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Der Boss

Der Boss

Titel: Der Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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Emine?«
    »Kann schon sein.«
    Jetzt meldet sich Kleinmüller zu Wort, der seinen Blick kaum von Emines Dekolleté lösen kann:
    »Interessante Family, in die du da einheiratest, Daniel. Ich denke, Emine ist the perfect choice als Praktikantin – was meinst du?«
    »Tja …«
    »Egal, ist schon gegreenlighted. Ich habe einfach ein zu weiches Herz im Moment. Ist der Dalai Lama schuld.«
    »Das heißt, Emine ist jetzt meine Praktikantin?«
    »Exactly. Also zeig Emine schon mal die Firma, dann kann sie morgen anfangen.«
    Tante Emine zwinkert mir zu. Dann wendet sie sich an Kleinmüller.
    »So, und jetzt, wir müssen sprechen über Geld.«
    »Praktikanten kriegen bei uns kein Geld.«
    »Gucken wir später. Trinken wir erst mal Tee.«
    Völlig verdattert gehe ich mit Emine in den Flur.
    »Emine, du hast mir doch mal gesagt, die Werbebranche interessiert dich einen Scheiß.«
    »Kann schon sein.«
    »Aber du willst trotzdem hier arbeiten?«
    »Irgendwie schon.«
    »Oder machst du das nur, um dem Konflikt mit deiner Mutter aus dem Weg zu gehen?«
    »Wäre möglich.«
    »Denkst du nicht, es wäre besser, wenn du offen mit deiner Mutter redest?«
    »Wozu?«
    »Na, damit du einen Job machen kannst, der dir besser gefällt.«
    »Welchen denn?«
    »Na, einen, der dich interessiert.«
    »Hmmm.«
    »Was interessiert dich denn überhaupt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht würdest du gerne Haare schneiden?«
    »Geht nicht ohne Ausbildung.«
    »Dann machst du halt die Ausbildung.«
    »Dauert zu lange.«
    »Oder du könntest kellnern?«
    »Zu stressig.«
    »Oder willst du vielleicht studieren?«
    »Guter Witz.«
    »Aber du musst doch irgendwelche Interessen haben?«
    »Weiß nicht. Tanzen.«
    »Dann werde doch Tänzerin.«
    »Hmmm.«
    »Da gibt es viele Möglichkeiten – im Musical, Ballett …«
    »Darf man dann noch rauchen?«
    »Wahrscheinlich eher nicht.«
    »Dann nicht.«
    »Na gut. War ein Versuch. Du fängst also hier an. Willkommen bei Creative Brains .«
    »Okay.«
    »Wie wär’s, wenn ich dir zuerst mal unser Studio zeige?«
    Zum ersten Mal sehe ich so etwas wie Wissensdurst in Emines Augen:
    »Ihr habt ein eigenes Studio?«
    »Ja. Rüdiger Kleinmüller hat vor drei Jahren die Nachbarwohnung gekauft und zum Studio umfunktioniert. Interessiert dich das?«
    »Ja. Das Studio bei uns um die Ecke hat jetzt neu die Beauty Angel C 46 von Ergoline. Und was für Bänke habt ihr?«
    Ich seufze:
    »Das ist kein Sonnenstudio. Das ist ein Foto- und Filmstudio. Für Werbeaufnahmen.«
    »Ach so.«
    »Willst du es trotzdem sehen?«
    »Irgendwie nicht.«
    In diesem Moment kommt Tante Emine aus Rüdiger Kleinmüllers Büro.
    »Ayda be ş yüz Euro alacaksın.«
    Plötzlich hellt sich Emines gelangweilte Miene auf, und sie antwortet ihrer Mutter in bühnenreifer Lautstärke:
    »500 Euro im Monat? Super!«
    Offenbar ist es eine alte osmanische Tradition, seinen Brutto-Verdienst sofort nach der Einstellung durch die Firma zu brüllen. Vor allem die beiden anderen Praktikanten, die umsonst bei Creative Brains arbeiten, zeigen spontanes Interesse. Aber das ist Kleinmüllers Problem. Mein Problem könnte sich noch als wesentlich schwerwiegender erweisen: Aylins Cousine ist ab morgen meine Praktikantin. Im Moment kann ich nur ahnen, was das für mich bedeutet. Emine und ihre Mutter verabschieden sich mit Wangenküsschen von mir, und ich habe das dumpfe Gefühl, dass gerade irgendetwas in meinem Leben dramatisch schiefläuft.

[Menü]
29
    Zwei Tage und 41 Minuten nach der
geplatzten Hochzeit.
    Ich sitze im Kreativbüro, öffne eine Mail von Jupp Süffels und freue mich wie immer, wenn ein Kölscher sich um besonders korrektes Hochdeutsch bemüht:
    Sehr geehrter Herr Hagenberger,
    noch einmal herzlichen Dank für Ihren innovativen Werbe-Slogan Echt typisch kölsch , der auch von meiner Belegschaft durch die Bank bezüglich einer Meinung mit positivem Befund aufgenommen zu werden konnte.
    Anbei schicke ich Ihnen sowohl das musikalische Playback als auch den textlichen Schriftbeitrag für das Lied, mit dem der Ralf in die Position eines Superstars befindlich zu machen angedacht wird.
    Ich hoffe, Sie stimmen mir zu, dass Horst Zick sich mit dem schriftlichen Arrangement ebenso selbst übertroffen hat wie mit der musikalischen Kompensation.
    Ich wünsche Ihnen von meiner Seite her ein gutes Gelingen und freue mich, demnächst von Ihnen hören dürfen zu können.
    Mit fröhlichen Grüßen,
    Jupp Süffels.
    Zuerst klicke ich auf das Word-Dokument

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