Der Brandstifter
sodass ich beinahe zu zweifeln begann. Aber ich hatte schon genug in Erfahrung gebracht und wusste zu genau, dass hinter der ganzen Sache mehr steckte, als er sich anmerken ließ.
» Wie war denn Ihr Verhältnis zu Rebecca?«
» Ich habe sie unterrichtet. Sie bekam Rat und Unterstützung von mir, wenn es geboten war.«
» Wie ich hörte, haben Sie sich sehr für sie eingesetzt, als sie ihre Prüfungen verschieben wollte.«
» Das hätte ich bei allen meinen Studenten getan.« Seine Stimme war noch immer ruhig, allerdings hatte er sich jetzt aus seinem Sessel ein Stück vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Hände zusammengepresst.
» Jemand vom Latimer College hat mir aber erzählt, dass Sie heftigen Streit deswegen hatten.«
» Wer war das denn?«
» Ein leitender Mitarbeiter des Colleges«, erwiderte ich bewusst vage, weil er mehr nicht zu wissen brauchte.
Er seufzte. » Man hat sich wenig kooperativ gezeigt. Rebecca war eine sehr gute Studentin– erstklassig, wenn Sie mich fragen. Sie machte gerade eine sehr schwere Zeit durch. Da konnte doch niemand ernstlich erwarten, dass sie drei Wochen nach dem Tod eines Freundes ihre Abschlussprüfungen mit der üblichen Leistung ablegte.«
» Kannten Sie Adam Rowley?«
» Wen? Ach so, den Jungen, der umgekommen ist. Nein. Er ist mir nie aufgefallen und gehörte auch nicht zu meinen Studenten. Sein Name war mir schon völlig entfallen, bis Sie ihn eben erwähnt haben.«
Es war offenkundig, dass Adam nur als Kleindarsteller in Caspian Faradays Leben mitgespielt hatte. Dort war nach Caspians Ansicht nur Raum für einen Helden, und das war er selbst.
» Sie sagten, dass Rebecca ihr übliches Leistungsniveau nicht erreicht hätte, wenn sie ihre Prüfungen damals sofort abgelegt hätte. Aber am Ende hat sie trotzdem kein › Ausgezeichnet‹, sondern nur die Gesamtnote 2,2 bekommen.«
Er machte eine abwiegelnde Geste. » Es ist wirklich nicht einfach, nach einem Jahr nur zu den Abschlussprüfungen herzukommen. Es hat mich nicht gewundert, dass sie da zu kämpfen hatte. Vor allem angesichts der langen Zeit, die sie brauchte, um sich von ihrem Zusammenbruch zu erholen.«
» Sie haben ihr doch bestimmt Nachhilfe gegeben, oder?«
Ehe er antwortete, sah er seinen Anwalt an, sodass ich mir ein Lächeln verkneifen musste. Wir näherten uns jetzt gefährlichem Terrain.
» Ja, ich habe mich ein paar Mal mit ihr getroffen. Allerdings nicht offiziell, denn das College hatte eindeutig entschieden, ihr nach dem Aufschub keine zusätzliche Prüfungsvorbereitung zu gewähren. Aber ich fand, dass sie das so nicht verdient hatte, und deshalb habe ich mich nicht an diese Regelung gehalten. Das war übrigens einer von vielen Gründen, weshalb ich das Latimer College als erdrückend eng empfand. Man war dort geradezu besessen von Regeln und Vorschriften und nicht in der Lage, auch einmal über die Tradition hinwegzusehen und die Studenten als Menschen wahrzunehmen.«
» Und Sie haben in Rebecca mehr gesehen als nur eine Studentin, nicht wahr?«
» Was soll denn das heißen?«, fragte er mit einem scharfen Beiklang in der ansonsten samtweichen Stimme.
» Man hat mir gesagt, dass Sie und Rebecca sich sehr nahe gekommen sind, als sie wieder in Oxford war. Ich habe gehört, dass Sie sexuelle Kontakte zu ihr hatten. Das gilt ja üblicherweise nicht als angemessen, oder?«
» Ich war schon gespannt, ob Sie das herausfinden.« Er bemühte sich nach wie vor um Lockerheit, aber seine Hände waren so fest ineinandergepresst, dass die Knöchel vor Anspannung ganz weiß wurden. » Juristisch gesehen haben wir nichts Verbotenes getan. Sie war volljährig und offiziell nicht mehr meine Studentin. Ich gebe zu, dass eine gewisse Anziehung vorhanden war, aber bevor sie wegen ihrer Prüfungen wieder nach Oxford kam, ist rein gar nichts gewesen. Und als es dann dazu kam, war sie diejenige, von der es ausging.«
Da hatten mir Rebeccas Freunde in der Kneipe allerdings ganz andere Sachen erzählt. Aus ihrer Sicht war es Faraday, der sie plump angebaggert hatte.
Er lud sie zum Essen in das von ihm gemietete Haus in Cowley ein, wo auch reichlich Alkohol floss. Außerdem hielt er sie von ihren Freunden fern, die sie am Latimer College noch hatte. Und Rebecca, die aufgrund der Ereignisse des Vorjahres noch immer stark verunsichert war und ihren geistvollen und gutaussehenden Dozenten heftig anhimmelte, hatte seinen eindeutigen Avancen nachgegeben.
» Wie lange dauerte die
Weitere Kostenlose Bücher