Der Brandstifter
erwies sich als der größte von allen, mit eleganten Säulengängen aus demselben warmgoldenen Stein, der einen Großteil des Charmes der Stadt ausmachte.
» Aufgang 16«, verkündete mein persönlicher Reiseleiter und blieb vor einem der Hauseingänge stehen. Auf der Holztafel daneben waren vier Namen aufgeführt, jeder mit einem vorangestellten » Doctor« oder » Professor« versehen, darunter auch der, nach dem ich suchte. » Professor Westcotts Zimmer befindet sich im ersten Stock auf der rechten Seite. Die eichene wird offen stehen, wenn er Sie erwartet.«
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wovon er redete, wollte aber auch nicht nachfragen, denn damit hätte ich mir mit Sicherheit den nächsten Vortrag eingehandelt. Also stieg ich die staubige Holztreppe hinauf und fühlte mich unwillkürlich beklommen. Der Prorektor hatte sich am Telefon sehr kurz angebunden und blasiert gegeben– fast bis zur Unverständlichkeit. Der Herr Rektor, so wurde mir mitgeteilt, war nicht im Hause. Professor Westcott würde in seinem Auftrag mit mir sprechen. Ich durfte gespannt sein.
Als ich oben ankam, sah ich eine schwere, dunkel gefirnisste Außentür, die offen stand, und dahinter eine geschlossene, ziemlich normale, weißlackierte Kassettentür. Ich schaute von der einen zur anderen und begriff, dass der Pförtner wahrscheinlich diese dunkle Tür gemeint hatte, als er etwas von Eiche sagte. Kein Wunder, dass ich nervös war. Ich fühlte mich wie in einem fremden Land, ohne Reiseführer und mit sehr bescheidenen Sprachkenntnissen. Ich klopfte an die weiße Tür und öffnete sie, nachdem ich von drinnen ein leises » Herein!« vernommen hatte.
Professor Westcotts Büro war groß, düster und sehr unaufgeräumt. Gleich hinter der Tür blieb ich stehen und schielte zum Fußboden, weil ich Angst hatte, einen der vielen Bücher- oder Zeitungsstapel umzustoßen, mit denen der ganze Teppich übersät war. Abgesehen von den hohen Fenstern bildete eine einsame Schreibtischleuchte mit einer sehr grellen Glühlampe die einzige Lichtquelle– doch schwere Vorhänge sperrten das bleigraue Tageslicht weitgehend aus. Die vollgestopften Bücherregale an den Wänden schienen ebenfalls Licht zu schlucken, außerdem sonderten sie einen modrigen Geruch ab. Zumindest hoffte ich, dass der Geruch von den Büchern kam.
» Ah, die Frau Polizistin.« Die Stimme kam aus der Finsternis hinter der Lampe. » Entschuldigen Sie bitte die Unordnung. Ich bin gerade hoffnungslos Vergil verfallen, weil ich eine Neuausgabe der Georgica für den Universitätsverlag vorbereite. Die Arbeit daran hat mittlerweile vollständig von meinem Zimmer Besitz ergriffen. Kennen Sie Vergil, DC Kerrigan?«
» Nicht persönlich. Aber Ihre Arbeit klingt faszinierend«, antwortete ich höflich.
» Das wage ich zu bezweifeln.« Leicht gebeugt kam er hinter seinem Schreibtisch hervor und offenbarte dabei seine hochgewachsene Gestalt, einen von einem grauen Haarkranz gesäumten Glatzkopf und eine Brille mit dicken Gläsern, die den exzessiven Leser verriet. » Aber es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie das sagen.«
Er wirkte um einiges sympathischer, als ich nach seinem Auftritt am Telefon erwartet hatte. Mir entging nicht, dass er bemüht war, mir die Befangenheit zu nehmen, ganz als wäre ich eine Studentin. Und ich musste mich selbst daran erinnern, dass ich in Wirklichkeit keine schüchterne Achtzehnjährige war, sondern volle zehn Jahre älter und noch dazu ein Detective Constable der Metropolitan Police.
Neben der Tür stand ein kleiner Sessel mit karmesinrotem Bezug voller Bücher und Zeitschriften, und auf diesen zeigte er. » Bitte sitzen Sie sich doch. Räumen Sie den Krempel einfach irgendwohin.«
Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich den Sessel von allem Kram befreit hatte, wobei ich unter anderem auf eine einzelne khakifarbene Socke stieß, die ich mit spitzen Fingern auf dem Bücherstapel zu meinen Füßen drapierte. Dann setzte ich mich und stellte fest, dass Professor Westcott sich inzwischen einen Holzstuhl in die Zimmermitte gerückt hatte, auf dem er jetzt saß und mich aufmerksam musterte.
» Es tut mir leid, dass ich am Telefon so kurz angebunden war. Ich hasse dieses verfluchte Ding. Immer klingelt es im falschen Moment. Sie wollten also etwas über einen Studenten wissen.«
Hastig holte ich meine Notizen hervor, von seiner rasanten Einleitung etwas überrumpelt. » Eigentlich über zwei Studenten, die hier vor ungefähr sieben Jahren
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