Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Brandstifter

Der Brandstifter

Titel: Der Brandstifter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
Vom Netzwerk:
und sich kein einziges Mal umgeschaut. Einmal, als Rebeccas Mutter heftig schluchzte, beugte sie sich nach vorn und legte ihr die Hand auf die Schulter. Vermutlich kannten sie sich schon sehr lange. Jetzt stand sie auf der anderen Seite des Festzeltes, hielt eine Teetasse in der Hand, aus der sie jedoch nicht trank. Dabei hörte sie einem älteren Herrn mit gestreifter Krawatte zu, der beim Sprechen heftig gestikulierte. Es war beeindruckend, dass sie nicht zurückwich, obwohl er ihr mit dem schon in Auflösung begriffenen Sandwich in seiner Rechten bedrohlich nahe kam. Ich hätte wetten können, dass er außerdem eine feuchte Aussprache hatte.
    Louise war ungeschminkt und sah blass aus, die Lippen beinahe farblos. Aber sie wirkte sehr elegant in ihrem perfekt sitzenden marineblauen Mantel. Ihr Haar hatte sie zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden, der nicht die kleinste Strähne freigab. Ich fasste mir an den Kopf und dachte betroffen an den Zustand meiner eigenen Haare, die mal wieder an der Luft hatten trocknen müssen. Es war aber auch schwer, gepflegt auszusehen, wenn jede schneidende Windbö einen Regenschauer mit sich brachte. Dass es Louise North trotzdem gelungen war, machte mich schon ein bisschen neidisch.
    Ich überlegte gerade, ob ich sie erlösen sollte, als mich jemand anrempelte. Ich ging unwillkürlich ein Stück beiseite und murmelte eine Art Entschuldigung. Doch statt weiterzugehen, blieb derjenige neben mir stehen– und zwar so dicht, dass es mir schon unangenehm war. Es war Gil Maddick, der in seinem dunklen Anzug mit offenem weißen Hemdkragen aussah wie ein Filmstar. Formellere Kleidung lehnte er offenbar ab. Er grinste mich nicht eben freundlich von oben herab an.
    » Ist ja verrückt, Sie hier zu sehen. Was treibt Sie denn in diese Gegend? Sie glauben doch sicher nicht, dass Sie bei Rebeccas Trauergottesdienst ihren Mörder treffen, oder?«
    » Ich vertrete das Ermittlerteam. Darf ich fragen, warum Sie eigentlich hier sind? Ich hatte den Eindruck, dass Sie nicht mehr sonderlich interessiert sind an Rebecca und dem, was ihr zugestoßen ist.«
    » Ich wurde eingeladen.«
    Verwundert zog ich die Augenbrauen hoch. » Tatsächlich? Von Familie Haworth? Wussten die Eltern gar nicht, dass Rebecca und Sie sich getrennt haben?«
    » Tilly hat mich gebeten, vorbeizuschauen und ihr die letzte Ehre zu erweisen. Sie hat ja den ganzen Bohei hier organisiert. Eine Trauerfeier ohne Leiche. Hamlet ohne Prinz.« Er sagte das zwar flapsig dahin, aber ich hatte den Eindruck, dass er unter Stress stand.
    » Sie hätten ja nicht zu kommen brauchen«, wandte ich ein. » Das hätte doch sicher niemand bemerkt.«
    Statt einer Antwort blickte er starr über meine Schulter, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass er Louise North mit seinem Blick durchbohrte. Als hätte sie das gespürt, schaute sie auf und sah ihm in die Augen. Sie blinzelte nicht, und es hatte fast den Anschein, als würde sie noch nicht einmal atmen. Sie wirkte wie ein Hase im hohen Gras auf mich, der zu Tode erschrocken war, weil man ihn entdeckt hatte, und jeden Moment bereit war wegzulaufen.
    Als ich mich wieder zu ihm umdrehte, war seine Miene undurchdringlich. Es dauerte einen Moment, bis ihm wieder einfiel, dass ich noch immer vor ihm stand. Das Warten auf eine Antwort hätte ich mir allerdings sparen können, denn das Einzige, womit er mich noch bedachte, war ein gemurmeltes » Entschuldigen Sie mich bitte«, ehe er in Richtung Buffet davonging. Und als ich wieder zu Louise schaute, war sie ebenfalls verschwunden.
    Es war nicht ganz einfach, so nahe zu Anton Ventnor vorzudringen, dass ich ein Gespräch mit ihm anfangen konnte, denn er war permanent von seiner Gefolgschaft umringt. Schließlich stellte ich ihm so lange nach, bis er einmal die von den Haworths gemieteten piekfeinen Toilettenhäuschen ansteuerte, und davor lauerte ich ihm dann kurzerhand auf. Seine Begeisterung hielt sich sichtlich in Grenzen, als ich ihn endlich ansprechen konnte, dennoch wahrte er die antrainierten Umgangsformen.
    » Was kann ich für Sie tun?«
    » Detective Constable Maeve Kerrigan«, stellte ich mich energisch vor und betonte dabei sorgsam jedes Wort.
    Er schnippte mit den Fingern, als fiele es ihm gerade wieder ein. » Ja, richtig. Sie haben versucht, mich zu erreichen.«
    » Und Sie haben nie zurückgerufen. Aber keine Sorge, das können wir genauso gut jetzt erledigen.«
    Seine Augenlider zuckten. » Jetzt? Ich bezweifle, dass…«
    » Es dauert nicht

Weitere Kostenlose Bücher