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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Calvin-Klein-Kostüms war Elizabeth schlank wie ein Model. Trotzdem waren ihr der Streß und die Belastung durch ihre ungewohnte neue Rolle als berufstätige Mutter anzumerken. Ihr kurzes aschblondes Haar wirkte leicht zerzaust; ihre Augen waren so stark gerötet, daß sie auf ihre Kontaktlinsen verzichtete und lieber eine Hornbrille trug. Michael fand, damit sehe sie wie eine fürs Examen büffelnde Jurastudentin aus.
    »Wie ist's, wieder in der Tretmühle zu sein?« fragte er.
    »Als ob man nie weggewesen wäre. Kannst du bitte irgendwo anhalten, damit ich eine Zigarette rauchen kann? Mit den Kindern im Wagen möchte ich nicht rauchen.«
    »Ich möchte nicht unnötig halten.«

    »Komm schon, Michael!«
    »In Riverhead muß ich ohnehin tanken. Dort kannst du deine Zigarette rauchen. Diese Kiste braucht auf hundert Kilometer ungefähr hundert Liter. Wahrscheinlich muß ich zwischen hier und der Insel noch ein paarma l volltanken.«
    »O Gott, du fängst doch nicht wieder an, wegen des Jaguars zu jammern?«
    »Ich verstehe bloß nicht, warum du deinen Mercedes behalten durftest und ich dieses Ungetüm fahren muß. Damit komme ich mir wie eine Fußballmutti vor.«
    »Wir haben ein größeres Auto gebraucht, und der Mechaniker hat mehr Zeit mit deinem Jaguar verbracht als du.«
    »Ich bin trotzdem nicht glücklich damit.«
    »Alles nur Gewohnheit, Darling.«
    »Wenn du so weiterredest, kriegst du mich heute abend nicht in die Falle.«
    »Vorsicht mit leeren Drohungen, Michael.«
    Der Expressway endete in der Kleinstadt Riverhead. Michael hielt an einem nachts geöffneten Supermarkt mit Tankstelle und füllte den Tank. Elizabeth ging einige Schritte von der Zapfsäule weg, um zu rauchen, und trat von einem Fuß auf den anderen, um sich warmzuhalten. Sie hatte dem Rauchen in der Schwangerschaft abgeschworen, aber als sie zwei Wochen nach ihrer Entbindung erneut von Alpträumen geplagt wurde, rauchte sie wieder, um ihre Nerven zu beruhigen.
    Michael raste über die North Fork von Long Island nach Osten weiter, vorbei an endlosen Weideflächen und wie schlafend daliegenden Weingärten. Ab und zu sah er links von sich den Long-Island-Sund: schwarz, im Mondschein glänzend.
    Michael erreichte das Dorf Greenport und fuhr durch stille Straßen zur Anlegestelle der North Ferry.
    Elizabeth schlief. Michael zog seine Lederjacke an und stieg an Deck aus. Schaumgekrönte Wogen brandeten gegen den Bug der Fähre an und ließen Gischt bis an Deck stieben. Es war bitterkalt, aber die Motorhaube fühlte sich angenehm warm an.
    Michael setzte sich darauf und vergrub seine Hände in den Jackentaschen. Vor ihm lag Shelter Island jenseits des Sunds: eine dunkle Masse, aus der sich nur ein angestrahltes großes weißes Sommerhaus etwas außerhalb von Dering Harbor abhob.
    Cannon Point.
    Als die Fähre anlegte, stieg Michael wieder ein und ließ den Motor an. »Ich hab' dich beobachtet, Michael«, sagte Elizabeth, ohne ihre Augen zu öffnen. »Du hast wieder daran gedacht, stimmt's?«
    Es hatte keinen Zweck, sie zu belügen. Er dachte daran - an die Nacht vor einem Jahr, als ein ehemaliger KGB-Attentäter mit dem Decknamen Oktober in Cannon Point versucht hatte, sie beide zu ermorden.
    »Tust du das oft?« fragte sie, indem sie sein Schweigen als Bejahung auffaßte.
    »Das kommt von selbst, wenn ich hier auf der Fähre bin und zum Haus deines Vaters hinübersehe.«
    »Ich denke ständig daran«, stellte sie nüchtern fest. »Ich frage mich jeden Morgen, wenn ich aufwache, ob dies der Tag sein wird, an dem ich endlich nicht mehr daran denken muß. Aber die Erinnerung daran verblaßt nie.«
    »Das braucht Zeit«, sagte Michael. Nach einer Pause fugte er hinzu: »Sehr viel Zeit.«
    »Glaubst du wirklich, daß er tot ist?«
    »Oktober?«
    »Ja.«
    »Die Agency geht davon aus.«
    »Was ist mir dir?«
    »Mir wäre wohler, wenn seine Leiche auftauchen würde, aber das tut sie bestimmt nicht.«
    In Shelter-Island-Heights fuhren sie an den viktorianischen Landhäusern und den holzverkleideten Läden vorbei und rasten die Winthrop Road entlang. Dering Harbor lag im Mondsche in vor ihnen; die weite Wasserfläche war leer bis auf Cannons Slup Athena, die mit dem Bug in den Wind gedreht an ihrer Boje lag.
    Michael folgte der Shore Road ins Dorf hinein und hielt wenig später am Tor von Cannon Point.
    Der Wachmann am Tor trat aus seiner Hütte und leuchtete den Wagen mit seiner Stabtaschenlampe ab. Seit dem Mordversuch ließ Douglas sich die

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