Der Boss
karierten Filzmantel angesprochen:
»Frauenparkplätze sind nur für Frauen ohne männliche Begleitung.«
»Okay. Wenn Sie mit ›männlich‹ meinen: Ein X- und ein Y-Chromosom – schuldig im Sinne der Anklage. Wenn Sie sich aberauf den Testosteronwert beziehen, dann kenne ich einige Frauen, die hier weniger parken dürften als ich.«
»Wollen Sie mich verarschen?«
»Lassen Sie mich kurz überlegen … Ja, das war mein Plan.«
»Und was soll das?«
»Es hat mir Spaß gemacht. Genau wie das Parken auf einem Frauenparkplatz. Sollten Sie auch mal probieren. Sie werden sehen: Das befreit.«
Der Mann winkt ab und geht. Aylin nimmt mich grinsend an der Hand und zieht mich ins Treppenhaus, das direkt in die gigantische gläserne Innenhalle des Multiplex-Kinos im Kölner ›Mediapark‹ führt.
»Daniel, du wartest draußen auf Mark und Tanja – ich hole die Karten. Okay?«
»Okay. Oder ich hole die Karten und du wartest draußen auf Mark und Tanja.«
Aylin schaut mich irritiert an. Ich habe kurz vergessen, dass ich der Boss bin. Also entscheide ich , dass wir das tun, was Aylin gesagt hat:
»Gut. Ich gehe dann mal raus.«
Ich trete aus der großen Drehtür. Einige Meter entfernt, vor einem Harry-Potter-Plakat, knutschen Mark und Tanja. Als Mark mich sieht, löst er sich von seiner neuen Freundin und überlegt ein paar Sekunden lang, ob wir uns in Tanjas Gegenwart mit der Stimme von Udo Lindenberg begrüßen sollen oder nicht. Ich nehme ihm die Entscheidung ab:
»Dübndüdüüüüü! Eeeeey, Mark, was geht bräutetechnisch ab?«
Mark guckt kurz entschuldigend zu Tanja, dann verfällt auch er in unser altes Begrüßungsritual:
»Dübndüdüüüüü … ja voll die panikmäßige Halligalli-Zeit …«
Irgendwie fühlen sich alberne Männer-Rituale seltsam an, wenn eine Frau dabei ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass Tanja mit den Augen rollt und ironisch wird:
»O wow! Ihr könnt Udo Lindenberg imitieren! Wie geil ist das denn?!«
In dem Moment kommt Aylin aus der Drehtür:
»Ich hab die Karten. Ice Age 3 – Mitte / Mitte. Perfekt.«
Diverse Wangenküsschen werden ausgetauscht. Mark und ich mutieren bei der Aussicht, einen guten Animationsfilm zu sehen, regelmäßig zu achtjährigen Jungen. Sogar in Aylins und Tanjas Gegenwart gestehen wir uns noch gut 25 – 30 % unserer normalen Albernheit zu:
»Weißt du noch, wie Scrat im letzten Teil mit der Zunge an der Eisdecke kleben bleibt?!«
»Ja, haha, und dann schwingt er hin und her, um trotzdem an die Nuss zu kommen …«
»… dann ist er unter Wasser und schneidet mit den Zähnen die Eisscholle frei …«
»… und die dreht sich, aber die Nuss ist immer auf der anderen Seite …«
Mark und mir verursacht die Erinnerung an die beste Slapstick-Szene von Ice Age 2 Lachtränen, während sich Aylin und Tanja schulterzuckend mit einem So-sind-Männer-nun-mal-Blick anschauen. Wenn sie wüssten, dass wir mit Rücksicht auf sie darauf verzichtet haben, lustige Comic-Geräusche in unser Gespräch einzubauen, wären sie uns jetzt dankbar. Ich nehme Aylin in den Arm.
»So, lasst uns reingehen – dann können wir noch Käse-Nachos besorgen.«
Wir gehen durch die große Drehtür und wollen zum Popcorn-Stand, aber Aylin stoppt mich und winkt jemandem. Kurz darauf kommen meine Eltern auf uns zu. Meine Eltern! Im Cinedom ! Einem kommerziellen Kino!
Ich schaue ebenso verblüfft wie Mark und Tanja. Aylin strahlt über das ganze Gesicht:
»Überraschung!«
Angeblich benötigt man für ein Lächeln nur siebzehn Muskeln, aber keiner von ihnen erhält gerade einen Impuls aus meinem Großhirn. Aylin fragt sicherheitshalber nach:
»Na, freust du dich?«
Es ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, um Aylin darüber aufzuklären, dass wir Deutschen es strikt vermeiden, Eltern und Freunde zusammenzubringen.
»Ja, das ist in der Tat eine … Überraschung.«
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31
2 Tage, 9 Stunden und 46 Minuten nach
der geplatzten Hochzeit.
Meine Eltern begrüßen Aylin und mich mit Wangenküsschen und reichen Mark und Tanja die Hand. Sie strahlen übers ganze Gesicht. Meine Mutter jauchzt vor Freude:
»Das ist ja so schön, dass wir mit euch ins Kino gehen. Ich bin ganz aufgeregt. Wir haben so lange nichts mehr zusammen unternommen.«
Mein Vater ergänzt:
»Das war wirklich eine ausgezeichnete Idee von dir, Aylin.«
»Wisst ihr, Daniel hat jetzt so viel Zeit mit meiner Familie verbracht. Da habe ich gedacht: Bestimmt hat er seine
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