Der Brandstifter
ja, dachte ich. Ganz bestimmt. Laut sagte ich jedoch: » Wie schön. Aber glauben Sie denn nicht, sie hätte Ihnen etwas davon gesagt, wenn sie wieder Kontakt zu ihm gehabt hätte?«
» Vielleicht nicht unbedingt«, gab Louise zu.
» Gut. Das hört sich so an, als könnte es nicht schaden, wenn wir mal ein Wörtchen mit ihm reden. Wohnt er hier in der Nähe?«
» Nein. Er hat ein Haus in Shoreditch oder Hoxton oder so. In so einer Pseudokünstler-Gegend. Bin nie dort gewesen.« Ihrem Tonfall nach zu urteilen, würde es sie so bald auch nicht dorthin treiben.
» Wissen Sie, wie wir ihn erreichen können? Wo arbeitet er denn?«
» Nirgendwo.« Sie sah mich an und lächelte kurz und unerwartet. » Tut mir leid. Er behauptet, Theaterregisseur zu sein, führt aber nie wirklich irgendwo Regie. Er ist von Haus aus sehr reich, sodass er nicht unbedingt arbeiten muss. Er hat kein Büro, aber ich kann Ihnen seine Handynummer geben.« Sie ging zurück ins Wohnzimmer, holte ihre Tasche– Prada, noch dazu aus der aktuellen Kollektion– und nahm ihr Handy heraus. Sie scrollte durch die Kontakte, bis sie seine Nummer fand.
Sam notierte die Nummer, die sie ansagte, und sah sie dann verständnislos an. » Also, Sie konnten ihn nicht ausstehen und sind überhaupt nicht mit ihm ausgekommen, haben aber seine Handynummer gespeichert?«
» Rebecca hat darauf bestanden«, antwortete sie, wieder mit zusammengepressten Lippen. » Sie war so eine, die öfter mal ihr Handy verlor– ein paar Mal hat sie ihre Handtasche im Taxi liegen lassen. Sogar ins Klo ist ihr schon mal eins gefallen. Sie wollte, dass ich zur Sicherheit Gils Nummer habe, falls ich sie mal nicht erreichen kann.«
» Und haben Sie davon Gebrauch gemacht, als Sie in letzter Zeit nichts von ihr gehört haben?«
» Sie waren ja nicht mehr zusammen.« Wieder schwang in ihrer Stimme eine gewisse Zufriedenheit mit. » Aber es wird sicher sehr angenehm für Sie sein, ihn kennen zu lernen. Er ist wirklich charmant.«
» Sie hat er mit seinem Charme ja offenbar nicht eingewickelt«, merkte Sam an.
» Mich hat er mit seinem Charme auch nicht bedacht.« Sie sah auf die Uhr. » Ich muss jetzt gehen. Sind wir hier fertig?«
Ich bestätigte, vorerst zumindest. » Allerdings kann es gut sein, dass wir später noch ein paar Fragen an Sie haben. Deswegen brauchen wir auch Ihre Angaben.«
Sie nahm einen Montblanc-Füllhalter und zwei Visitenkarten aus ihrer Tasche, deren Rückseite sie rasch und säuberlich beschriftete. Dann wedelte sie kurz mit den Kärtchen, damit die Tinte trocknete, und legte sie auf den Tisch. » Privatadresse und Telefonnummer. Aber im Büro erreichen Sie mich wahrscheinlich besser. Ich habe meine Handynummer mitnotiert.«
» Etwa auch am Wochenende?«, erkundigte sich Sam.
» Da schaffe ich immer besonders viel.« Angesichts seiner skeptischen Miene warf sie ihm einen trotzigen Blick zu.
» Wie findet das denn Ihr Freund?«
» Wenn ich einen hätte, müsste er sich dran gewöhnen. Aber da ich allein lebe, kann ich kommen und gehen, wie ich will.«
» Sie Glückliche«, kommentierte Sam grinsend. Sie sah aus, als wollte sie etwas darauf erwidern, bedachte uns aber lediglich mit einem unterkühlten Lächeln und ging, ohne uns die Hand zu geben.
» Wir sind wahrscheinlich nicht mal gut genug, um auch nur den Saum ihres Gewandes zu berühren«, bemerkte Sam, nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
» He, jetzt krieg dich wieder ein.« Vorwurfsvoll sah ich ihn an. » Was spielt es denn für eine Rolle, ob sie einen Freund hat oder nicht? Weshalb sollte sie denn nicht jede Stunde, die der liebe Herrgott werden lässt, mit Arbeit verbringen, wenn es ihr so gefällt?«
Sams Stirn kräuselte sich, als er eine Augenbraue hochzog. » Identifizierst dich wohl schon mit ihr, oder was? Karrierefrauen unter sich?«
Ich tat ihm nicht den Gefallen, ihm Recht zu geben, aber trotzdem musste ich ihm lassen, dass er nicht ganz danebenlag. Ich schob den Gedanken an Ian beiseite, als Sam herübergeschlurft kam und sich die Bilder im Bücherregal ansah.
» Denkst du, dass unser Opfer und ihre kleine Freundin was miteinander hatten?«
» Das würde dir gefallen, was?«, blaffte ich ihn an, lenkte dann aber ein. » Ich hab ehrlich gesagt auch schon dran gedacht. Obwohl ich eigentlich nicht den Eindruck hatte. Ich denke, dass sie einfach nur befreundet waren.«
» Schade eigentlich«, sagte Sam unbekümmert und wippte, die Hände in den Taschen, auf den
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