Der Bordeaux-Betrug - Der Bordeaux-Betrug - The Bordeaux Betrayal
kamen, quollen die Blumenkästen von gelben und weißen Winter-Stiefmütterchen über, und in den halbierten Weinfässern blühten gelbe, rostrote und flammend orangenfarbige Chrysanthemen. Die Überraschung war die Vogelscheuche, gekleidet wie ein Bauer, mit Ausnahme des Hawaiihemds, das sie offenbar Quinn stibitzt hatte. Die Vogelscheuche stand auf einem Heuballen neben der alten Kanone aus dem Bürgerkrieg, mit der angeblich in der Schlacht von Middleburg geschossen worden war. Zu Füßen der Kanone und des Heuballens hatte Frankie Kürbisse und weitere Chrysanthemen platziert. Ich hätte Frankie küssen können. Der Hof sah wundervoll aus.
Sobald Pépé und ich den Weinkeller betreten hatten, stellte ich die Ventilatoren an. Die primären Gärungsprozesse, die bei der Lese eingesetzt hatten, verlangsamten sich bereits. Das Brodeln und Schäumen wie in einem Hexenkessel war zu einem Köcheln geworden.
Ich holte den Weinheber und zwei Gläser. Pépé öffnete das Zapfloch eines der Fässer, während ich den Weinheber – der an ein bauchiges, unten und oben offenes Thermometer mit einem Griff erinnerte – hineinhielt und eine geringe Menge des vorjährigen Cabernet Sauvignon in den Hohlraum sog. Als ich den Wein in unsere Gläser fließen ließ, schloss Pépé das Fass sofort wieder, um Fruchtfliegen fernzuhalten.
Mein Großvater verwirbelte den Inhalt in seinem Glas, steckte seine Nase hinein und schnüffelte kräftig. Ich beobachtete ihn, als er den Wein in seinem Mund kreisen ließ. Der Cabernet musste noch ein weiteres Jahr in seinem Fass reifen, bevor wir ihn in Flaschen abfüllen konnten, dennoch würden wir eine Vorstellung davon bekommen, was dieser Wein versprach. Ich versuchte, nicht an Pépé im Kreis seiner Kollegen im Chevaliers du Tastevin zu denken, wie sie einige der weltbesten Weine probierten und begutachteten, während ich auf sein Urteil über meinen ein Jahr alten Virginia-Cabernet wartete.
Schließlich sagte er: »Volles Bukett. Angenehme Würze. Der Abgang entwickelt sich schön. Du produzierst guten Wein, Lucie.«
»Ehrlich?«
»Glaubst du, ich würde dich belügen?«, sagte er. »Und jetzt lass mich diese berühmte Flasche sehen.«
Ich holte den Margaux und stellte ihn vor ihn auf den langen Tisch. Er griff in die Brusttasche und holte seine Lesebrille heraus.
» Formidable «, sagte er. » Un vrai Margaux . Ich habe noch nie einen so alten gesehen, aber andere, die auch schon ganz schön in die Jahre gekommen waren.«
»Kannst du dir vorstellen, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmt?«
»Nicht stimmt – was?«
»Ich weiß es nicht. Valerie Beauvais hat irgendetwas über diese Flasche erfahren, als sie in Bordeaux war. Ich habe keine Ahnung, was es ist.«
Er untersuchte die Beschriftung, fuhr mit dem Finger über die Datierung – 1790. »Vielleicht stammt sie nicht aus jenem Jahr, auch wenn der Wein alt ist. Möglicherweise hat man die Schriftzeichen später eingeätzt.«
»Wie können wir denn dann feststellen, wie alt der Wein ist?«
»Ihr müsstet die Flasche öffnen und den Wein testen. Kohlenstoffdatierung. Das Verfahren ist teuer. Man braucht ein Speziallabor dafür.«
»Ich wüsste gerne, ob Valerie in Frankreich eine andere Flasche genau wie diese gesehen hat.«
»Oder eine ähnliche.«
»Das würde erklären, warum Jack sie zurückhaben will. Um genauere Untersuchungen zu verhindern«, sagte ich. »Weil er weiß, was Valerie gesehen hat.«
»Du musst bedenken, dass es trotz des Verfahrens schwierig ist, das genaue Jahr zu bestimmen«, sagte er. »Man kann bestenfalls nachweisen, dass der Wein nicht Ende des zwanzigsten Jahrhunderts hergestellt wurde. Wäre er es, dann wäre der Kohlenstoff-14-Anteil aufgrund der Atombombentests in der Atmosphäre während der 50er und 60er Jahre erhöht.« Er zuckte die Achseln. »Ansonsten wird man nur mit Sicherheit sagen können, dass er aus der Zeit zwischen Ende des 17. und Mitte des 20. Jahrhunderts stammt.«
»Dreihundert Jahre! Das hilft uns auch nicht weiter.«
»Unglücklicherweise nicht.«
»Würdest du jemanden umbringen, um eine Information wie diese geheim zu halten?«
Pépé schaute bestürzt drein. » Mon Dieu , natürlich nicht. Außerdem könnte jeder betrogen werden. Im Laufe der Jahre hat es viele Skandale gegeben, bei denen es um gefälschte Bordeaux-Weine ging, weil sie so gefragt sind.«
»Heute Abend muss ich die Flasche zurückgeben. Zusammen mit einer Flasche Château Dorgon. Warum begleitest du
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