dass mir durch das Gas bereits schwindlig wurde.
Ich hoffte, er hätte nicht bemerkt, wie stark ich gezittert hatte. Obwohl er in seinem Zustand wahrscheinlich noch nicht einmal gemerkt hätte, wenn Manolo ihn mit seinem Lastwagen überfahren hätte. Gott sei ihm gnädig, falls er immer noch dort sein sollte, wenn die Arbeiter kamen. Doch
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