Der Brandstifter
mich fordernd, was ich zunächst ganz unerwartet erwiderte. Mich überkam eine Woge des Verlangens, die mich taumeln und alle Vorsicht über Bord werfen ließ. In meinem Kopf herrschte völlige Leere.
Doch dann setzte Stück für Stück mein Denken wieder ein. Das war Gil. Und es war falsch. Es war sogar eine ausgemachte Dummheit.
Ich stemmte meine Hände gegen seine Brust, und er ließ ab von mir.
» Oh, wie überraschend. Sie fühlt sich gar nicht so eisig an.«
» Hau einfach ab und lass mich in Ruhe.« Ich rang heftig um Fassung. Es fiel mir schwer, äußerlich ungerührt zu wirken, während mein Gesicht glühte.
» Willst du das? Wirklich?«
Ich war zu keiner Antwort fähig. Eigentlich wollte ich nur, dass er mich wieder küsste. Also fragte ich: » Wieso tust du das?«
Er zuckte die Schultern. » Weil ich es will. Ich glaube, ich wollte es schon immer.«
» Schwachsinn. Als du noch mit Rebecca zusammen warst, bist du mir permanent aus dem Weg gegangen. Du hast so gut wie nie mit mir geredet.«
» Sie sollte eben nicht mitbekommen, dass ich eigentlich mehr auf dich stand. Natürlich habe ich sie gemocht. Aber du hast mich schon immer viel mehr fasziniert, Louise. Bei dir weiß ich nie so genau, was du denkst.«
» Ist vielleicht auch besser so.«
Er lachte. » Ja, du hast nie ein Geheimnis draus gemacht, dass du mich nicht leiden kannst. Aber keine Sorge, das ist mir egal. Ich werde dich schon überzeugen.«
» Dazu wirst du keine Gelegenheit haben«, versicherte ich ihm und trat den Rückzug an. Ich musste dringend weg von ihm und nachdenken.
» Wirklich nicht?« Er kam wieder auf mich zu und folgte meinen Schritten wie ein Tänzer. » Man küsst doch nicht auf diese Weise und haut dann einfach ab, Louise.«
» Ich schon.«
» Noch einen auf den Weg?« Als ich den Kopf schüttelte, zog er die Augenbrauen hoch und lachte. » Eigentlich willst du es doch, stimmt’s?«
» Wenn es so wäre, würde ich es dir sagen.«
» Du willst also nicht, dass ich dich wieder küsse. Nur damit ich Bescheid weiß.«
» Nein.«
» Nie wieder?«
» Nie wieder.«
» Also, weil ich gedacht hatte… nächstes Mal könnte ich dich zum Beispiel hier küssen.« Er strich mit der Hand über meinen Arm bis zur Handfläche und bog dann sacht meine Finger nach innen. » Oder hier.« Er ließ seine Hand wieder hinaufgleiten und umschloss damit meine Brust. Selbst durch die dicken Kleiderschichten spürte ich seine Wärme. » Oder hier.«
Da konnte ich mich nicht mehr wehren. Während seine Hände über meinen Körper strichen, ließ ich mich wieder in seine Arme sinken. Es würde das letzte Mal sein, versicherte ich mir. Diesmal war er derjenige, der sich nach einer Weile losmachte. Mit einem selbstzufriedenen Grinsen fuhr er mit einem Finger über meinen Hals. » O je.«
» Was ist denn?«
» Jetzt habe ich mich doch glatt an dir verewigt. Du hast hier nämlich einen prächtigen Knutschfleck.« Er zog mir den Schal enger um den Hals. » Das heißt bestimmt, dass du mir gehörst.«
» Sag mal, bist du ein Teenager oder was? Das ist doch bestimmt nicht aus Versehen passiert.« Die Stelle fing zum einen an wehzutun, und zum anderen war klar, dass es Tage dauern würde, bis sie wieder verblasste. Und bis dahin würde jeder, der sie bemerkte, genau wissen, wie sie entstanden war.
» Tut mir leid«, sagte er in wenig überzeugendem Tonfall und machte sich auf den Rückweg. » Ich denke, wir sollten zurückgehen, meinst du nicht? Bevor jemand merkt, dass wir verschwunden sind.«
Ich sah ihm nach, wie er pfeifend den Obstgarten durchquerte. Er sah sich nicht um, ob ich ihm folgte. Ich zog mir den Schal fester um den Hals und hätte gern einen Spiegel gehabt. Er hatte nichts weiter bezweckt als auszutesten, wie ich auf ihn reagierte und ob er mich rumkriegen konnte. Ich fühlte mich schrecklich erniedrigt, als hätte er sich einen geschmacklosen Scherz mit mir erlaubt. Und ich war auch noch darauf hereingefallen.
» Das war das allerletzte Mal«, sagte ich laut vor mich hin. » Nie wieder.«
Ich verließ den Obstgarten durch ein anderes Tor, um ihm im Garten am Haus nicht gleich wieder zu begegnen. Das klappte zwar auch, aber stattdessen traf ich die Polizeibeamtin im Rosengarten und unterhielt mich noch kurz mit ihr. Es war ja vorherzusehen, dass ihr der Fleck an meinem Hals nicht verborgen bleiben würde. Sie gehörte ganz offensichtlich zu den Leuten, denen nur selten etwas entging.
Nachdem ich mich von ihr
Weitere Kostenlose Bücher