Der Bourne Befehl
er warf dem Mann von der Bootsvermietung die Leine zu.
»Ich hab mir schon Sorgen gemacht«, sagte der Mann, während er das Boot langsam heranzog. »Da braut sich ein ordentliches Gewitter zusammen.«
»Um uns brauchen Sie sich keine Sorgen machen«, antwortete Essai. »Um uns nicht.«
»Werden Sie mir jetzt nicht ohnmächtig!«, rief Tyrone Elkins.
Peter Marks hielt sich an Elkins fest, so gut er konnte, um nicht vom Motorrad zu fallen. In ihm tobte ein Feuer, das ihm immer wieder für kurze Momente das Bewusstsein nahm. Er fühlte sich wie ein Schwimmer draußen im Meer, der am Ende seiner Kräfte ist. Wieder dieser Gedanke des drohenden Ertrinkens; er fragte sich dumpf, wie er darauf kam.
»Hör ich Sie etwa lachen da hinten?«, rief Tyrone zurück.
»Vielleicht«, stammelte Peter. »Ich weiß nicht.« Er legte die Wange an das dicke Leder von Elkins’ Jacke. Seit wann liefen CI-Agenten in Lederjacken herum?, fragte er sich. Der Gedanke verlor sich gleich wieder in dem Sturm, der in seinem Inneren tobte.
»Kein Krankenhaus«, sagte er.
»Jetzt hab ich Sie zum ersten Mal verstanden, Chef.«
Peter fragte sich mit Schrecken, wer da hinter ihm her sein mochte und wo diese Leute vielleicht überall auf ihn lauerten. »Bitte.«
»Keine Angst, Chef«, sagte Tyrone. »Ich weiß schon, wo wir hinfahren.«
»Wo es sicher ist«, murmelte Peter.
»Also bitte«, sagte Tyrone. »Darauf wär ich nie gekommen.«
Sieben Minuten später trafen sie bei Derons Haus im Nordosten von Washington, DC., ein, nachdem Tyrone gegen so ziemlich alle Verkehrsregeln verstoßen hatte, die in der Stadt galten. Tyrone war in diesem afroamerikanischen Getto aufgewachsen und hatte mit Verkehrsregeln noch nie etwas am Hut gehabt. Seit er für die CI arbeitete, hatte sich daran nicht allzu viel geändert. Wenn ein Cop so dumm war, ihn anzuhalten, hielt ihm Tyrone seinen CI-Ausweis unter die Nase, worauf der gute Mann schnell das Weite suchte.
Früher hatte Tyrone für Deron gearbeitet, einen groß gewachsenen, gut aussehenden, dunkelhäutigen Mann mit einer gediegenen Ausbildung in England, die ihm bei seinem internationalen Kundenkreis durchaus zugutekam – hauptsächlich zwielichtige Kunsthändler, die Derons verblüffende Fälschungen weiterverkauften. Deron versorgte außerdem Jason Bourne mit gefälschten Papieren und manchmal auch mit Waffen. Bournes Freundin Soraya Moore war der Grund, warum Tyrone beschlossen hatte, das Getto zu verlassen und die anspruchsvolle Ausbildung bei der CI zu absolvieren. Er hatte noch nie in seinem Leben so hart gearbeitet, doch er sollte es nicht bereuen.
»Verdammt, was ist denn passiert?«, fragte Deron, während er Tyrone half, Peter ins Haus zu tragen.
»Durch den Fleischwolf ha’m sie ihn gedreht.«
Peter murmelte wie im Delirium vor sich hin, von irgendwelchen Anrufen, die er zu machen hätte, von Warnungen, von Teilen eines Puzzles.
»Irgendeine Ahnung, was er meint?«, fragte Deron.
Tyrone schüttelte den Kopf. »Scheiße, nein. Er hat vorhin immer nur gesagt, dass er nicht ins Krankenhaus will.«
»Hmm, Jason würde das auch nicht wollen.«
Tyrone half seinem ehemaligen Mentor, Peter auf das Sofa zu legen.
»Details, bitte«, sagte Deron.
Tyrone erzählte von dem Vorfall beim Krankenwagen, von den Toten, vom Fahrer, der Peter zusammengeschlagen hatte. »Ich hab ihn gleich hergebracht«, fügte er hinzu und gab ihm die Glock, die er im Rinnstein gefunden hatte, bevor er Peter auf das Motorrad half.
»Ich hoffe, du hast sie vorsichtig angefasst.«
»Hab mich bemüht«, versicherte Tyrone.
Deron nickte zufrieden. Nachdem er die Waffe in einen Plastikbeutel gesteckt hatte, kümmerte er sich um Peters malträtierten Körper. »Kennst du ihn?«
»Ja. Er is’ ein Kumpel von Soraya – Peter Marks. Er hat mit ihr zusammengearbeitet, bevor sie sie gefeuert haben.«
Deron holte seinen gut bestückten Verbandskasten. Peter murmelte immer noch wie im Delirium vor sich hin. »Ruft ihn an, sagt ihm …«
Tyrone beugte sich zu ihm. »Wen, Peter? Wen wollen Sie anrufen?«
Peter fuchtelte nur mit den Armen und stammelte unverständliche Worte.
»Halt ihn fest, damit er sich nicht verletzt«, sagte Deron.
»Peter hat bei der CI gekündigt«, fuhr Tyrone fort. »Ich weiß nicht, was er jetzt macht, aber wenn ich ihn so seh, muss es ein verdammt ungesunder Scheißjob sein.«
Deron kam zurück, kniete sich zu Marks und öffnete den Verbandskasten. »Junge, du musst noch ein bisschen an
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