Der Brand der Cheopspyramide
Mette?… Wo sie nur blieb?…
»Du weißt nicht, in welcher Richtung sie mit Herrn von Iversen gefahren ist?«
»Nach Süden, Herr Generaldirektor. Ein Hotelchauffeur hörte Herrn von Iversen kommandieren: Richtung Bayonne!«
Der Diener ging. Harder legte sich auf seinem Lager zurück, schloß grübelnd die Augen.
Nach Süden war sie gefahren?… Da unten, die Pyrenäen. – War sie in die Berge gefahren?… Was wollte sie da? Eine so weite Fahrt!
Die Erinnerung an jene Fahrt nach St. Jean le miracle wurde wach … die Prophezeiung des Schäfers – der Überfall – die Rettung durch…
»Eisenecker!« hatte Mette geschrien, »Eisenecker!« Keiner hatte ihn erkannt, sie allein, sie… die Augen der Liebe sehen scharf… Mette liebte ihn, Eisenecker… den Feind. Hatte es selbst gesagt, daß sie ihn noch immer liebe… Wie tief mußte die Liebe in ihr wurzeln nach all dem Vorangegangenen…?
Und dann, als hätte er eine Vision, er warf den Oberkörper nach vorn, seine Hände umklammerten die Armlehne, als wollten sie sie zerbrechen…
Mette in die Berge gefahren… zu ihm?!… Er sah sie in Eiseneckers Armen, den Armen des Mannes, der ihm alles geraubt, Ehre, Ruhm… sie, Mette.
Er schleuderte die Decken von sich, wollte sich erheben. Die geschwächten Glieder versagten den Dienst. Mit lautem Stöhnen sank er zurück… unerträglich die Qual des Wartens… der Ungewißheit.
Da! War es nicht das bekannte Signal seines Wagens? Er schellte dem Diener. »Mette ist zurück?! Sie soll…« Die Tür öffnete sich, Mette trat ein.
»Mette… Mette!« Harder schrie es, streckte ihr weit die Arme entgegen.
»Vater, Vater, was ist dir? Du bist…« Mette war zu ihm geeilt, hatte seine Hände ergriffen, drückte sie an ihre Brust.
Harders Atem ging schwer. Seine Augen umfingen mit unaussprechlicher Freude Mettes Gestalt. Sie war wieder bei ihm, seine Mette. – Ein Trugbild, das seine Augen soeben zu schauen geglaubt. Es konnte nicht sein.
Er rang nach Worten, wollte fragen, wo sie gewesen. Die Gewißheit aus ihrem Munde hören, daß er sich getäuscht.
Mette sah seinen Kampf. Das Geständnis – ein furchtbarer Schlag mußte es für ihn sein. Jetzt erst kam es ihr zu vollem Bewußtsein, wie gefährlich, gewagt ihr Plan, die beiden Männer zusammenzubringen. Sie wollte sprechen, doch die Lippen versagten den Dienst…
Sie sahen sich schweigend an – dann senkte Mette den Blick.
»Wo warst du, Mette?« Die Stimme des Vaters klang dumpf grollend. Mette antwortete nicht, suchte vergeblich nach Worten.
»Du warst bei Friedrich Eisenecker… du! Mette Harder!… Gestehe es, sei nicht feige!« Harder sprach die Worte mit einer fast unnatürlichen Ruhe, und doch verriet ihr Ton, daß er nur mit Mühe an sich hielt.
»Ja, ja! ich war bei ihm.« Mette schrie es. »Aber nicht meinetwegen…«
»Nicht deinetwegen?! – Leere tönende Worte, hinter die du dich flüchtest.« Hohn, Haß klang in der Stimme Harders.
»Wärest du doch gleich bei ihm geblieben!… oder wollte er dich nicht mehr?…« Ein häßliches Lachen begleitete die Worte.
Mette stand starr, schaute den Vater an, als müsse sie sich überzeugen, daß er es gewesen, der diese Worte gesprochen.
Dann, mit einem Aufschrei schlang sie die Arme um ihn, sprach zu ihm mit bald bebender, bald fester Stimme… lange.
Harder schien zunächst den Sinn ihrer Worte nicht zu fassen. Stumm hörte er ihr zu. Endlich, als sie sagte, daß Eisenecker mit ihr gekommen sei, mit Harder zu sprechen, kam ihm zum Bewußtsein, was Mette getan… für ihn. »Mette – was hast du getan? Du hast dich um meinetwillen gedemütigt, hast dich erniedrigt, diesen Mann zu bitten. Unterbrich mich nicht. Wer anders als ich kann die Größe dieses Opfers ganz ermessen…
Und doch, es war umsonst, dein Opfer! Es kann nicht geschehen! Zu tief die Kluft, die mich von dem trennt!«
»Vater!« rief Mette. »Die Kluft, die euch trennt – wer riß sie auf? – Du, du allein! Schon längst hätte ich dir das sagen sollen. Nur war ich zu feige dazu.
Sollte Eisenecker seinen Geist verdorren lassen, oder sollte er, nachdem ihm die Tat gelungen, zu dir kommen, dir sein Werk zu Füßen legen?! Nein! Nichts bindet ihn an dich!
Ein Zufall wollte es, daß ich Zeuge war jener Unterredung zwischen dir und Malte in unserem Hause am Bismarckdamm. Schon damals war ich von dem guten Rechte Eiseneckers felsenfest überzeugt, hatte Zweifel an der Wahrhaftigkeit deiner Beschuldigungen… Ich muß es
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