Der Bourne Befehl
das sie zwischen den Fingerspitzen hielt. »Die Leute, die jetzt hinter diesem Mann stehen, werden sich sicher von ihm abwenden, wenn er versagt.« Sie steckte das Keksstückchen in den Mund und kaute langsam und genüsslich. »Ein strategisches Manöver, wie beim Schach: kurz zurückziehen, und dann zuschlagen.«
Hendricks beugte sich zurück und beobachtete, wie sie noch ein Stück von dem Keks abbrach und es ihm reichte. Er knabberte nachdenklich daran und ließ die Schokolade im Mund schmelzen. Was sie da vorschlug, widersprach allen Grundsätzen, nach denen er normalerweise handelte. Nachgeben? Danziger seinen Willen lassen? Ein grauenhafter Gedanke.
Er schluckte, und Maggie gab ihm noch ein Stück Keks. Aber andererseits – warum nicht? Schließlich war es das, was der Präsident wollte. Und nicht nur er – auch Marshall und Stokes hatten sich dafür eingesetzt. Hendricks fand die Vorstellung durchaus reizvoll, ihnen allen eine Lektion zu erteilen, vor allem den beiden Generälen, die nichts als Ärger machten. Und dann erst die Schmach für Danziger selbst.
Der Gedanke an Danziger und Indigo Ridge rief ihm etwas anderes in Erinnerung: Warum ließ Peter Marks nichts von sich hören?
Nachdem er die aufgeregte Menge hinter sich gelassen hatte, blieb Karpow erst einmal stehen, um die Situation zu erfassen. Sein Bein tat höllisch weh, aber ansonsten war er unverletzt. Wäre er ein gottesfürchtiger Mensch, so hätte er ein Gebet für Lana Lang gesprochen, die sich in weiser Voraussicht ein Auto mit Seitenairbags gekauft hatte.
Der Regen hatte nachgelassen. Das Wasser strömte immer noch in Bächen über den Rinnstein, doch die Regenwolken verzogen sich, und von dem Wolkenbruch war nur noch ein leichtes Nieseln geblieben. Er sah sich um und stellte fest, dass er keine Ahnung hatte, wo er war. Er musste sich immer noch in der Nähe der Moschee befinden, aber das half ihm nicht wirklich weiter.
Offensichtlich verfolgte ihn der SWR hier in München, und er hatte immer noch keine Ahnung, warum Severus Domna ausgerechnet Tscherkesow in die Moschee geschickt hatte. Vielleicht, dachte er in einem Moment der Schwäche, war es Zeit für einen geordneten Rückzug. Er würde die Stadt nur zu gern verlassen. Ihm blieben nur wenige Tage, um Tscherkesows Auftrag auszuführen. Er sollte Bourne anrufen, ein Treffen vereinbaren und von hier verschwinden. Doch wie er so dastand, gegen eine Ziegelmauer gelehnt, kam ihm ein anderer Gedanke. Wegzulaufen wäre wahrscheinlich ein Fehler. Der SWR würde ihn weiter verfolgen, und er würde nicht herausfinden, was Tscherkesow vorhatte. Er musste sich von Tscherkesow befreien, und dazu musste er irgendetwas gegen ihn in der Hand haben. Die Lösung dazu konnte er vielleicht hier in München finden.
Dann dachte er an diesen Hurensohn Zatschek. Natürlich ist er weiter hinter mir her , dachte er. Und dann wurde ihm plötzlich klar, dass Zatschek ihn zwar in diese Scheiße reingeritten hatte, dass er aber auch derjenige sein konnte, der ihm wieder heraushalf.
Er ging weiter durch die schmalen Straßen, die etwas eindeutig Muslimisches ausstrahlten. Man sah immer mehr Halal-Metzgereien, und es duftete nach Gewürzen aus dem Mittleren Osten. Die Frauen waren züchtig gekleidet, ihre Köpfe verhüllt.
Er ging die Straße hinunter, bis er fand, was er suchte. Bei der nächsten Ecke blieb er stehen, als warte er auf einen Freund, was von der Wahrheit gar nicht so weit entfernt war. Er wartete auf Zatschek, und der enttäuschte ihn nicht. Als Boris ihn sah, ging er weiter – und hinkte um einiges stärker, als es seine Verletzung nötig machte.
Eigenartig, dachte er, während er seine Schritte beschleunigte – sein Bein fühlte sich immer besser an, je länger er es belastete. Er schlüpfte in ein Kleidergeschäft, durchquerte es und eilte durch die Hintertür hinaus – ein Manöver, das Zatschek natürlich vorhersehen würde. Er hinkte die Gasse hinunter, in der jede Menge Mülltonnen standen. Zatschek kam aus der Hintertür des Kleidergeschäfts, als Boris sich bereits dem Ende der Gasse näherte. Er hörte eine Stimme rufen, und im nächsten Augenblick tauchte einer von Zatscheks Killern am Ende der Gasse auf und kam auf Boris zu. Er zog eine Tokarew-Pistole und richtete sie auf Boris’ Brust.
Ohne zu zögern, schnappte sich Boris einen Mülltonnendeckel und knallte ihn dem Mann ins Gesicht. Die Pistole ging los, die Kugel durchschlug den Deckel, verfehlte Boris aber. Als der
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