Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
eine Waffe versteckt zu haben. Er fühlte sich nicht mehr sicher hier.
Nach einem weiteren vergeblichen Versuch, an der Tür zu lauschen, ging er zurück ins Badezimmer und wandte sich wieder der melancholischen Beschäftigung mit Marthas Handtasche zu.
Zuerst checkte er die Anrufliste ihres Handys. Den letzten Anruf hatte sie eine knappe Stunde vor ihrem Tod erhalten. Das konnte etwas zu bedeuten haben, zumal der Anruf von einer Nummer in Marthas Telefonbuch stammte. Der Name war auf die Initialen reduziert, doch es bestand kein Zweifel, wofür »ME« stand: Maceo Encarnación.
Was hatte Encarnación zu ihr gesagt, das sie in den Tod getrieben hatte? Für Herrera bestand kein Zweifel mehr, dass sie sich in einer ausweglosen Situation zwischen ihm und Encarnación gefühlt hatte.
Er checkte die Nachrichten und SMS , fand aber nichts Interessantes. Martha Christiana war zu vorsichtig gewesen. Während er sich durch ihr Telefonbuch scrollte, summte sein eigenes Handy. Er ging ran: Es war Christien.
»Bist du immer noch tot?«, fragte Christien lachend.
»Leider nein.« Don Fernando holte tief Luft. »Aber Martha Christiana ist tot.«
»Was ist passiert?«
Don Fernando erzählte es ihm.
»Wenigstens ist sie keine Bedrohung mehr für dich. Ich kümmere mich darum, in den Medien die Nachricht von deinem Tod zu korrigieren.« Christien stockte einige Augenblicke. »Weißt du, wo Bourne ist?«
»Ich dachte, du behältst ihn im Auge?«
»Das kann niemand, Don Fernando. Das weißt du besser als sonst jemand.«
Don Fernando brummte zustimmend. Ohne zu überlegen, steckte er Marthas Handy zurück in die Handtasche. Seine Finger fanden die Puderdose, glatt und warm, wie vom Kontakt mit Marthas Haut. Es war tröstlich, mit dem Daumen über die lackierte Oberfläche zu streichen.
»Unsere Feinde sind unterwegs«, berichtete Christien. »Maceo Encarnación und Harry Rowland haben Mexico City verlassen. Sie sind vor einer Stunde in Paris gelandet. Ich dachte, ich warne dich lieber.«
»Sie haben etwas vor.«
»Ja, aber ich hoffe, es ist nicht das, was wir befürchten.«
Don Fernando fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Es gibt nur einen Weg, es rauszufinden.«
»Ich mach mir Sorgen um dich, jetzt wo Encarnación in Paris ist.«
»Er wird sich hier in Paris sicher nicht aus der Deckung wagen. Ich habe zu viele Augen und Ohren hier. Rowland ist allerdings ein anderes Kapitel.«
»Jason und diese Frau vom Mossad, Rebekka, sind Rowland gefolgt.«
Don Fernando blickte auf seine nackten Füße auf den Badezimmerfliesen. Martha hatte einmal gemeint, dass ihr seine Füße gefielen. »Dann ist er ihnen wohl entwischt.«
»Ich will mir lieber nicht vorstellen, dass Jason scheitert.«
»Ich auch nicht.« Don Fernandos Herz wurde noch schwerer, als er Marthas Puderdose betrachtete. »Hör zu, Christien, es muss irgendwas geben, wie wir Jason helfen können.«
»Es ist zu schnell gegangen. Wir haben die Dinge nicht mehr unter Kontrolle«, erwiderte Christien. »Wir müssen einfach daran glauben, dass Jason es schafft.«
»Wenn’s einer schafft …« Vaya con Dios, hombre , dachte Don Fernando, als er die Verbindung trennte.
Er fühlte sich so müde. Er stand auf und trottete mit der Puderdose in der Hand ins Schlafzimmer. Die Stadt war inzwischen erwacht und vibrierte vom Brummen des morgendlichen Verkehrs. Die Leute stellten sich beim Bäcker an, um ihre Baguettes und Croissants für das Frühstück zu kaufen, die ersten Radfahrer überquerten die Brücken, um zur Arbeit zu fahren.
Er legte sich aufs Bett, doch dadurch fiel sein Blick wieder auf das Fenster, das Martha auf ihrem Weg aus dem Leben zertrümmert hatte. Er rollte sich auf die Seite, setzte sich auf und blickte wieder auf die Puderdose hinunter. Seltsam, dass Martha eine Puderdose mit sich getragen hatte, obwohl er nie Puder auf ihren Wangen gesehen hatte. Einen Lippenstift hatte sie benutzt, vielleicht noch Wimperntusche – mehr war bei ihrer natürlichen Schönheit nicht nötig. Und dennoch …
Er drehte die Dose in der Hand hin und her. Dann ließ er sie, einem plötzlichen Impuls folgend, aufschnappen. Die Quaste war da, aber als er sie aufhob, war kein Puder darunter, nur ein kleiner goldener Ring. Er hob den Ring, der Boden löste sich, und darunter kam eine 8-Gigabyte-SD-Karte zum Vorschein.
In diesem Augenblick erstarrte er, legte den Kopf auf die Seite und lauschte. Kein Zweifel, da war jemand an der Tür. Leise stand er auf, ging in die
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