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Der Botschafter

Der Botschafter

Titel: Der Botschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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die nie durch lästige moralische Skrupel behindert worden war.
    Sie kontrollierte die Umstände, unter denen sie arbeitete, lässig wie ein erfahrener Geheimdienstprofi. Die Rituale geheimdienstlicher Tätigkeit paßten so gut zu Monica wie ihr Chanel-Kostüm.
    »Offen gesagt verstehe ich, warum Sie damals gegangen sind«, sagte sie, indem sie einen Ellbogen aufstützte und die Hand unter ihr Kinn legte. »Sie sind wütend auf mich gewesen, weil ich Sie vom Dienst suspendiert hatte. Aber ich habe die Suspendierung zurückgenommen und jeglichen Hinweis darauf aus Ihrer Personalakte tilgen lassen.«
    »Soll ich dafür dankbar sein, Monica?«
    »Nein, nur professionell damit umgehen.«
    Monica machte eine Pause, als die Vorspeise serviert wurde.
    Sie schob ihren Salat von sich weg, um zu signalisieren, daß sie jetzt noch nicht essen wollte. Carter hielt den Kopf gesenkt und vertilgte einen Teller gegrillte Calamari.
    »Ich wollte raus, weil Sie mich im Stich gelassen hatten, und weil die Agency mich im Stich gelassen hatte«, sagte Michael.
    »Ein Geheimdienst hat Vorschriften, an die seine Offiziere und Agenten sich halten müssen«, sagte Monica. »Das sollte ich Ihnen nicht erklären müssen, Michael. Sie sind in der Agency aufgewachsen. Sie haben die Vorschriften gekannt, als Sie bei uns unterschrieben haben.«
    »Um welchen Auftrag geht's denn?«
    »Das klingt schon besser!«
    »Ich habe noch nicht zugesagt«, widersprach Michael rasch.
    »Aber ich bin bereit, mir anzuhören, worum es geht.«
    »Der Präsident hat uns angewiesen, eine Sonderkommission zur Bekämpfung des Terrorismus in Nordirland zu bilden.«
    »Weshalb sollte ich mich mit Nordirland befassen wollen?
    Ulster ist ein Problem der Briten, das nur sie etwas angeht. Wir sind lediglich Zuschauer.«
    »Wir verlangen nicht, daß du aus dem Ruhestand zurückkommst und die Ulster Freedom Brigade infiltrierst, Michael«, warf Carter ein.
    »Dafür bin ich aber zuständig, Adrian.«
    »Nein, Michael, dafür sind Sie zuständig gewesen«, stellte Monica fest.
    »Wieso interessiert die Agency sich plötzlich so sehr für Nordirland? Ulster hat in Langley nie einen besonders hohen Stellenwert gehabt.«
    »Der Präsident betrachtet das Friedensabkommen für Nordirland als einen der größten außenpolitischen Erfolge seiner Amtszeit«, sagte Monica. »Aber er weiß auch so gut wie wir, daß diese Vereinbarungen blitzschnell zunichte sein können.
    Was er von der Agency braucht, sind Informationen und ständige Lagebeurteilungen. Er muß wissen, wann er sich einmischen und die Beteiligten unter Druck setzen muß, wann es ratsam ist, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Er muß wissen, wann öffentliche Äußerungen von seiner Seite nützlich oder eher kontraproduktiv wären.«
    »Was wollen Sie also von mir?«

    »Es geht nicht darum, was ich will, sondern was James Beckwith will. Und der Präsident möchte, daß Sie diese neue Sonderkommission leiten.«
    »Warum ich?«
    »Weil Sie ein in Terrorismusbekämpfung erfahrener Offizier sind, der das dortige Terrain kennt. Außerdem wissen Sie, wie unsere Zentrale funktioniert und kennen sich im Umgang mit der Bürokratie aus. Sie haben einen starken Verbündeten in Adrian ...« Monica zögerte einen Augenblick, »... und in mir.
    Ein weiterer Grund wäre, daß Ihr Schwiegervater unser nächster Botschafter in London sein wird.«
    »Ich lebe jetzt in New York«, wandte Michael ein. »Elizabeth hat ihren Job in Washington aufgegeben und ist in eine New Yorker Kanzlei eingetreten.«
    »Sie können in New York arbeiten und jede Woche ein paarmal mit dem Shuttle nach Washington fliegen. Solange die Sonderkommission besteht, übernimmt die Agency die Reisekosten. Anschließend müßten wir eine neue Regelung finden.«
    Monica griff nach der Gabel und spießte einige Salatblätter auf.
    »Und es geht natürlich auch um Oktober«, sagte sie. »Dafür ist Adrian zuständig.«
    Carter schob seinen leeren Teller weg und wischte seinen Mund ab. »Das Attentat auf Achmed Hussein in Kairo ist uns von Anfang an merkwürdig erschienen. Wir haben die Israelis verdächtigt, die Hand im Spiel gehabt zu haben, aber sie haben es öffentlich und auch in privaten Gesprächen abgestritten.
    Deswegen haben wir uns etwas umgehört, an ein paar Türen geklopft. Du weißt ja, wie das geht.« Carter sprach, als schildere er ein ausnehmend langweiliges Wochenende zu Hause. »Wir haben einen Informanten im Mossad. Von ihm wissen wir, daß Mossad-Chef

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