Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
beschäftigte ihn so sehr, dass seine Konzentration nachließ und er beinahe etwas Entscheidendes übersehen hätte. Irgendein Instinkt im primitivsten Teil des Gehirns, der für das Überleben zuständig war, sandte ihm einen stillen Alarm, der ihn wachrief. Irgendetwas stimmte nicht. Er hörte augenblicklich auf zu tippen und stierte auf den Code, den er eingegeben hatte. Es rieselte ihm eiskalt über den Rücken, während er wie gebannt vor dem Bildschirm saß. Langsam legte er die Hände in den Schoß, als würde er beten.
Die gewohnten Geräusche der Treadstone-Büros – gedämpfte Stimmen, das Summen von Maschinen, leise Schritte – drangen wie aus weiter Ferne zu ihm herein. Sein Handy schreckte ihn aus seiner Benommenheit auf. Er nahm es und ging ran.
»Richards, hier Anderson.«
Sein schuldbewusstes Herz sprang ihm in die Kehle und schnürte sie einen furchtbaren Moment lang zu. »Yessir«, krächzte er schließlich.
»Sind Sie schon vorangekommen?«
»Der … äh … Trojaner ist isoliert, Sir.«
»Sehr gut.«
»Es ist nur … schwieriger, als ich dachte, ihn zu entfernen. Er scheint irgendeinen … Mechanismus zu enthalten.« Kaum war es ihm entschlüpft, wusste er, dass es ein Fehler war.
»Was zum Teufel heißt das?«, donnerte Anderson.
Er hatte versucht, jeden Verdacht von sich abzuwenden, wenn der Virus zuschlug, doch damit hatte er vor allem Andersons Zorn geweckt.
»Verdammt, Richards. Antworten Sie!«
»Ich kümmere mich um das Problem, Sir. Es braucht nur etwas mehr Zeit, als ich dachte.«
»Kümmern Sie sich nicht mehr um den Trojaner, wenn er isoliert ist. Ich will nicht, dass irgendetwas anderes ausgelöst wird.«
Idiot! , schalt sich Richards in Gedanken.
»Finden Sie lieber heraus, wie das verdammte Ding durch unsere Firewall gekommen ist, verstanden?«
»Yessir.«
»Ich bin in einer Stunde wieder im Hauptquartier. Bis dahin will ich eine Antwort.«
Richards’ Hand zitterte, als er die Verbindung trennte. Er versuchte sich zu beruhigen, doch die Gedanken wirbelten nur so durch seinen Kopf. Er schob seinen Stuhl zurück, stand auf und stakste mit steifen Beinen zum Fenster. Sein Kopf schien zu brennen, und er drückte die Stirn an das kalte Glas. Er war in eine Schlangengrube gesprungen, ohne sich zu überlegen, was es bedeutete, ein Leben zu führen, das von Täuschung und Lüge beherrscht war.
Mit einem leisen Stöhnen riss er sich vom Fenster los und stolperte zu seinem Schreibtisch zurück. Anderson würde in einer Stunde zurück sein. Bis dahin musste er wissen, was los war, und einen Ausweg finden.
Er setzte sich an seinen Arbeitsplatz und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, während er auf den Bildschirm starrte. Was war da los? Ihm war eine winzige Verzögerung zwischen dem Eintippen des Codes und seinem Erscheinen auf dem Bildschirm aufgefallen. Er überprüfte, ob in letzter Zeit irgendeine Hardware hinzugefügt worden war, doch es wurde nichts angezeigt. Als er die CPU-Auslastung überprüfte, stellte sich heraus, dass der Wert dramatisch angestiegen war, als er mit der Arbeit begonnen hatte. Das Blut schoss ihm in den Kopf. Die Auslastung des Prozessors erhöhte sich zum Beispiel durch einen Keylogger.
Dieser Mistkerl Anderson , dachte Richards grimmig. Er hatte einen Keylogger installiert, der alle Tastatureingaben aufzeichnete. Eine Falle. Aber wer steckte dahinter? Es gab nur eine Antwort: Peter Marks. Marks hatte ihn hintergangen, hatte nicht darauf vertraut, dass er Tom Brick an Treadstone ausliefern würde.
Richards zitterte vor Wut. Er blickte ein letztes Mal auf den Bildschirm mit dem unvollständigen Virencode und dachte: Scheiß drauf . Scheiß auf ihn . Scheiß auf alle .
Ohne lange zu überlegen, deaktivierte er die Keylogger-Software und machte mit seinem Code weiter, arbeitete fast ohne durchzuatmen. Im Hinterkopf hoffte er fast, Anderson möge früher zurückkommen.
Fast fünfzig Minuten später, sechs Minuten vor Andersons angekündigter Rückkehr, setzte Richards den letzten Teil des Codes ein. Jetzt musste er nur noch die Enter-Taste drücken, und der Virus würde die Treadstone-Server überfluten, das Netzwerk zusammenbrechen und die Kommunikationskanäle erstarren lassen.
Richards stand auf, schnappte sich den Mantel und drückte auf die Enter-Taste. Er schritt durch die Tür, fuhr mit dem Aufzug in die Lobby und verließ das Haus, um zu seiner Arbeit für Tom Brick zurückzukehren.
In der Ferne heulten die Sirenen, die ersten
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