Der Brandstifter
erinnerte Faraday zu meinem Bedauern daran, sich zu mäßigen.
» Also haben Sie sich nicht anderweitig auf Dozentenstellen beworben.« Ich konnte natürlich nicht überprüfen, ob dies tatsächlich zutraf, da ich unmöglich sämtliche universitären Bildungseinrichtungen in der gesamten englischsprachigen Welt kontaktieren konnte. Aber das wusste Faraday ja nicht.
» Ich habe einige in Betracht gezogen, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass ich unter diesen Abschnitt meiner Laufbahn einen Schlussstrich ziehen sollte. Es war nur noch blanke Routine, bis ich wusste, was ich als Nächstes tun würde. Insofern fand ich es nicht verwunderlich, dass mir kein neuer Lehrauftrag angeboten wurde. Vermutlich war zu spüren, dass ich nicht mehr mit dem Herzen dabei war.« Es setzte ihm nach wie vor schwer zu, dass er von seinesgleichen verstoßen worden war, was ungeachtet seines Wohlstands und seines Ruhms offenbar sehr schmerzlich für ihn war.
» Wann haben Sie Rebecca zum letzten Mal gesehen?«
» Persönlich? Du liebe Güte.« Er dachte kurz nach. » Das muss so vor drei– nein, vor vier Jahren gewesen sein. Sie kam zu einer Signierstunde von mir, und wir haben kurz miteinander geplaudert. Sie wissen schon, wie man eben Neuigkeiten austauscht. Ich habe eine Widmung ins Buch geschrieben, ihr gesagt, dass sie fantastisch aussieht, und das war’s auch schon. Der Nächste bitte.«
Ich bedachte den Historiker mit einem Lächeln. » Sie wissen genau, dass das nicht stimmt. Wollen Sie es noch mal versuchen?«
» Ich verstehe nicht recht«, entgegnete er verunsichert und sah wieder zu Mercer hinüber. Der Anwalt betrachtete eingehend seine Hände.
» Zufällig weiß ich, dass Sie Rebecca noch einmal getroffen haben. Sogar erst vor Kurzem. Nämlich vor fünf Monaten, und nicht vor drei Jahren.«
» Nein, das ist nicht wahr– ich habe sie nicht…«
» Doch, das haben Sie. Sie waren mit ihr essen, und zwar in einem kleinen spanischen Lokal in Marylebone.« Das hatte Rebecca zu meinem Glück in ihrem Schreibtischkalender vermerkt. » Das war im Juli, nicht wahr? An einem Donnerstag. Wo war denn Ihre Frau an diesem Abend? Oder sollte ich besser fragen, was Sie Ihrer Frau gesagt haben, wo Sie damals waren?«
Faraday war in seinen Sessel zurückgesunken und biss sich auf die Unterlippe. Die tief stehende Wintersonne beleuchtete den Schweiß, der auf seiner Stirn perlte und sein Haar befeuchtete. » Okay, okay, ich geb’s ja zu. Wir waren zusammen essen. Aber nur dieses eine Mal.«
Ich schüttelte den Kopf. » Das stimmt auch nicht ganz, fürchte ich. Es war zwar das erste Mal, aber dann haben Sie sich zwei Wochen später wieder getroffen. Und in der Woche darauf noch einmal. Und am 5. August haben Sie ihr Blumen ins Büro geschickt.« Dieses nette Detail hatte ich von Jess erfahren.
» Wieso fragen Sie mich überhaupt, wenn Sie alles schon wissen?«, schrie Faraday mich jetzt beinahe an.
» Weil ich erfahren möchte, was wirklich zwischen Ihnen beiden vorgefallen ist. Wer hat mit wem Kontakt aufgenommen? Wann hat Ihre Affäre begonnen?« Ich warf einen Blick auf meine Notizen, um ihm zu suggerieren, dass ich mein Pulver verschossen hatte, ehe ich zum entscheidenden Schlag ausholte: » Und weshalb haben Sie vor zwei Monaten 10 000 Pfund auf Rebeccas Konto überwiesen?«
» Mein Mandant wird sich dazu nur unter der Voraussetzung äußern, dass seine Aussage vertraulich behandelt wird. Sie gehen recht in der Annahme, dass hier eine Straftat vorliegt– allerdings ist das Opfer Mr. Faraday«, verkündete Avery Mercer bedeutungsvoll.
» Trifft das zu?«
» Ja, das ist wahr.« Faraday sah mich herausfordernd an; Mercers Einwurf hatte ihm Gelegenheit gegeben, sich zu sammeln. » Na ja, ich mochte Ihnen nicht erzählen, was letztes Jahr zwischen mir und Rebecca gewesen ist, weil ich wahrlich nicht stolz darauf bin. Ich hatte nie vor, meine Frau zu betrügen, und wollte gewiss nicht, dass da etwas zwischen uns läuft. Ich habe mich einfach gefreut, als Rebecca sich wieder gemeldet hat, weil ich sie immer sehr geschätzt habe und wir einen guten Draht zueinander hatten. Es war schön, sie zu sehen und mit ihr zu Abend zu essen. Zunächst war auch alles ganz entspannt. Aber dann– tja, dann ist die Sache ein bisschen aus dem Ruder gelaufen.«
» Warum hat sie sich denn wieder bei Ihnen gemeldet?«
» Sie hatte gerade eine Trennung hinter sich, sagte sie. Sie erzählte mir, dass sie gerade alle wichtigen Beziehungen in
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