Der Brandstifter
hast eine lange Lebenslinie, du Glückspilz.«
» Oh, hast du auch eine Kristallkugel? Und legst du Tarot-Karten?«
» Psst.« Er runzelte die Stirn. » Gerade erkenne ich etwas, morgen Abend. Ich sehe, wie du mit einem dunkelhaarigen Mann essen gehst…«
» Du bist albern.« Ich zog meine Hand zurück und fing an, in meiner Handtasche nach dem Schlüssel zu kramen.
» Wie soll man aus dir nur schlau werden?«
Als ich aufschaute, stellte ich fest, dass er mich beobachtet hatte, und als ich seinen Gesichtsausdruck sah, stockte mir fast der Atem. Ich würde noch nicht einmal behaupten, dass da Sympathie in seinem Blick gelegen hatte, doch schon im nächsten Moment lächelte er wehmütig, und die Düsternis, die ich gesehen hatte, war wieder verschwunden, als hätte ich sie mir nur eingebildet.
» Mit dir muss man um jeden Schritt kämpfen, was?«
» Jeden Schritt wohin?«
» Abendessen. Morgen. Es wäre mir ein Vergnügen, dich einzuladen«, sagte er in einem gespielt förmlichem Ton.
Ich hätte Nein sagen sollen– ich wusste, dass es besser gewesen wäre, Nein zu sagen–, aber fast ohne mein Zutun willigte ich ein, auch dass er mich um halb acht zu Hause abholte.
» Wohin gehen wir denn?«
» Das sage ich dir, wenn es so weit ist.«
» So etwas hasse ich.« Ich funkelte ihn wütend an. » Woher soll ich denn wissen, was ich anziehen soll, wenn du mir nicht sagst, wohin wir gehen? Ich finde das autoritär und anmaßend.«
» Ich dachte, es wäre romantisch.« Er grinste, und ich wusste genau, dass er nicht nachgeben würde.
» Also gut. Halb acht, hier, morgen Abend. Aber du bist selber schuld, wenn ich im Jogginganzug aufkreuze. Oder im Pyjama.«
» Einen Pyjama wirst du nicht brauchen. Egal, was morgen passiert.«
» Gar nichts wird passieren.« Ich öffnete die Autotür, um auszusteigen. » Abendessen. Wir wollen zusammen essen gehen. Mehr nicht.«
» Wir werden sehen.«
Ich schüttelte nur den Kopf, knallte die Tür zu, ging das kurze Stück bis zu meiner Haustür, schloss auf und trat ein, ohne mich noch einmal nach ihm umzusehen. Aber dazu musste ich meine ganze Selbstbeherrschung aufbieten.
Es fühlte sich spät an, dabei war es gerade kurz nach sechs, wie ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr feststellte. Gil hatte mir keinen Kuss zum Abschied gegeben. Doch am nächsten Abend wollte er sich mit mir treffen. Vielleicht wollte er mich ja nicht küssen. Aber wenn es für ihn nicht genauso aufregend gewesen war wie für mich, hätte er mich dann zum Essen eingeladen? Ich lief in der Küche umher und kaute nervös an meinem Daumennagel. Ich hatte die Wahl, mir nicht die geringste Mühe für ihn zu geben, aber ebenso gut konnte ich sämtliche Register ziehen. Er erwartete mich vermutlich leger gekleidet. Doch ich wollte hübsch aussehen. Ich ging in den unbeleuchteten Flur hinaus und starrte in den Spiegel, wo mein Gesicht als helles Oval in der Finsternis schimmerte. Laut sagte ich in die Dunkelheit: » Was würde Rebecca tun?«
Ich hatte Glück: Bei meinem Stammfriseur hatte gerade jemand abgesagt, und so konnten sie mich gleich morgen früh noch einschieben. Ich eilte die Treppe hinauf, wobei ich zwei Stufen auf einmal nahm, und durchsuchte oben im Schlafzimmer meine Kleiderschränke, wobei ich hektisch die Kleiderbügel hin und her schob. So viele Sachen und nichts anzuziehen.
Das Problem löste sich am nächsten Morgen, als ein Kurier einen großen, mit einer Tüllschleife zugebundenen Pappkarton brachte. Darin befand sich ein schlichtes schwarzes Kleid mit einem Markenschild, bei dem mir fast die Augen aus dem Kopf fielen. Es musste ein Vermögen gekostet haben. Beim Anprobieren stellte ich fest, dass er, ohne danach zu fragen, die richtige Größe gewählt hatte. Es saß perfekt, ohne zu eng zu sein, und umspielte sanft meinen Körper. Der schmale Rock reichte knapp bis zu den Knien, am Dekolleté und im Rücken war es tief ausgeschnitten. Schuhe hatte er ebenfalls besorgt, mit betörend schmalen Absätzen und scharlachroten Sohlen. Des Weiteren befand sich ein pflaumenblaues Seidentuch in dem Karton. Es entsprach, wie mir auffiel, exakt dem Farbton des Blutergusses, den ich am Hals hatte. Ich überlegte, ob dahinter vielleicht Absicht steckte, und kam zu dem Schluss, dass es wohl so gemeint war – eine kleine Stichelei ganz nach Gils Geschmack.
Als ich das Tuch herausnahm, fiel mir eine Parfümschachtel in den Schoß, und ich spürte, wie sich meine Stimmung um einen Hauch
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