Der Botschafter
kannten, hatten jemals sein Gesicht gesehen. Die einzigen Fotos, die es von ihm gab, klebten in seinen gefälschten Pässen, und Delaroche hatte sein Aussehen auf allen so verändert, daß sie für Fahndungszwecke unbrauchbar waren. Auf Bahnhöfen und Flughäfen trug er immer Baseballmütze und Sonnenbrille, um sich vor Überwachungskameras zu tarnen. Trotzdem war er sich darüber im klaren, daß die CIA von seiner Existenz wußte und im Lauf der Jahre ein recht umfangreiches Dossier über seine Auftragsmorde angelegt hatte.
»Was für ein Sicherheitsproblem?« fragte Delaroche.
»Die CIA hat Interpol und alle befreundeten Geheimdienste alarmiert. Sie sind auf eine internationale Fahndungsliste gesetzt worden. Jeder Paßkontrolleur und Grenzpolizist in Europa hat das hier ...«
Der Direktor zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Innentasche seines Jacketts und legte es Delaroche hin. Als Delaroche das Blatt auseinanderfaltete, starrte ihn sein Phantombild an. Es war erstaunlich lebensecht und ähnlich - offenbar das Produkt eines leistungsfähigen Computers.
»Ich dachte, die Amerikaner hielten mich für tot.«
»Das habe ich auch geglaubt, aber jetzt scheinen sie Sie für höchst lebendig zu halten.« Der Direktor machte eine Pause, um sich eine Zigarette anzuzünden. »Sie haben Achmed Hussein nicht ins Gesicht geschossen, stimmt's?«
Delaroche nickte bedächtig und tippte sich mit einem Zeigefinger an die Brust. Er kannte nur eine einzige professionelle Eitelkeit: Über Jahre hinweg hatte er die meisten seiner Opfer mit drei Schüssen ins Gesicht getötet. Das hatte er vermutlich getan, um seine Feinde wissen zu lassen, daß er existierte. Delaroche waren nur noch zwei Dinge im Leben wichtig, seine Malerei und sein Handwerk. Aus Sicherheitsgründen ließ er seine Gemälde unsigniert, und wenn er welche verkaufte, blieb er selbst anonym. Er hatte es vorgezogen, seine Morde mit einer Signatur zu versehen.
»Wer steckt dahinter?« fragte Delaroche.
»Ihre alter Freund Michael Osbourne.«
»Osbourne? Ich dachte, er sei pensioniert.«
»Er ist vor kurzem aus dem Ruhestand zurückgeholt worden, um eine CIA-Sonderkommission zur Bekämpfung des Terrorismus in Nordirland zu leiten. Auch auf diesem Gebiet hat Osbourne anscheinend Erfahrung.«
Delaroche gab dem Direktor das Phantombild zurück.
»Woran haben Sie gedacht?«
»Aus meiner Sicht gibt es nur zwei Möglichkeiten. Tun wir nichts, ist Ihre Einsatzfähigkeit schwer beeinträchtigt, furchte ich. Können Sie nicht reisen, können Sie nicht arbeiten. Und wenn Polizeibeamte in aller Welt Ihr Gesicht kennen, können Sie nicht reisen.«
»Und die zweite Möglichkeit?«
»Wir verschaffen Ihnen ein neues Gesicht und einen anderen Wohnsitz.«
Delaroche blickte übers Meer hinaus. Er wußte, daß er keine andere Wahl hatte, als sein Aussehen operativ zu verändern.
War er nicht einsatzfähig, würde der Direktor ihre Geschäftsbeziehung beenden. Damit verlor er den Schutz der Gesellschaft und die Möglichkeit, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er würde den Rest seines Lebens damit verbringen, sich ängstlich umzusehen und zu fragen, wann seine Feinde ihn liquidieren würden. Delaroche wollte vor allem in Sicherheit leben - also mußte er das Angebot des Direktors annehmen.
»Haben Sie jemanden, der mich operieren kann?«
»Einen Franzosen namens Maurice Leroux.«
»Ist er vertrauenswürdig?«
»Absolut«, sagte der Direktor. »Sie können Griechenland erst nach der Operation verlassen, deshalb muß Leroux herkommen. Ich miete eine Wohnung in Athen, in der er Sie operieren kann. Dort können Sie sich anschließend erholen, bis die Narben verheilt sind.«
»Was wird aus meiner Villa?«
»Die beha lten wir vorläufig. Ich brauche einen Ort für die Frühjahrssitzung des Exekutivrats. Dafür ist Ihre Villa sehr gut geeignet.«
Delaroche sah sich um. Dieses einsame Haus an der Nordküste von Mykonos hatte ihm alles gegeben, was er brauchte: Ungestörtheit, Sicherheit, ausgezeichnete Motive für seine Malerei, anspruchsvolles Gelände für seine Touren mit dem Rennrad. Er wollte es so wenig verlassen, wie er sein voriges Haus an der bretonischen Küste hatte verlassen wollen, aber er wußte, daß ihm keine andere Wahl blieb.
»Wir müssen einen neuen Wohnsitz für Sie finden«, sagte der Direktor. »Wo möchten Sie zukünftig leben?«
Delaroche überlegte kurz. »Amsterdam.«
»Sprechen Sie Holländisch?«
»Nicht viel, aber das
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