Der Brennende Salamander
Platz war, ich konnte sie keinesfalls unter meinen Bacchantinnen und Megären gebrauchen.
Manchmal denke ich über diese Ghita nach.
Ich trage Mosaiksteinchen zusammen, die sich hier und da ergeben. Gestern zum Beispiel beim Apotheker, morgen vielleicht bei der Köchin, übermorgen beim Gärtner. Ich setze die Steinchen zusammen, versuche, mir ein Bild zu machen von ihr.
Heute zum Beispiel lieferte Nardo mir ein solches Mosaikteilchen im Garten, als ich in jenem mächtigen steinernen Sessel saß und Skizzen machte. Er kam zu mir, setzte sich für einen Augenblick neben mich und schaute mir zu. Dann lachte er. Das Bild des Fauns wird meine Mutter freuen, sagte er vergnügt.
Und weshalb?
Nun, er scheint meinem Vater ähnlich zu sehen, so wie man ihn mir geschildert hat.
Seid Ihr sicher, daß er so aussah? fragte ich etwas verlegen, da der Faun eher unsympathisch wirkte.
Sie hat ihn mir so beschrieben, sagte Nardo und lehnte sich zurück. Aber ich weiß nicht, ob sie sich genau an ihn erinnert. Es waren offenbar nur einige Tage, die sie zusammen waren.
Ich schaute ihn fragend an.
Nun, das ist ganz einfach: Dieser Mann war Alchimist wie mein Großvater und lebte auf Rhodos, wo ihn die beiden besuchten. Sie war fasziniert von diesem Mann und wollte ein Kind von ihm … Und das bin ich, sagte er dann lachend, stand auf und ging weg.
Innerhalb weniger Tage wußte ich über Nardos Mutter soviel: Sie hat ihre Jugend bei diesem Vater verlebt, da ihre Mutter bei der Geburt des Zwillingspaares gestorben war. Eine Amme blieb bei den Kindern, aber nur so lange, bis sie mir ihrem Vater auf Reisen gehen konnten.
Die drei durchstreiften die halbe Welt, blieben oft nur ein paar Tage an einem Ort. In Ägypten verunglückte der Bruder tödlich. Ghita und ihr Vater besuchten andere Alchimisten und kamen so auch nach Rhodos, wo Ghita Nardos Vater kennenlernte. Er war dreißig Jahre älter als sie, und vermutlich war von Anfang an klar, daß ihr Vater keine anderen Götter neben sich haben wollte. Ein Ehemann hätte nicht in ihr gemeinsames Leben gepaßt, auch wenn Nardos Vater nicht kurz nach der Heirat gestorben wäre. Also schleppten Ghita und ihr Vater den Kleinen durch die Länder, die sie bereisten, und es war fast so wie früher. Als sie dann halbwegs seßhaft wurden in diesem Palazzo in Venedig, richteten sie die Alchimistenküche ein, und bald war Ghita in diesem Fach nahezu so gut wie ihr Vater.
Ihr Leben änderte sich auch jetzt wenig. Nardo wuchs auf in dem Gefühl, er habe eine junge und wunderschöne Mutter und einen Großvater, der ihm zugleich Vater war, was ihn nicht störte. Als Ghitas Vater starb, war Nardo in dem Alter, in dem junge Männer aus reichem Haus auf Reisen gehen. Aber Nardo ging nicht auf Reisen. Er wohnte mit seiner Mutter zusammen, meist in Venedig, wo sie Feste feierten und Verbannten aus Florenz Unterkunft gewährten. Böse Zungen behaupteten, sie hätten auch sonst noch einiges zusammen getan, wofür es natürlich nie einen Beweis gab. Sie lebten stets so, daß niemand näher an sie herankam, und ihr Kontakt zur Kurie diente nur dazu, auf sie zählen zu können, falls es irgendwann einmal mit der Inquisition Schwierigkeiten geben sollte. Als der Buchdruck nach Venedig kam, gehörten die beiden zu denen, die sich für die Verbreitung der Druckkunst einsetzten. Zu den Buchhändlern auf der Rialtobrücke bestanden freundschaftliche Bindungen, und als der Index in der Stadt zur Anwendung kam, schmuggelten sie verbotene Bücher, die aus Deutschland oder Basel kamen, in die Häuser jener Gelehrten, die sich um keine Verbote scherten. Zur verwandten Familie Orelli gab es dagegen kaum nähere Kontakte. Die florentinische Familie wurde nie eingeladen, und im Garten in Venedig hätte auch nie ein Maulbeerbaum Einzug gehalten. Was auch nur im entferntesten mit Geldverdienen zu tun hatte, wies Ghita von sich. Das Zwecklose war ihre Gottheit, nicht das Goldene Kalb. Das ist selbstverständlich alles machbar, hatte sich Brigidas Mutter einmal empört, als die Rede auf Nardo und seine Mutter kam. Wenn man mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wird, braucht man sich natürlich nicht um Goldflorin zu kümmern.
Seit ich mein karges Lager in Reichweite meiner Arbeit habe, geht es mir besser. Ich brauche die Askese. Ich brauche sie wie die Luft zum Atmen und die Nahrung, die mein Körper fordert. Es ist, als sei nun alles pur, durch nichts gestört, die Arbeit bin ich, ich bin die Arbeit. Und es fließt
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