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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sie wolle ihn nie wiedersehen. Michael glaubte, er habe sie für immer verloren.
    Von diesen ersten Lügen hatte ihre Beziehung sich nie ganz erholt. Elizabeth setzte Michaels Arbeit wegen Sarah mit anderen Frauen gleich. Sie reagierte auf jede Dienstreis e, als betrüge er sie. Kam er dann wieder nach Hause, suchte sie seinen Körper unbewußt nach Spuren einer Geliebten ab. Der Tag, an dem er die Agency verlassen hatte, war für sie der glücklichste Tag ihres Lebens gewesen. Jetzt würde alles wieder von vorn beginnen.
    Michael überquerte die Fifth Avenue, trat unter das Vordach des Apartmentgebäudes, schlüpfte am Portier vorbei und fuhr mit dem Aufzug in den vierzehnten Stock hinauf.
    Elizabeth saß noch genau dort, wo er sie vor zwei Stunden verlassen hatte: von Aktenstapeln umgeben auf der Couch unter dem großen Fenster. Der Aschenbecher auf dem Fußboden quoll von halbgerauchten Zigaretten über. Sie verteidigte eine Bugsierreederei auf Staten Island, die angeklagt war, vor New Jersey Öl abgelassen und die Umwelt verschmutzt zu haben. Die Verhandlung würde in zwei Wochen beginnen - ihr erster Fall, seit sie wieder arbeitete. Elizabeth arbeitete zuviel, trank zuviel Kaffee und rauchte zuviel. Michael küßte sie auf die Stirn und nahm ihr die qualmende Zigarette aus den Fingern. Elizabeth sah ihn über ihre Lesebrille hinweg an und konzentrierte sich dann wieder auf den gelben Schreibblock, auf dem sie sich in ihrer großzügigen runden Schrift Notizen machte. Dabei griff sie geistesabwesend nach ihren Zigaretten und zündete sich eine neue an.
    »Du rauchst zuviel«, sagte Michael.
    »Ich höre auf, wenn du's tust«, antwortete Elizabeth, ohne aufzusehen. »Wie war das Abendessen?«
    »Das Essen war gut.«
    »Was haben sie gewollt?«
    »Sie wollen, daß ich zurückkomme. Sie haben einen Job für mich.«
    »Was hast du geantwortet?«
    »Daß ich erst mit dir darüber reden will.«
    Elizabeth ließ ihren Schreibblock auf den Boden fallen und nahm ihre Lesebrille ab. Sie war erschöpft und nervös - eine tödliche Kombination. Nach einem Blick in ihre Augen hatte Michael keine Lust mehr, das Gespräch fortzusetzen, aber Elizabeth ließ nicht locker.
    »Was für ein Job ist das?«
    »Ich soll eine Sonderkommission für Nordirland leiten.«
    »Warum du?«
    »Ich habe schon mal in Nordirland gearbeitet, und ich kenne die Arbeit in der Zentrale. Monica und Adrian finden, das seien ideale Voraussetzungen für diesen Job.«
    »Monica hat letztes Jahr versucht, dich aus der Agency rauszuwerfen, und dein alter Freund Adrian hat verdammt wenig getan, um sie daran zu hindern. Woher dieser plötzliche Sinneswandel?«
    »Sie sagt, alles sei vergeben.«
    »Und du willst ihr Angebot offenbar annehmen. Sonst hättest du auf der Stelle nein gesagt.«
    »Ja, ich will es annehmen.«
    »Jesus!« Sie drückte ihre Zigarette aus und zündete sich sofort eine neue an. »Warum, Michael? Ich dachte, du bist mit der Agency fertig. Ich dachte, du wolltest ein neues Lebenskapitel beginnen.«
    »Das habe ich auch gedacht.«
    »Warum läßt du dich dann wieder darauf ein?«
    »Weil ich diese Untätigkeit hasse! Weil ich gerne morgens aufstehen und zur Arbeit fahren möchte.«
    »Warum suchst du dir nicht einen Job? Deine Verletzung liegt schon ein Jahr zurück. Du bist völlig wiederhergestellt.«
    »Es gibt nicht viele Firmen, die Mitarbeiter mit meinen Kenntnissen suchen.«
    »Du könntest für wohltätige Einrichtungen arbeiten. Geld brauchen wir keines.«
    »Geld brauchen wir keines, weil du einen Job hast. Einen wichtigen Job.«
    »Und du willst auch einen wichtigen Job haben.«
    »Ja, ich glaube, wenn ich mithelfen könnte, Nordirland Frieden zu bringen, wäre das eine erfüllende und lohnende Erfahrung.«
    »Ich bringe deine Seifenblase nicht gern zum Platzen, aber die Nordiren sind schon sehr lange dabei, sich gegenseitig umzubringen. Sie führen Krieg oder schließen Frieden, ohne sich darum zu kümmern, was die CIA für richtig hält.«
    »Es gibt einen weiteren Grund«, sagte Michael. »Dein Vater ist dabei, ein potentielles Ziel für Terroranschläge zu werden, und ich möchte dafür sorgen können, daß ihm nichts zustößt.«
    »Wirklich edel und selbstlos!« Ihre Augen blitzten. »Wie kannst du's wagen, meinen Vater da hineinzuziehen? Wenn du in die Agency zurückwillst, solltest du Wenigstens soviel Anstand haben, nicht meinen Vater als Krücke zu benützen.«
    »Die Arbeit fehlt mir, Elizabeth«, sagte er leise. »Das

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