Der Bourne Befehl
muskulösen Oberschenkel. »Tscherkesows erster Auftrag war nicht, mit Karpow zu sprechen. El-Arian hat ihn in die Moschee geschickt.«
Essai spürte, wie es ihn kalt überlief. Das goldene Licht verdunkelte sich für einen Moment vor seinen Augen. »Die Moschee in München?«
»Genau die.«
»Aber warum?«
Etana seufzte. »Ich müsste ein Zauberer sein, um das zu wissen.«
»Er schickt einen russischen Ex-Geheimdienstchef in die Moschee?« Essai schüttelte den Kopf. »El-Arian muss verrückt sein.«
Etana blickte zu ihm hoch. »Es muss eine bessere Erklärung geben, und wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, was für eine.«
»Was ist mit dem Plan?« Essai wollte nicht an die Moschee denken. Die Moschee und die Leute, die sie leiteten, waren der Grund für den tiefen Hass, der in ihm brannte.
»El-Arian hat mit den einzelnen Direktoren darüber gesprochen, bevor ich in Paris ins Flugzeug stieg, aber ich war bei der Sitzung natürlich nicht dabei. Niemand hat ein Wort gesagt.«
»Das war auch nicht zu erwarten.«
Der Wind drehte, und die Segel begannen zu flattern.
»Vorsicht«, rief Essai.
Im nächsten Augenblick schwang der Baum an ihnen vorbei.
Essai segelte jetzt hart am Wind, der die Segel blähte wie die Wangen eines dicken Mannes. So glitten sie eine Weile fast parallel zur Küste dahin.
Etana legte die Fingerspitzen seiner langen, braunen Pianistenhände aneinander. »Ich muss zugeben, du hattest recht, Jalal. Der Einfluss der Moschee auf die Domna wird mit jedem Tag größer.«
»Dafür ist Abdul-Qahaar verantwortlich«, sagte Essai in bitterem Ton. »Der Diener des Allmächtigen – dass ich nicht lache!«
»Aber wie haben sie El-Arian in ihre Hand bekommen?«
»Man muss Jahrzehnte zurückgehen, zu einem Mann namens Norén, einem Agenten, der die Domna infiltriert hat. Sie setzten ihn hin und wieder für die Drecksarbeit ein. Er war ein Geist – ein zuverlässiger Geist –, was das Allerwichtigste ist. Aber während er für die Domna aktiv war, stellte er Listen mit Namen, Daten und Fakten zusammen.«
»Um sie gegen die Domna zu verwenden.«
»Ja. Wir verloren einundzwanzig Leute in drei Wochen.«
»Aber für wen hat er gearbeitet?«
»Das weiß keiner, obwohl viele in der Domna versucht haben, es herauszufinden.« Essai blickte nach Westen, wo sich Gewitterwolken auftürmten. Der Wind wurde böig und das Meer kabbelig, und er steuerte das Boot zum Ufer zurück. »Norén wurde getötet.«
»Wie und von wem?«
»Es ist bei einem Auftrag passiert.«
»Und wer war das Ziel?«, fragte Etana.
Essai manövrierte das jetzt Boot so, dass es vor dem Wind lief.
»Ein Mann namens Alexander Conklin hat ihn erschossen.« Essai blickte zu seinem Begleiter hinüber. »Schon mal von ihm gehört?«
Etana schüttelte den Kopf.
Essai behielt die dunklen Gewitterwolken im Auge, während er das Boot steuerte. »Conklin war der Leiter von Treadstone. Er hat die Organisation selbst gegründet. Eine der wichtigsten Missionen von Treadstone war, die Hierarchie der Domna zu zerstören. Darum wollten sie Conklin ausschalten.«
»Und nach Norén?«
»Es wurde ihnen zu riskant, gegen Conklin vorzugehen«, antwortete Essai. Vom böigen Wind angetrieben, näherten sie sich bereits dem Ufer.
»Hier, übernimm das Steuer und halte den Kurs.«
Während Etana das Steuerrad übernahm, ging Essai nach vorn und reffte das Vorsegel. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Sturm so richtig losbrach.
Als er ins Cockpit zurückkam, übernahm er wieder das Steuer.
»Die Domna hatte großen Respekt vor Conklin und Treadstone«, fuhr er fort. »In dieser Situation wandte sich El-Arian an Abdul-Qahaar.«
»Ohne sich mit den Direktoren vorher abzusprechen?«
»Ja, wie es so seine Art ist. Ich habe den starken Verdacht, dass er und Abdul-Qahaar sich schon als junge Männer kannten.«
»Das würde einiges erklären.«
»Treadstones aggressive Strategie war jedenfalls der Vorwand, den El-Arian brauchte, um eine Allianz zwischen der Domna und der Moschee zu schmieden.« Essai schüttelte den Kopf. »Dieser Einfluss widerspricht eindeutig den Grundsätzen der Domna, sich für eine engere Zusammenarbeit zwischen Ost und West einzusetzen. Das war ein Wendepunkt in der Geschichte der Organisation; ab diesem Moment wurde alles anders.«
Etana wurde immer blasser, er hielt sich an der Bank fest, und man sah ihm an, dass ihm übel war. Essai schwieg aus Respekt, und wenig später erreichten sie das Ufer, und
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