Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
gesessen und sich buchstäblich die Fingernägel abgekaut, während er auf den Anruf wartete. Er sprang auf, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, schnappte sich seinen Regenmantel und verließ das Haus. Mit einem selbstzufriedenen Lächeln fuhr er ins Büro.
Als er vierzehn Minuten später eintraf, war das Hauptquartier in heller Aufregung. Niemand konnte sich erklären, wie ein Trojaner in die Server hatte eindringen können. Das und die Frage, wie groß der entstandene Schaden war, beherrschte die Diskussionen in der IT-Abteilung.
Richards besprach sich kurz mit dem eilig zusammengestellten Team und ging dann daran, den Trojaner »aufzuspüren«, den er selbst geschaffen und wie eine Zeitbombe ins Treadstone-Intranet gelegt hatte. Die Entwicklung des Trojaners war ein Kinderspiel gewesen, doch ihn ins System zu schmuggeln hatte sich als viel schwieriger erwiesen, als er gedacht hatte. Richards verfluchte sich selbst, dass er sich nicht eingehender mit den Feinheiten der Firewall beschäftigt hatte.
Er hatte irrigerweise angenommen, die Treadstone-Firewall würde nach dem gleichen Prinzip aufgebaut sein wie die des Pentagons, mit der er vertraut war. Bestürzt hatte er feststellen müssen, dass sie ganz anders funktionierte und ihre Algorithmen ihm fremd waren.
Stundenlang hatte er sich das Hirn zermartert in dem Bemühen dahinterzukommen. Er fand einfach keinen Weg hinein, bis er entdeckte, wie die zugrunde liegenden Algorithmen funktionierten. Gegen vier Uhr morgens hatte er ihn schließlich geknackt. Zur Feier stand er auf, gönnte sich eine lange aufgeschobene Pinkelpause und nahm sich ein Bier und etwas Schinken aus dem Kühlschrank. Er rollte die Schinkenblätter zu Zigarren und tauchte sie in scharfen Senf. Während er sie verspeiste und mit dem Bier hinunterspülte, überlegte er, wie er den Trojaner durch die Firewall schleusen sollte. Es musste so aussehen, als wäre irgendeine fremde Organisation dafür verantwortlich.
Er wusch sich die Hände und begann mit der heiklen Arbeit, einen Weg durch die Treadstone-Firewall zu finden. Das Programm, das er entwickelt hatte, war nicht allzu aufwendig, aber sehr wirkungsvoll. Sobald es im System war, ahmte es den Server nach und lenkte den gesamten Informationsaustausch von Treadstone in eine Sackgasse, bis der gesamte Intranet-Verkehr zum Erliegen kam.
Nun saß Richards an seinem Server-Terminal und ging daran, den Virus zu platzieren, den er vorbereitet hatte, während er gleichzeitig den Trojaner isolierte, bevor er ihn eliminierte. Eine genauso heikle Arbeit, wie ihn einzuschleusen. Es musste so aussehen, als hätte der Trojaner, während er isoliert wurde, den Virus freigesetzt. Als würde ihn das nicht schon genug Nerven kosten, setzte sich auch noch Anderson zu ihm.
»Wie läuft’s?«
Richard brummte vor sich hin, in der Hoffnung, Peters Stellvertreter würde gleich wieder gelangweilt abziehen. Doch er blieb sitzen und verfolgte die Computersprache, die über den Bildschirm lief. Stuxnet war von vorgestern im Vergleich zu dem Programm, das er entwickelt hatte: ein Virus, der die besten Teile des Stuxnet-Algorithmus übernahm und zu einer ganz neuen Waffe schmiedete, nach der Art des Duqu-Trojaners, der gezielt zur Industriespionage eingesetzt wurde.
»Kommen Sie voran?«
Richards knirschte genervt mit den Zähnen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass man ihm dabei über die Schulter gucken würde. »Ich habe den Trojaner gefunden.«
»Und jetzt?«
Andererseits, dachte er, verstand Anderson absolut nichts von Software-Programmen, wie sollte er also misstrauisch werden? »Jetzt muss ich ihn isolieren.«
»Sie meinen, verschieben?«
»Könnte man so sagen.« Die dämlichen Fragen erschwerten es ihm, sich zu konzentrieren. »Obwohl das in der Cyberwelt natürlich ein relativer Begriff ist.«
Anderson beugte sich vor. »Können Sie mir das genauer erklären?«
Richards hätte am liebsten laut aufgeheult. Für drei Herren zu arbeiten war auch ohne solche Störungen schon nervenaufreibend genug. »Vielleicht ein andermal.«
Anderson wollte schon die nächste Frage stellen, als sein Handy summte. Er ging ran und hörte einige Sekunden zu. »Scheiße.« Je mehr sein Gesprächspartner sagte, umso finsterer wurde Andersons Gesicht.
Richards riskierte einen Blick zu ihm. »Was ist los?«
Doch Anderson war schon aufgesprungen, schnappte sich seinen Mantel und hastete hinaus.
Richards zuckte die Achseln und wandte sich wieder seinem kniffligen
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