Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
das, nehme ich an.«
»Stimmt. Ich will, dass er auf der ganzen Linie scheitert, dass er eine Niederlage einsteckt, von der er sich nicht mehr erholt.«
Rebekka überlegte einen Augenblick. »Sie haben einen Plan.«
Ein geisterhaftes Lächeln huschte für einen kurzen Moment über sein Gesicht.
»Er ist hinter mir her, daran lässt sich nichts mehr ändern. Das haben Sie selbst gesagt.«
»Das will ich auch gar nicht verhindern, im Gegenteil: Wir müssen ihn nach Sadelöga locken.«
»Und was dann?«
»Dann warten wir.«
Das Washingtoner Büro von Politics As Usual befand sich in der E Street NW. Soraya versuchte, an nichts zu denken, während sie zusammen mit einer Handvoll Anzugtypen in den sechzehnten Stock hinauffuhr. Die Männer unterhielten sich über Chancen und Risiken auf den Finanzmärkten. Als die Fahrstuhltür aufging, schritt sie direkt zum geschwungenen Empfangstisch aus Ahorn und Stahl.
»Ist Charles da?«, fragte sie Marsha, die Empfangsdame.
»Er ist hier, Miss Moore«, antwortete Marsha mit einem professionellen Lächeln. »Nehmen Sie doch kurz Platz, während ich ihn rufe.«
»Ich warte lieber hier.«
Marsha nickte kurz und rief Charles an. Während Soraya wartete, blickte sie sich im Empfangsbereich um, obwohl sie ihn gut kannte. Laminierte Urkunden erinnerten an die Berichte des Online-Nachrichtendienstes, für die er mit dem Peabody Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden war. Ihr Blick fiel unweigerlich auf den brillanten Artikel, den Charles vor zwei Jahren geschrieben hatte, in dem es um eine einflussreiche, aber wenig bekannte arabische Terrorzelle in Syrien ging. Dadurch war sie auf ihn aufmerksam geworden. Sie hatte sich an ihn gewandt, damit er ihr wenigstens einige seiner Quellen verriet, ohne großen Erfolg.
Sie spürte seine Präsenz, noch ehe sie ihn sah, und hob lächelnd den Kopf. Er war groß und schlank, mit einem wirren, frühzeitig ergrauten Haarschopf. Wie immer makellos gekleidet, mit einem mitternachtsblauen Anzug, einem taubengrauen Hemd und einer Krawatte in gedämpften Farben.
Er winkte ihr, als er sie sah, doch sein Lächeln wirkte ein klein wenig gequält, was sie augenblicklich beunruhigte. Sie fragte sich, ob es klug gewesen war, herzukommen. Einen Moment lang verspürte sie den Wunsch, aufzustehen, mit dem Fahrstuhl hinunterzufahren und ihn nie wiederzusehen. Doch sie trat auf ihn zu, und er legte ihr die Hand an den Rücken und geleitete sie zu seinem Eckbüro. Bevor sie eintrat, sah sie das Schild rechts neben der Tür: CHARLES THORNE, STELLVERTRETENDER CHEFREDAKTEUR.
Er trat nach ihr ein und schloss die Tür.
Ich muss das so schnell wie möglich hinter mich bringen , dachte sie, bevor ich nicht mehr den Nerv dafür habe .
»Charles«, sagte sie und setzte sich.
»Es trifft sich gut, dass du kommst.« Er hob eine Hand, um sie am Sprechen zu hindern, und ließ die Jalousien herunter. »Soraya, bevor du etwas sagst …«
O nein , dachte sie. Jetzt kommt gleich »Ich liebe meine Frau« oder so was. Nicht jetzt, bitte nicht jetzt .
»Ich muss dir etwas ganz im Vertrauen sagen. Okay?«
Jetzt kommt’s . Sie schluckte schwer. »Ja, sicher.«
Er holte tief Luft und ließ sie mit einem leisen Pfeifen entweichen. »Das FBI ermittelt gegen uns.«
Ihr Herz blieb für einen Moment stehen. »Gegen wen?«
»Gegen Politics As Usual . Marchand.« Der Herausgeber. »Davidoff.« Der Chefredakteur. »Und gegen mich.«
»Ich … ich verstehe nicht.« Ihr Puls hämmerte in den Schläfen. »Weswegen?«
Charles fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Abhören von Verbrechensopfern, Prominenten, Politikern, der New Yorker Polizei.« Er zögerte mit einem gequälten Ausdruck in den Augen. »9 / 11-Überlebende.«
»Machst du Witze?«
»Leider nein.«
Ihr war plötzlich unerträglich heiß, als hätte sie hohes Fieber. »Aber … stimmt es denn?«
»Du und ich, wir müssen …« Er hustete, räusperte sich. »Wir müssen getrennte Wege gehen.«
»Aber du …« Sie schüttelte den Kopf, ihre Ohren dröhnten. »Wie konntest du nur …«
»Nicht ich, Soraya. Ich schwöre, ich war das nicht.«
Er wird nicht antworten, wenn ich ihn jetzt frage , dachte sie. Er wird es mir nicht sagen . Als sie aufblickte und ihm in die Augen sah, hörte sie wieder seine Stimme. »Wir müssen getrennte Wege gehen.«
Sie stolperte rückwärts, stieß mit den Kniekehlen gegen einen Stuhl und setzte sich hart.
»Soraya?«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, nicht
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