Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
Nicodemo.«
»Was? Bist du sicher?«
Bourne nickte. »Er arbeitet für Maceo Encarnación. Ich bin ihnen von Mexiko gefolgt.«
»Und die Frau?«
»Rebekka war Mossad-Agentin.« Bourne setzte sich auf das Sofa. »Sie ist tot.«
»Oh, dann haben wir beide jemanden verloren.« Don Fernando ließ sich schwer neben Bourne auf das Sofa sinken. »Das tut mir leid.«
»Was ist passiert?«
Don Fernando erzählte ihm kurz, wie Martha Christiana ihn in Encarnacións Auftrag hätte töten sollen und was passierte, nachdem er und Martha sich kennengelernt hatten. »Sie stürzte sich aus dem Schlafzimmerfenster, während ich schlief. Sie hätte mich töten können, aber sie hat’s nicht getan.«
»Du hast Glück gehabt.«
Don Fernando schüttelte den Kopf. »Freuen kann ich mich aber nicht darüber. Weißt du, Jason, sie war eine gequälte Seele. Vielleicht hätte sie einen Priester gebraucht, aber ich bin keiner. In diesem Fall habe ich eher die Rolle des Teufels gespielt.«
»Wir werden alle von Schatten verfolgt, Don Fernando. Und manchmal holen sie uns eben ein. Wir können’s nicht ändern, nur weitergehen.«
Don Fernando nickte. Er nahm Martha Christianas Puderdose, öffnete sie und zeigte Bourne die versteckte SD-Karte. »Irgendwie habe ich das Gefühl, sie wollte, dass ich das hier finde.« Er zuckte die Achseln. »Aber das ist wahrscheinlich nur Wunschdenken.«
»Hast du schon nachgesehen, was drauf ist?«
Don Fernando schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht.«
»Okay«, sagte Bourne und nahm die Karte heraus, »dann wird’s Zeit, dass wir’s tun.«
Maceo Encarnación ging nach vorne zum Cockpit seines Privatjets. Die Tür war offen, der chinesische Pilot ging gerade die Checkliste zur Startvorbereitung durch.
»Glauben Sie, er schafft es rechtzeitig zurück?«, fragte der Pilot, ohne aufzublicken.
»Schwer zu sagen«, brummte Encarnación und setzte sich auf den Sitz des Copiloten.
»Ihr persönliches Verhältnis zu ihm ist bekannt.«
Maceo Encarnación betrachtete den Piloten einige Augenblicke. »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte er schließlich. »Mein persönliches Verhältnis zu Nicodemo stört Minister Ouyang.«
Der Pilot, gleichzeitig Minister Ouyangs Agent, schwieg. Er saß still da, als wolle er die Luftströmungen erahnen.
»Nicodemo ist mein Sohn. Ich habe ihn aufgezogen, ihm alles beigebracht.«
»Sie haben ihn ihr weggenommen.«
Der Pilot sagte es nicht wertend, sondern völlig neutral. Dennoch konnte Maceo Encarnación nicht anders, als es ihm übel zu nehmen.
»Seine Mutter war mit einem anderen verheiratet«, sagte Encarnación, mehr zu sich selbst als zum Piloten. »Ich habe sie geliebt, aber ihr Mann war sehr mächtig, und ich brauchte seine Macht. Sie konnte das Kind nicht behalten, konnte nicht einmal bei ihrem Mann bleiben, während sie es in sich trug. Sie ging zu ihrer Tante nach Mérida, für die fünf Monate, in denen man es ihr ansah. Ich habe ihr den Jungen abgenommen und ihn aufgezogen.«
»Das haben Sie schon gesagt.«
Maceo Encarnación hasste diese Leute, aber er musste sich mit ihnen arrangieren. Niemand sonst verfügte über eine solche Macht, ein solches Wissen und derartige finanzielle Mittel. Dennoch verlangte es bisweilen eine eiserne Beherrschung, sie nicht zusammenzuschlagen. Es tat ihm körperlich weh, dass er sie nicht so behandeln konnte wie seine eigenen Leute. Er träumte oft von diesem chinesischen Agenten, wie sein abgetrennter Kopf durch die Brandung des Pazifiks rollte, während das Blut aus seinem Rumpf spritzte wie das Wasser aus dem Brunnen im Chapultepec-Park.
»Ich habe es wiederholt, um mein persönliches Verhältnis zu ihm zu erklären, außerdem weiß ich nie, ob Ihr Spanisch ausreicht.« Maceo Encarnación wartete nicht erst auf eine Antwort des Agenten, er wusste, dass keine zu erwarten war. Konnte es Verbündete geben, die schlechter zusammenpassten als die extrovertierten Mexikaner und die introvertierten Chinesen?
Dieser Agent hatte einen Namen, doch Maceo Encarnación verwendete ihn nie, weil er wahrscheinlich ohnehin falsch war. Er erzählte ihm die Geschichte – oder vielmehr einen Teil davon –, weil es ihn amüsierte. Was er ihm nicht anvertraute, war der private Teil. Die Identität der Mutter von Nicodemo und seiner Schwester Maricruz blieb sein Geheimnis. Constanza Camargo hatte Nicodemo sehr früh während ihres Jahre andauernden Verhältnisses geboren. Maricruz brachte sie drei Jahre später zur Welt. Constanza war
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