Der Brandstifter
vorbeigehen.
» Gil.«
» Ja?« Ein hoffnungsvoller Unterton schwang in dieser kurzen Silbe mit.
» Vergiss bitte nicht, den Schlüssel hierzulassen, wenn du gehst.«
Wenige Sekunden später hörte ich erst die Haustür zuschlagen und dann den Müllbeutel rascheln, als er ihn aufhob. » Adieu«, murmelte ich tonlos.
13
Maeve
Godley hatte mir ans Herz gelegt, ihn anzurufen, falls es etwas zu besprechen gäbe. Aber dass er mich höchstpersönlich besuchen kam, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Es fühlte sich ebenso schmeichelhaft wie nervenaufreibend an. Jetzt stand er mit prüfendem Blick in der Tür zum Esszimmer und wirkte irgendwie viel zu groß für das Haus meiner Eltern.
» War ja jede Menge Material. Haben Sie lange dafür gebraucht?«
» Also, ich bin noch nicht ganz fertig«, dämpfte ich seine Erwartungen. » Aber ich bin mir relativ sicher, dass die Beweise für einen Haftbefehl reichen, vielleicht sogar für eine Verurteilung. Es sind zwar hauptsächlich Indizien, aber das, was ich herausgefunden habe, lässt sich anders wahrscheinlich nicht belegen.«
Er zog Mantel und Jackett aus, legte beides über eine Stuhllehne, setzte sich mir gegenüber, krempelte die Ärmel hoch und nahm sich ein leeres Blatt, um sich Notizen zu machen. » Fangen Sie bitte ganz von vorn an, Maeve, und nichts auslassen.«
» Gut. Also, Sie wissen ja, dass wir uns schon am Tatort unsicher waren, ob Rebecca tatsächlich dem Brandstifter zum Opfer gefallen ist. Die Art und Weise, wie sie getötet und abgelegt wurde, entsprach zwar genau dem bisherigen Schema, erschien aber irgendwie doch nicht überzeugend. Alles wirkte zaghafter, zögerlicher. Und es war auch nicht der Brandstifter, sondern jemand, der ihn imitieren wollte. Und dieser Jemand ist Louise North.«
Godley zuckte nicht einmal mit der Wimper, aber ich spürte deutlich seine Zweifel, weshalb ich ihm rasch erklärte, was ich entdeckt hatte.
» Für die letzten 24 Stunden vor ihrem Tod konnte ich keinerlei Lebenszeichen von Rebecca Haworth ermitteln. Niemand hat sie gesehen oder mit ihr gesprochen– weder ihre Nachbarn noch ihre Freunde oder Angehörigen. Auf den Bändern der Überwachungskameras, die wir ausgewertet haben, ist sie nirgends aufgetaucht. Ihre elektronische Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr hat sie nicht benutzt. Wir haben Taxiunternehmen in der gesamten Stadt kontaktiert, aber bei keinem konnte sich jemand an sie erinnern. Die letzte Spur von ihr, die ich feststellen konnte, ist ihr Handysignal. Es bricht Donnerstagnacht nahe der London Bridge ab– das Telefon wurde zu diesem Zeitpunkt also entweder abgeschaltet oder zerstört. Davor wurde es allerdings in Fulham geortet– in einem Umkreis von 100 Metern zu dem Funkmast, der Louises Haus am nächsten ist.«
» Sie könnte ihre Freundin besucht haben.«
Ich schüttelte den Kopf. » Louise hat ausgesagt, dass sie Rebecca schon monatelang nicht mehr gesehen hatte.«
» Gut, dann hat sie vielleicht jemand anders besucht.«
» Wen denn? Soweit ich informiert bin, hatte sie in dieser Ecke keine anderen Freunde. Wir können natürlich losgehen und die Anwohner befragen, ob jemand sie am Mittwoch oder Donnerstag dort gesehen hat. Aber ich glaube, dass Louise sie am Mittwochabend zu sich nach Hause gelockt hat, und zwar in der Absicht, sie bis Donnerstag dort festzuhalten. Ich habe mir den Laborbericht angesehen. Die Körperflüssigkeiten, die Dr. Hanshaw zur toxikologischen Untersuchung geschickt hat, wurden positiv auf Beruhigungsmittel getestet. Was also, wenn Louise sie in ihrem Haus eingesperrt hat, wohl wissend, dass niemand sie vermissen würde, da sie ja weder einen Job noch einen Freund oder einen Mitbewohner hatte? Was, wenn sie Rebecca mit Drogen vollgepumpt hat? Und was, wenn sie ihre Freundin dann umgebracht hat?«
» Alles nur Indizien, Maeve. Die Funkzellenanalyse ist in so dicht bebauten Regionen nicht besonders zuverlässig. Das Signal wird zwischen den Masten hin und her reflektiert; die Genauigkeit der Ortung bewegt sich bestenfalls noch in einem Bereich von 500 Metern.«
» Dann wissen wir wenigstens ungefähr, wo wir zu suchen haben. Aber das ist noch nicht alles.« Ich beeilte mich, ihm zu schildern, wie ich Louises Auto auf den Bändern der Überwachungskameras entdeckt und mich vergewissert hatte, dass sie selbst am Steuer saß. » So früh am Morgen hatte sie in dieser Gegend eigentlich nichts verloren. Sie hat nie erwähnt, dass sie dort gewesen
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